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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Weltbild. Eher klammerte er sich an den Namen Menerba, zog es vor, an eine Verschwörung zu glauben.
    »Verdammt noch mal!«, knurrte er. »Da steckt doch sein … Alter dahinter. Was will der Kerl? Gold? Oder ganz Narbona an sich reißen? Vielleicht sollte ich die Menerbas in ihren Bergen ausräuchern und ihre … Festung schleifen.«
    In der Aufregung verhaspelte sich wieder seine Zunge.
    Der Erzbischof schüttelte den Kopf. »Die Festung ist eine harte Nuss. Da kannst du lange dran knacken. Und Menerba ist nicht der Mann, so eine Niederträchtigkeit auszuhecken. Er ist einer von diesen Narren, die sich für ihre Ehre in Stücke hauen lassen.«
    »Aber sie muss in seiner Festung sein.«
    »Das glaube ich nicht. Vater und Sohn sind sich seit langem nicht gewogen. Felipe wird allein gehandelt haben.«
    »Wo sonst soll sie sein?«
    »Wenn jemand etwas weiß«, sagte Erzbischof Leveson und grinste gehässig, »dann die
Vescomtessa
Ermessenda. Ihr traue ich schon eher so etwas zu.«
    Alfons wusste nicht mehr, was er denken sollte. Es hatte sich alles so schön angelassen. Und nun? Er dachte an Ermessenda. Vermisst hatte er sie während der letzten Wochen. Sie litt gewiss ebenso wie er unter diesen unmöglichen Umständen. Die eigene Tochter … man denke. Alfons konnte dringend etwas Trost und eine verständnisvolle Seele gebrauchen. Immer geiferte der alte Leveson gegen Ermessenda. Was hatte er gegen sie?
    Für den Abend ließ er ihr seinen Besuch ankündigen.
    Vorher nahm er ein langes Bad, um sich vom Dreck der Straßen und dem klammfeuchten Mief des Feldlagers zu reinigen. Ferran, sein Diener, schabte ihm anschließend den Bart. Körperlich fühlte Alfons sich wie neugeboren, seelisch trug er sich jedoch schwer mit seinen Zweifeln.
    »Brauchst du eine dralle Dirne?«, fragte Ferran, dem Alfons’ Niedergeschlagenheit nicht verborgen geblieben war. »Soll ich die Bäckersmagd holen lassen, die dir das letzte Mal so gefallen hat?«
    »Lass mich mit deiner Dirne in Frieden«, knurrte Alfons schlechtgelaunt. »Ich werde im Palast der
vescomtessa
erwartet.«
    »Ah!«, machte Ferran und schwieg eine Weile, während er Alfons duftende Öle ins Gesicht massierte. »Nimm dich vor dieser Schlange in Acht«, brummte er dann. »Ein schönes Äußeres bürgt nicht für eine schöne Seele. Das solltest du in deinem Alter schon gelernt haben.«
    »Was, zum Teufel, soll das werden?«, rief Alfons. »Redest du jetzt schon wie der verdammte Pfaffe Leveson? Was habt ihr nur gegen die arme Frau?«
    Ferran schien der Ausbruch nicht zu stören. Zweifelnd wiegte er den Kopf. »Du weißt, dass sie Menerbas Geliebte war.«
    »Na und? Das ist schon lange vorbei«, schnaubte Alfons aufgebracht. »Und wenn ich noch mal den Namen Menerba höre, platze ich!«
    Ferran seufzte. »Altwerden ist fürwahr kein Spaß. Man plagt sich mit Gebrechen, kann nicht mehr herumspringen wie ein junger Bock. Aber ein Gutes hat es doch. Der Verstand wird klarer, mein Junge, wenn einem nicht dauernd die
colhons
jucken und am Denken hindern.« Er lachte gackernd wie ein altes Huhn.
    »Wenn du nicht bald den Schnabel hältst, schneid ich sie dir ab, deine alten Eier, ob sie dich jucken oder nicht!«
    ***
    Alfons Jordan war nicht der Einzige, der sich Sorgen machte. La Belas Stimmung wechselte täglich zwischen tiefer Niedergeschlagenheit und ohnmächtiger Wut, denn die
garça
war immer noch nicht aufgespürt.
    Was maßte das freche Ding sich an? Glaubte sie etwa, ihr lächerliches Erbrecht hätte irgendeine Bedeutung? Es war nichts als ein Ärgernis, ein Zufall, eine Laune Gottes. Ja, Gott hatte sich in der Reihenfolge der Dinge geirrt, denn wer war schon diese Mutter, diese verwelkte Kuh, die vor ihr gewesen war? Sie allein, Ermessenda, war die Frau, die Aimeric geliebt hatte, ihr gemeinsames Blut war die Zukunft des Geschlechts der Narbonenser Fürsten, ihr allein gebührte das Recht, zu herrschen. Und nach ihr Nina und Ninas Kinder und Kindeskinder.
    Doch alle Welt schien sich dagegen verschworen zu haben. Sosehr sie Tibauts schrecklichen Plan auch verabscheute, sie stand mit dem Rücken zur Wand, hatte keine Wahl. Die verfluchte Hochzeit hatte gedroht alles zunichtezumachen. Dann auch noch Ermengardas Flucht.
    Alles schien ihr zu entgleiten, nur das letzte aller Mittel konnte die Dinge noch zum Guten wenden. Zum Guten für Nina, ihren Liebling. Es ist ja nur für Nina, sagte sie sich immer wieder.
    Tibauts Mann, noch so ein Unfähiger wie der andere, hatte

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