Die Comtessa
sein Abendmahl zu singen. Während die Männer dazu tranken und mitsangen, stimmte er ein lustiges Tanzlied nach dem anderen an.
Als man dem
joglar
eine Pause gönnte, nutzte Ermengarda die Gelegenheit, sich zu verabschieden und in ihre Kammer zu begeben. Die Gefährten folgten ihr und verließen ebenfalls den Saal.
Außer Rogier. Den ließ man nicht gehen. Noch lange in der Nacht hörte Ermengarda seine Gesänge, das betrunkene Lachen der Zechenden, nun auch die hellen Stimmen der Sklavinnen, die sich inzwischen am Fest zu beteiligen schienen. Sodom und Gomorrha! Das war ihr letzter Gedanke, bevor sie einschlief.
***
Spät in der Nacht war es still geworden auf Castel Nou.
Die
aula
hatte sich in ein Schlachtfeld des nächtlichen Gelages verwandelt, die Kerzen waren fast alle niedergebrannt. Im Halbdunkel des Saals waren Berge von Tellern zu erkennen, Speisereste lagen auf der Tafel, leere Weinkrüge, ein Kelch am Boden. Ein weiblicher Schatten löste sich vom Leib des Abts, der halbnackt und friedlich schnarchend unter der Tafel lag.
In einer Ecke, im Schein einer einzelnen Kerze, saßen die Brüder an einem Spieltisch und teilten einen letzten Becher. Irgendjemand hatte achtlos die Schachfiguren auf den Boden gefegt, Kissen lagen verstreut, auch ein paar Kleidungsstücke.
»Die Truhen sind leer, Bruder. Wir brauchen Geld.«
Trotz der Mengen, die Gausbert getrunken hatte, war seine Aussprache noch einigermaßen deutlich.
»Und das Gold der Witwe?« Die Frau war ohne Erben gestorben. An gebrochenem Herzen, so traurig.
»Längst ausgegeben«, knurrte Gausbert. »Was denkst du, was das alles hier kostet?«
»Du solltest dich etwas m… mäßigen.« Artauds Zunge wollte ihm nicht mehr so recht gehorchen. Er hob den Arm und umschloss in einem Schwung die gesamte
aula
mit all den Kostbarkeiten, die sie enthielt. »Wer braucht das alles? Nichts als Tand!«
»Lass mir meinen Tand, dann lass ich dir die Weiber. Oder genügt dir neuerdings deine Alte?«
Artaud grinste betrunken. »Nichts auf meine Alte. Fünf Söhne hat sie mir geschenkt. Das mach erst mal nach.«
»Du erinnerst mich ja täglich daran.«
Gausbert knallte gereizt den Becher auf den Tisch.
Das Geräusch unterbrach abrupt Abt Ignatius’ Schnarchen. Der murmelte etwas Unverständliches, drehte den Kopf zur Seite und schlief weiter.
»Die Welt ist kein schöner Ort, Artaud«, sagte Gausbert mit düsterer Miene. »Sie ist schlecht, ungerecht und manchmal abgrundtief böse. Warum, glaubst du, umgebe ich mich mit dem Tand, wie du es nennst, oder versuche, die Zeit, die uns auf Erden bleibt, ein wenig zu genießen? Weil es einen das Elend dieses Daseins vergessen lässt. Ja, auch ein schönes Weib hilft dabei, obwohl man schnell ihrer überdrüssig wird. Aber vor allem muss man sich absichern. Gegen die Wölfe da draußen.«
»Wenn du so redest, hast du etwas vor, Bruder. Spuck’s aus und streich nicht um den heißen Brei herum.«
Gausbert schwieg, drehte den Becher in seinen Händen, trank einen Schluck und seufzte. Dann raunte er, als habe er sich gerade erst dazu durchgerungen: »Wir nehmen sie aus, die Gans, die uns ins Haus geflogen ist.«
»Was?«
»Die kleine Erbin. Kommt wie gerufen.«
»Die hat doch nichts.«
»Wenn ihr der alte Fettsack hier die Ländereien abkauft, dann hat sie was.«
»Ah. Daran habe ich nicht gedacht.«
»Aber das ist erst der Anfang. Bin sicher, der Graf von Tolosa zahlt ein Vermögen, um sein Täubchen wohlbehalten zurückzukriegen.«
Artaud lachte vergnügt. »Verstehe. Wir setzen sie gefangen, sobald der Pfaffe weg ist.«
»Nicht hier, du Hornochse«, brummte Gausbert. »Das können wir uns nicht leisten. Dann hätten wir die Katalanen schneller am Hals, als du deine Alte schwängern könntest.«
Er beugte sich vor und sprach noch leiser. »Wir lassen sie ziehen. Und in gehöriger Entfernung, ich meine gut drei, vier Stunden Ritt von hier, überfällst du sie irgendwo im Wald. Nachher geben wir die Losung aus, es seien Gesetzlose gewesen, veranstalten eine riesige Hetzjagd, um sie zu fangen. Leider vergeblich.«
Artaud grinste. Die Sache gefiel ihm.
»Ist aber nicht ungefährlich«, sagte er dann etwas nüchterner, »denn wenn es rauskäme …«
»Solange du dich nicht von ihr erkennen lässt. Du hast doch gewiss ein paar Halunken, die das erledigen können, oder?«
»Keine Frage.« Artaud hob den Becher und trank. »Ich weiß auch schon, wo wir es tun.«
»Wenn ich es mir recht überlege«, meinte
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