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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Gausbert grüblerisch, »würden die Katalanen gewiss genauso gern für sie bezahlen. Wir können nur gewinnen.« Er schlug seinem Bruder auf die Schulter. »Truhen voller Gold, sag ich dir!«
    »Und was machen wir mit ihren Leuten?«
    Gausbert machte eine abfällige Handbewegung. »Was weiß ich? Schneid ihnen die Kehle durch.«

La Tramontanha
    I n Begleitung des
secretarius
des ehrwürdigen Klosters Santa Maria de Vallespir verließen Felipe und Raimon noch im Morgengrauen die Burg und machten sich auf den Weg nach Fourques. Severin und Jori schlossen sich ihnen für eine kurze Wegstrecke an, um dann auf eigene Faust die nähere Umgebung zu erkunden. Severin hatte außerdem vor, Jori einige Feinheiten im Umgang mit Pferden beizubringen. Schließlich hatte er sich geschworen, aus ihm einen brauchbaren Pferdeknecht zu machen.
    Fraire
Aimar machte einen Rundgang durch das Dorf, und Rogier schlief tief und fest nach der langen Nacht. So fanden sich Arnaut und Ermengarda auf unerwartete Weise allein miteinander. Castel Nou lag wie ausgestorben da. Nichts regte sich außer den Wachen und den Küchenmägden, die ihnen das Morgenmahl richteten. Später hörten sie einen kurzen Moment Pferdehufe im Burghof, doch dann wurde es wieder still.
    Beim Essen konnte Arnaut nicht die Augen von Ermengarda wenden. Immer, wenn sie den Blick zu ihm hob, ging ihm ein Stich durchs Herz. Warum hatte Gott ihr nur so unmöglich blaue Augen geschenkt? Und diese Lippen. Dazu eine Haut wie ein Engel, obwohl sie nach dem Ritt durch die Corbieras nicht mehr so bleich war, wie die feinen Damen in Narbona es bevorzugt hätten. Aber Arnaut gab nichts auf feine Damen. Bei la Bela hätte die Männerkleidung, die sie trug, blankes Entsetzen ausgelöst. Arnaut dagegen fand sie reizend in Tunika und ledernen Hosen. Sie hätte sich ein Zelt überstülpen können, er wäre begeistert gewesen.
    Er beobachtete ihre zarten Hände, wie sie mit dem Messer umgingen, Butter auf das Brot strichen. Am liebsten hätte er diese Hände in die seinen genommen, sie gehalten und zärtlich geküsst. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, wie stark dieses Verlangen war, und das beschämte ihn. Er hatte kein Recht, so zu empfinden. Noch peinlicher wurde es ihm, als er merkte, dass seine Blicke ihr nicht entgangen waren, denn es erblühte eine feine Röte auf ihren Wangen. Sie schien verlegen und wurde still. Er hoffte inständig, sie nicht beleidigt zu haben. So beendeten sie ihr Morgenmahl in angespanntem Schweigen und wagten kaum, einander anzusehen.
    Um sich die Zeit zu vertreiben, stiegen sie auf die Zinnen. Hier wehte ein kühler Wind von Westen, leichte Wolken segelten am Himmel. Die Wachen entfernten sich rücksichtsvoll. Im Dorf unterhalb der Burg gingen die Menschen ihrem Tagwerk nach, Schafe blökten, Dorfköter bellten. Gausbert und der seltsame Spuk des gestrigen Abends waren wie weggeblasen.
    Neugierig sahen sie sich um. Aus dem lateinischen
castellum novum,
der Neuen Burg, war Castel Nou in der
lenga romana
des Volkes geworden. Ein ausgezeichneter Ort für eine Feste. Das Tal war auf allen Seiten von bewaldeten Höhen umgeben. Es gab genug Ackerland, um das Dorf zu ernähren, und mittendrin sprang der Burghügel aus dem Boden, als hätte Gott ihn zu ebendiesem Zweck dorthin gepflanzt.
    »Ich wünschte, ich könnte reden wie Peire Rogier«, sagte Arnaut, der sich ein Herz gefasst hatte. Ermengardas Hände lagen auf dem rauhen Stein der Zinne. Jetzt sah sie ihn fragend an.
    »Ich meine, er weiß, wie man einer
domna
den Hof macht. Er sagt hübsche Dinge. Wie schön du bist, zum Beispiel.« Er lachte schüchtern. »Vielleicht könnte ich es lernen.«
    Ermengarda lächelte. »Es bedeutet nichts. Er meint es nicht ernst.«
    »Aber Felipe, der meint es ernst.«
    Er bereute gleich, dass er das gesagt hatte. Besonders als er sah, dass sie rot geworden war und ihre Stirn sich verfinsterte.
    »Es tut mir leid. Ich rede Unsinn.«
    Sie starrte hinaus in die Landschaft und sagte nichts. Ihr Schweigen lastete auf seinem Herzen.
    »Siehst du, warum ich bei Rogier in die Lehre gehen muss?«, versuchte er, mit erzwungener Leichtigkeit die Sache wiedergutzumachen. »Ich habe einfach keine Begabung für diese Dinge.«
    Da schaute sie ihn an. In ihren Augen lag ein rätselhafter Ausdruck, als sie ihm einen Augenblick lang die Hand auf den Arm legte. »Ich mag dich so, wie du bist, Arnaut. Oder willst du meinetwegen
trobador
werden?«
    »Gott behüte!«, rief er. »Singen kann ich

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