Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
Vom Netzwerk:
einen Boten, einen Burschen aus dem Vallespir, mit geheimer Nachricht gesandt. Danach waren sie in Castel Nou aufgetaucht, unter den Verschwörern befand sich Felipe und zu ihrer Überraschung auch Peire Raimon de Narbona, ein junger Edelmann aus gutem Hause. Von Castel Nou aus waren sie in Richtung Barcelona aufgebrochen, mehr hatte der Bote nicht zu vermelden gehabt.
    Barcelona also. Das verhieß nichts Gutes. Zumindest war jetzt klar, dass es sich nicht um eine Liebesentführung handelte. Dahinter steckte Berechnung. Erstaunlich, dass Ermengarda darauf gekommen war, den Grafen von Barcelona in die Sache zu ziehen. Hätte sie selbst dies nicht schon längst tun sollen? Doch sie hatte immer unabhängig bleiben wollen, um sich alle Türen offen zu halten, um Zünglein an der Waage zwischen den großen Mächten zu spielen. Das war ihr Ehrgeiz gewesen. Ein Fehler vielleicht.
    Nun blieb ihr nichts anderes übrig, als sich an Alfons zu halten. Er war in dieser Stadt bis auf weiteres die einzige Macht, die zählte. Er würde sich auch von den Katalanen nicht dreinreden lassen, selbst wenn es Ermengarda trotz Tibauts Bemühungen gelänge, Barcelona zu erreichen. Aber dazu musste sie sich Alfons gefügig machen. Zum Glück fand sie ihn nicht einmal abstoßend. Ein etwas tolpatschiger Bär, so kam er ihr vor. Es würde ihr Spaß machen, ihn zu verführen.
    Ungeduldig hatte sie ihn deshalb erwartet, und die Ankündigung seines Kommens an diesem Abend erfüllte sie mit freudiger Erregung. Natürlich schmeichelte es ihr, dass Alfons trotz Ermengardas Jugend und Schönheit ihr weiterhin begehrliche Blicke zugeworfen hatte. Sie hoffte, dass nach den Wochen im Feld sich nichts daran geändert hatte. Heimlich flehte sie Diana, Göttin der Jagd und der dunklen Magie, um ihren Beistand an, denn heute sollte der Graf zur Beute werden.
    Domna
Anhes nahm Alfons in Empfang und führte ihn in Ermessendas Audienzsaal. Auf dem Weg dorthin beobachtete sie ihn verstohlen. Er machte einen unruhigen, etwas gehetzten Eindruck. Es freute
Domna
Anhes, in welch verstörten, ja hilflosen Zustand Ermengardas Flucht die Mächtigen versetzt hatte, und wie es einer Handvoll beherzter junger Leute gelungen war, die hochfliegenden Pläne der Großen zu durchkreuzen. Von haltlosen Anschuldigungen, unsinnigen Mutmaßungen bis hin zu planlosen Unternehmungen war alles dabei gewesen. Sie dankte Gott auf Knien, dass Ermengarda nun auf katalanischem Gebiet in Sicherheit war. Ihre Herrin zu belauschen, war sonst nicht ihre Art, aber als der Bote aus dem Vallespir gekommen war, hatte sie sich nicht beherrschen können. Und es waren gute Nachrichten. Graf Ramon Berenguer, Aimerics Brudersohn, würde Ermengarda gewiss zur Seite stehen.
    Alfons nahm den Weinkelch als Willkommenstrunk aus
Domna
Anhes’ Hand entgegen und nickte ihr zerstreut zu, als sie sich empfahl und die Tür leise hinter sich schloss. Ein Kaminfeuer sorgte für wohlige Wärme und verlieh dem Raum, unterstützt von einigen wenigen Kerzenleuchtern, ein mystisch goldenes Licht, wohltuend anheimelnd und vertraulich, als befände man sich im sicheren Bauch der großen Mutter Erde.
    Alfons nahm noch einen Schluck und fühlte, wie die Spannung von ihm wich. Er wanderte zu einer Tafel voll köstlicher Erfrischungen hinüber, knabberte an einer Fasanenkeule, legte sie aber gleich wieder fort, wischte sich die Finger sauber, bewunderte einen Wandteppich und blieb dann vor der kleinen Statue der Diana stehen.
    Da hörte er hinter sich das sanfte Streicheln von Seide auf Seide und drehte sich um. Aufrecht und unbeweglich stand sie am anderen Ende des Raumes, und ihr Blick hielt ihn gefangen. Im weichen Kerzenschein kam sie ihm überirdisch schön vor. Die feurigen Locken fielen ihr bis über die Schultern, die Falten des hauchdünnen Gewandes betonten die enge Taille. Ihre Brüste hoben und senkten sich fast unmerklich im sanften Rhythmus ihres Atems.
    Er sah ihr in die Augen. Wenn er ihr nicht zuvor schon verfallen war, dann in diesem Augenblick.
    ***
    Die Fährten im Schnee folgten dem Bachlauf.
    »Schwarzwild«, sagte Severin zufrieden. »Eine Bache mit Jungtieren. Auch einige größere, schon im Vorjahr geboren. Und hier …« Er deutete auf eine besonders ausgeprägte Spur. »Ein Keiler hat sich ihnen angeschlossen. Wie es aussieht, ein ziemlich großer Bursche. Die sind eigentlich Einzelgänger, aber jetzt ist Brunftzeit. Da folgen sie dem Geruch der Bachen.«
    »Ist die Fährte frisch?«, fragte

Weitere Kostenlose Bücher