Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
Vom Netzwerk:
schon gar nicht.«
    Sie lachten, und nun war die Scheu verflogen, sie redeten stundenlang ganz unbefangen miteinander. Ermengarda ließ sich sogar von ihm stützen, als beide die steilen Treppen von der Zinne in den Burghof hinabstiegen.
    Dort ließ sie ihn zurück und machte sich auf die Suche nach den Mägden, um die Zeit für ein Bad zu nutzen. Seit Tagen hatte sie sich nur oberflächlich waschen können. Noch so ein Vorteil, den die jungen Männer hatten. Sie konnten sich unbekümmert und halbnackt an jedem Bachlauf erfrischen. Und was für herrliche Schultern und Arme ihnen die ständigen Schwertübungen verliehen. Sie hatte sich bemüht, wegzuschauen, doch die Neugierde war stärker gewesen. Besonders Arnaut schien nur aus fein herausgebildeten Muskeln und Sehnen zu bestehen. Die Vorstellung, ihn zu berühren, erregte sie. Und beschämte sie zugleich. Überhaupt verwirrte er sie. Hatte sein stümperhafter Versuch, ihr den Hof zu machen, sie deshalb so in Verlegenheit gebracht? Wie eine dumme Gans hatte sie sich benommen. Die Reise brachte so viel Unerwartetes und Neues. Aufregend das meiste, manches tief beunruhigend.
    Arnaut traf indessen auf Peire Rogier, der allein auf der Ringmauer saß und in die Weite starrte. »Endlich ausgeschlafen?«, fragte er den Spielmann.
    »Falls du den gestrigen Abend meinst …« Rogier schüttelte den Kopf. »Ich hab schon einiges erlebt, aber so etwas noch nicht. Am schlimmsten war der Abt.«
    »Und ich dachte, du hättest es dir gutgehen lassen«, sagte Severin, der sich, von Jori begleitet, zu ihnen gesellt hatte. Sie waren gerade von ihrem Ausritt zurückgekehrt. »Hätte nicht ungern mit dir getauscht«, lachte er. »Bei den hübschen Weibsbildern.«
    »Mehr als glotzen durfte ich ohnehin nicht. Und als es spannend wurde, haben sie mich weggeschickt.«
    Rogier nahm auf einmal Pose an und tönte in bester Vortragsstimme: »Und gut so, sage ich, o Götter der Liebe. All das klebrige Schwitzen und öde Gerammel in den Niederungen der Gelüste hätte gewiss meinen Sinn für die
fin d’amor,
für die hochedle Minne, für immer verdorben. Und das dürfen wir doch nicht zulassen, oder?«
    Als sie ihn verblüfft ansahen, lachte er schallend.
    »Gegen ein bisschen Gerammel hätte ich nichts«, meinte Severin trocken. Er stieß Arnaut in die Seite. »Du etwa?«
    Da hielt Rogier entsetzt die Hände hoch, als wollte er sich vor bösem Einfluss schirmen. »Hinfort! Hinfort, o Geist der Versuchung.« Dann beugte er sich vor und flüsterte laut genug, dass man ihn über den halben Burghof hören konnte. »Da bist du nicht der Einzige,
ome,
nicht der Einzige.«
    »Was gibt’s zu lachen?«, fragte
Fraire
Aimar, der hinzugekommen war.
    »Oh, verzeiht, Bruder Aimar«, sagte Rogier. »Wir konnten nicht umhin, Abt Ignatius’ Hingebung zu bewundern und seinen unermüdlichen Fleiß, den armen sarazenischen Damen dieser Lotterburg Gottes Heil zu künden. Es ist doch immer wieder eine Erbauung, euch Gottesmännern bei der Arbeit zuzuschauen.«
    Aimar war einen Augenblick lang sprachlos, dann brach er in Gelächter aus.
    »Unser Freund hier«, Rogier legte Severin den Arm um die Schulter, »ist bereit für eine persönliche Lehrstunde. Vielleicht können wir Euch bitten, beim ehrwürdigen Abt für ihn vorzusprechen.«
    »Nein, nein«, grinste Aimar. »Ich fürchte, das muss er schon selbst tun. So weit geht meine Hirtenpflicht nicht.«
    Sie scherzten noch eine Weile, dann wurde Aimar ernst.
    »Ich habe mich ein wenig umgehört. Beliebt sind die Brüder nicht. Die Bauern ächzen unter ihren Abgaben, haben kaum genug, um die Familien durchzubringen, das heißt, wenn sie überhaupt ausreichend Saatgut für das nächste Jahr aufsparen können. Artaud hält sich eine Bande von Kriegsknechten, eher Schurken und Galgenvögel, wie man sie im Dorf nennt, mit denen er jeden Widerstand niederknüppelt.«
    »Wir haben ihn im Wald gesehen«, sagte Jori.
    »Wen? Artaud?«, fragte Arnaut.
    Severin nickte. Er sah sich um, ob eine der Wachen sie hörte. »Auf einer Lichtung«, raunte er. »Schien mir so eine Art Versammlung zu sein. Sie haben uns aber nicht bemerkt.«
    Arnaut erinnerte sich an das Hufgetrappel im Hof. Der Bruder des Vizegrafen musste sehr früh ausgeritten sein. Warum traf er sich mit seinen Männern im Wald und nicht hier auf der Burg?
    »Habt ihr gehört, was gesprochen wurde?«
    Severin und Jori schüttelten die Köpfe.
    »Na schön. Es wird wohl nichts zu bedeuten haben.«
    »Auf ein Wort,

Weitere Kostenlose Bücher