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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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bestand, alle in lose, leichte Gewänder aus feiner Seide oder hauchdünner Baumwolle gekleidet, die mehr betonten als verhüllten.
    »Nun, ich meine …«, begann der Abt in Erwiderung, verlor jedoch den Faden, als sich eine der jungen Frauen über die Tafel beugte und er nicht anders konnte, als ihr auf das hübsche Hinterteil zu starren, sehr zur Erheiterung des Hausherrn.
    Fraire
Aimar hatte ihr zugeflüstert, es handele sich wohl um Sklavinnen, die meisten von den Sarazenen geraubt und im nahen Hafen von Colliur erworben. Ermengarda warf einen prüfenden Blick hinüber zu ihren Gefährten. Arnaut und Felipe sagten kein Wort, wagten nur von Zeit zu Zeit, verstohlene, doch neugierige Blicke um sich zu werfen. Die Gegenwart der Dienerinnen verfehlte auch nicht ihre Wirkung auf Peire Rogier, der ganz am Ende der Tafel saß und ebenfalls große Augen machte.
    Diese verdammten Kerle, dachte Ermengarda entrüstet und auch ein wenig eifersüchtig. Und wo waren überhaupt die Kinder auf dieser Burg? Nicht eine Kinderstimme war zu hören. Niemanden von Artauds Familie hatte sie zu Gesicht bekommen. Mieden sie die Burg? Kaum verwunderlich bei diesen Sitten. An was für einen Ort war sie geraten,
per l’amor de Dieu?
    »In Wahrheit kommt Ihr mir wie gerufen,
Domna
Ermengarda«, sagte der Abt, als er sich von den Reizen der Schönen losgerissen hatte. »Nicht weit von hier ist ein Dorf, das unserer Abtei gehört, Fourques mit Namen. Schon gehört?« Als Ermengarda dies verneinte, fuhr er fort: »Eure
familia,
meine Werteste, die Vizegrafen von Narbona, halten dort einige Ländereien, die ich schon seit langem zu erwerben suche, um unseren Besitz in Fourques abzurunden, Ihr versteht.«
    Raimon, der in den letzten Tagen eher still gewesen war, meldete sich zu Wort und sagte, er wüsste von dem Ort. Sein Onkel habe vor Jahren
Domna
Ermessenda auf einer Reise begleitet, zur Besichtigung entfernter Güter. Narbona gehörten ein Dutzend Pachthöfe in Fourques, erinnerte er sich, Weizen in der Hauptsache und ein einträgliches Weingut.
    »So ist es«, sagte der Abt. »Eure Stiefmutter war leider nicht bereit, zu verkaufen. Nun, da Ihr selbst das Erbe angetreten habt …« Er sah sie erwartungsvoll an. »Ich zahle einen guten Preis.«
    Auf eine solche Frage war Ermengarda in keiner Weise vorbereitet. Außer persönlichem Schmuck hatte sie noch nie etwas von Wert besessen, geschweige denn verkauft.
    Raimons Gesichtsausdruck schien zu sagen, dass er die Angelegenheit bejahte und nichts Ungewöhnliches darin sah. Bruder Aimar aber schüttelte unmerklich den Kopf. Er war also dagegen. Und er hatte sicher recht, in jedem Fall besaß er in solchen Dingen mehr Erfahrung als sie selbst. Jetzt, da der Abt die Möglichkeit witterte, diese Ländereien zu erwerben, schien es ihn nicht mehr zu stören, dass sie vor ihrem Ehemann geflohen war. Aber durfte sie überhaupt eigenmächtig Besitz der Familie veräußern? Sie spürte die Augen des Abtes auf sich ruhen. Auch Gausbert beobachtete sie.
    »Es ist ein Glück«, sagte der Abt, »dass wir Bares mitführen, Jahresabgaben an die bischöfliche Diözese. Ich kann Euch also gleich bezahlen. Bischof Udalger kann warten.«
    Das erinnerte sie, wie wenig Silber sie zur Verfügung hatten. Sollte sie sich in Barcelona bettelarm vor die Füße ihres Vetters werfen und um Gnade winseln? War sie nicht jetzt die
Vescomtessa
von Narbona und konnte über ihre Güter verfügen, wie es ihr gefiel?
    »Ist es weit von hier?«, fragte sie.
    »Ein paar Stunden zu Pferde«, war die Antwort.
    »Dann will ich mir die Ländereien morgen ansehen.«
    »Mout ben!«,
sagte der Abt hocherfreut. »Sehr gut, sehr gut! Mein
secretarius
hier wird Euch begleiten.« Er deutete auf den jungen Mönch neben ihm.
    »Domina«,
meldete sich Raimon zu Wort. »Es ziemt sich nicht für eine Fürstin, sich mit solchen Dingen abzugeben. Ich bin kein großer Krieger, aber mit Geschäft und Handel kenne ich mich aus. Erlaube mir, für dich nach Fourques zu reiten.«
    »Aber deine Wunde …«
    »Es geht mir besser.«
    »Und ich begleite ihn«, bot sich Felipe an.
    Ermengarda nickte. »Einverstanden.«
    Der Abt strahlte, Artaud rief nach mehr Wein, die Sklavinnen huschten und schwebten durch den Raum, mehr Gänge tauchten auf, und Gausberts Augen lagen abschätzend und nachdenklich auf Ermengarda.
    Sie selbst konnte nicht mehr essen, wollte sich zurückziehen, aber nun forderte der Hausherr Musikalisches, und Rogier sah sich genötigt, für

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