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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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seine Körpergröße manchmal einschüchterte, war ihm nicht bewusst.
    Der junge Edelmann berührte flüchtig seine Schulter. »Seid herzlich willkommen. Verstärkung können wir allemal gebrauchen, denn seit Wochen liegt ein Geruch von Krieg in der Luft.«
    »Krieg?«
    »Wenn Fürsten streiten, ist unsereins gefordert, oder?«
    Er lachte, als sei es das Natürlichste von der Welt, sich ins Gefecht zu werfen. Arnaut mochte nicht weiter fragen, wollte er doch seine Unkenntnis der politischen Lage nicht offenbaren.
    »Wo finde ich
Coms
Alfons?«
    »Der ist zurzeit abwesend, aber meldet Euch bei seinem Heermeister. Am besten geht Ihr zum Palast des Grafen und fragt nach dem
secretarius.
Hier durchs Tor und immer geradeaus bis zum Marktplatz. Der liegt noch vor der Brücke über die Aude. Der Palast ist das größte Haus zu rechter Hand.«
    Arnaut dankte ihm und schickte sich an, wieder aufzusitzen.
    »Eine Warnung. In der Stadt wird nur im Schritt geritten, sonst setzt es eine empfindliche Buße. Am besten nehmt Ihr Eure Gäule am Zügel und geht zu Fuß.«
    »Sonst noch irgendwelche Regeln?« Arnaut konnte einen gereizten Ton nicht unterdrücken.
    Der Ritter zwinkerte ihm belustigt zu. »Keine Raufereien und lasst vor allem die Waffen stecken, wenn Ihr nicht im Verlies landen wollt. Hier geht es gesittet zu. Ansonsten wünsche ich viel Glück in unserem schönen Narbona. Wir sehen uns gewiss bald wieder.«
    »Wie ist Euer Name?«
    »Giraud de Trias, zu Diensten.« Mit einem übermütigen Grinsen verbeugte sich der junge Edelmann und wies ihnen mit schwungvoller Geste den Weg ins Herz der großen Stadt, hinein in die hundert engen und verwinkelten Gassen.
    ***
    Narbona lag an der Aude, einige Meilen bevor sich der Fluss in einer ausgedehnten, lagunenartigen Meeresbucht verlor. Dieser Lage und dem Seehafen verdankte die Stadt seit jeher ihren Reichtum.
    Die Aude teilte Narbona in zwei Hälften, einzig verbunden durch eine mächtige, noch aus Römerzeiten stammende Steinbrücke. Am Nordufer befand sich La Ciutat, der alte römische Stadtkern mit Forum und Capitol an seinem Nordende, in Flussnähe der Bischofssitz mit Palast und Kathedrale, gegenüber davon der
palatz vescomtal,
Herrschaftshaus der Vizegrafen von Narbona.
    Die Südstadt war neueren Datums und nannte sich lo Borc de Sant Paul Serge, nach der Basilika, um die zuerst das Kloster und nach und nach der gesamte Stadtteil entstanden war. Hier lag der Sarkophag des Heiligen, Wallfahrtsziel der Pilger.
    Beide Stadthälften waren von hohen Mauern umgeben, auf denen sich in regelmäßigen Abständen mächtige Wehrtürme erhoben, ein jeder in der Hand eines der adeligen Geschlechter, die von alters her für die Verteidigung der Stadt zu sorgen hatten. In neueren Zeiten stand ihnen auch eine von den reichen Kaufleuten unterhaltene
militia urbana
zur Seite, eine Tatsache, die nicht allen Stadtadeligen schmeckte, denn es erinnerte sie an den wachsenden Einfluss des lästigen Bürgertums.
    Über die Brücke verlief die Via Domitia, Roms alte Heer-straße, auf ihrem langen Weg von Italien bis Spanien. Von hier aus begann auch die Via Aquitania nach Tolosa und Bordeu bis an die Küsten des westlichen Ozeans. Wenn Fluss und Straßen die Adern waren, in denen das Blut Narbonas floss, so waren Hafen und Märkte das schlagende Herz der gedeihenden Macht von Handelshäusern und Kaufmanns-familien.
    Arnaut und Severin betraten lo Borc mit Staunen.
    Welch ein Unterschied zu den einfachen Hütten und Katen in den Dörfern der Corbieras. Noch nie hatten sie je so viele Häuser auf einem Haufen gesehen. Dichtgedrängt, mit übereinandergetürmten Stockwerken, lehnten und klebten sie aneinander und ließen kaum mehr als eine Schulterbreite für so manche Seitengasse übrig. Umso erstaunlicher, dass es, zwischen Stadthäusern eingepfercht, immer noch den einen oder anderen Bauernhof gab, so dass sich Blöken und Grunzen unter das Stimmengewirr der Menschen mischten.
    Die Pferde am Zügel führend, folgten sie der gepflasterten Via Domitia, die als einzige Straße breit genug für Ochsenkarren war. Alle paar Schritte hielten sie inne, um einen Torbogen oder die verzierte Vorderfront eines Hauses zu bewundern. Neugierig blickten sie in offene Werkstätten und konnten kaum die Augen von den Auslagen der Händler unter den Bogengängen losreißen. Hier und da eine Öffnung zwischen den Häusern, die einen Blick in dunkle Gassen gewährte oder auf einen engen Platz, um den sich Schankstuben

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