Die Comtessa
Bild würde sie abgeben? Man würde sie aus dem Palast jagen.
Nachdem sie sich durch das Tal gearbeitet hatten, begann erneut der mühselige Aufstieg. Hinter ihr ging Felipe, der sein eigenes wie Raimons Pferd führte. Er sah müde aus und zog das verwundete Bein nach. Noch einer, der sich quälte. Gott, erbarme Dich unser, flehte sie still bei sich. Das hatte sie doch alles nicht gewollt.
»Noch diese eine Anhöhe«, versprach Arnaut. »Dahinter finden wir bestimmt eine Behausung.«
Ermengarda wusste, dass er log. Aber sie zog den Wallach hinter sich her und kletterte wie befohlen, versuchte, dem Schmerz in den Beinen keine Beachtung zu schenken. Es war ihr alles so gleichgültig geworden. Irgendwann würde sie umfallen und sich nicht mehr regen. Auch wenn Arnaut sie küssen sollte.
Mein Gott! Wie war sie denn darauf gekommen? Wurde sie langsam verrückt? Doch der unerhörte Gedanke belebte sie seltsamerweise, trieb ihr frisches Blut ins Gesicht, ließ sie ihre schmerzenden Füße vergessen. Vielleicht würde er sie in seinen Armen tragen und sie ein letztes Mal auf die Lippen küssen, bevor er sie in ihr kühles Grab legte. Sie ließ sich einen Augenblick lang von diesem rührseligen Bild forttragen und schwelgte in Selbstmitleid.
Arnaut war inzwischen auf dem höchsten Punkt angekommen. Hier oben fand sich kein Wald, kein Gebüsch, so dass der entsetzliche Wind mit voller Wucht über den Kamm fegte. Sie stemmte sich die letzten Schritte hinauf und starrte dann, wohin Arnaut wies.
Vor ihr lag ein Tal, ganz wie das letzte, das sie durchquert hatten. Mit einem Unterschied. Auf halber Höhe des gegenüberliegenden Hangs stand eine Kirche auf einem Fels gebaut. Darunter, wie eine Insel der Zuflucht im weiten Meer, duckten sich einfache Hütten aus Feldsteinen errichtet, ein Gemüsegarten, ein paar abgeerntete Felder und Ziegen auf einer kleinen Weide.
»Was ist das?«, stammelte sie.
»Es muss ein Kloster sein.«
Sie bekreuzigte sich. »Gott hat uns erhört.«
Die guten Frauen von Serrabona
D er Krieg gegen die Trencavels, zuerst mit großer Fanfare angekündigt, dümpelte dann mit wenig Begeisterung dahin. Beide Seiten vermieden die offene Feldschlacht. Niemand wollte seine wertvollen Truppen in einem einzigen gewagten Wurf aufs Spiel setzen.
Die Trencavels hatten ihr Heer in Carcassona unter Roger de Trencavels Führung gesammelt und machten einige Vorstöße ins Narboner Gebiet, hielten sich aber mit Verwüstungen zurück, da man die angestammte Freundschaft mit dem Nachbarn nicht allzu sehr belasten wollte. Sie hofften eher auf einen Aufstand der Stadt gegen die Tolosaner. Die angebliche Flucht der Erbin, von der sie hatten munkeln hören, verunsicherte sie. Was mochte das bedeuten?
Außerdem erhielten sie unverständliche Botschaften vom Grafen von Tolosa, in denen er sie der Entführung beschuldigte und verlangte, ihm Ermengarda auszuliefern. Die Trencavel-Brüder berieten sich und konnten sich keinen Vers darauf machen. Sie fürchteten, solche Behauptungen seien nichts als gezielte Verleumdungen, um ihre Familie in den Augen des Narboner Adels ins Unrecht zu setzen. Sie beschlossen daher, vorsichtig zu handeln und abzuwarten.
Alfons dagegen war von seiner Hauptmacht abgeschnitten, die sich in Tolosa befand. Und so verlegte er sich aufs Marschieren kreuz und quer durchs Land, um die Trencavels zu beunruhigen, aber ohne einen ernsthaften Angriff zu unternehmen. Dann entsandte er Joan de Berzi mit einer größeren Reiterschar nach Besier, um dort die Ländereien des Feindes zu verwüsten, denn Besier wurde von einem anderen der Trencavel-Brüder beherrscht. Sie brandschatzten und mordeten in den Dörfern, raubten Korn aus den Scheunen und trieben das wenige Vieh fort, das die Bauern besaßen.
All dies gewann den Tolosanern wenig, außer dass sie damit großes Elend über das Volk in Besier brachten. Ganze Landstriche würden den Winter über hungern, und um zu überleben, blieb den Bauern nichts übrig, als auch noch das letzte Schwein oder Huhn zu schlachten. Außer der Wintersaat im Boden würden sie nichts mehr besitzen.
So ging der November dahin, ohne eine Entscheidung zu bringen. Erschwerend kam hinzu, dass Herbst und Winter für den Krieg wenig geeignet sind.
Die Mannschaften im Feld zu versorgen ist schwierig, Marschieren in Regen und Schlamm unerträglich, und wochenlanges Lagern in klammer Kälte stärkt nicht gerade die Moral der Truppe.
Manche Barone, besonders die aus Narbona, traten
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