Die Comtessa
sehr verständnisvoll. Er plant, höchstselbst mit einem Heer zu kommen, um deiner Sache Nachdruck zu verschaffen.«
»Wirklich?«, fragte Ermengarda. »Das ist doch großartig.«
»Aber auf keinen Fall vor dem Frühjahr«, warnte der Baron von Castellvell. »Er kann nicht alles stehen und liegen lassen. Außerdem, so ein Heer zu sammeln, da ist die Jahreszeit in Betracht zu ziehen, das Wetter, Ihr versteht.«
»Und was ist Euer Auftrag,
Mossenher?
«, fragte sie ihn.
»Mein Befehl lautet, mich Eurer Person zu versichern,
Midomna,
und Euch unter allen Umständen zu schützen.«
»Eure Männer werden den Trencavels willkommen sein. Sie können Unterstützung gut gebrauchen, wie man so hört.«
»Da muss ich Euch enttäuschen,
Midomna.
Ich habe strikte Order, mich zu diesem Zeitpunkt in keine Kriegshandlungen einzumischen. Es geht unserem Herrn allein um Eure Sicherheit.«
»Ich bin doch nicht etwa Eure Gefangene?«
»Um Himmels willen, wie kommt Ihr darauf? Wir sind nur hier, um Euch zu dienen und zu verhindern, dass Ihr in falsche Hände geratet.«
Inzwischen hatten Castellvells Reiter sich auf der Wiese eingerichtet, Zelte aufgeschlagen und ein Kochfeuer entzündet. Auch aus der Burgküche waberten angenehme Düfte bis in die
aula.
Hamid und seine Frau Magdalena trafen ein, ebenso wie Severin. Sein Vater war vor einigen Jahren verstorben, dafür aber war auch der Schmied, der Dorfälteste, eingeladen.
Es wurde ein heiterer Abend. Die
cosiniera
hatte sich mal wieder überboten. Kalte Terrinen von Hasenfleisch, die sie im kühlen Keller verwahrt gehalten hatte, andere mit Gänseleber, gefolgt von gebratenen Wachteln und Fasanen, dann ein riesiger in Wein gedünsteter und mit Knoblauch gespickter Schinken, von dem sie eigenhändig jedem eine dicke Scheibe abschnitt. Als Nachtisch eingelagertes Winterobst in honiggesüßter und eingedickter Milch.
Aimar hielt sich den Bauch und schob den Teller von sich.
»Ich kann nicht mehr«, stöhnte er. »Die Augen sind immer größer als der Magen.« Er warf der Köchin eine Kusshand zu. »Wundervoll, meine liebe Cortesa.«
»Ich war immer der Meinung gewesen, die beste Küche gibt’s nur in Catalonha«, bemerkte Guillem Ramon de Castellvell. »Aber nun muss ich zugeben, hier lebt es sich auch nicht schlecht.«
Er hob seinen Becher, strich sich den Schnurrbart und nickte allen Frauen mit einer angedeuteten Verbeugung zu. »Auf die Schönheit der Damen an Eurer Tafel,
Senher
Jaufré. Doch besondere Ehre unter ihnen gebührt
Domna
Cortesa. Ihr seid eine wahre Meisterin.« Woraufhin die Angesprochene heftig errötete, denn solches Lob war sie nicht gewohnt.
»Wenn ich es recht verstanden habe, werter Guillem«, sagte Jaufré, »solltet Ihr unser Weibsvolk beschützen. Ihnen den Kopf zu verdrehen, davon war nicht die Rede.«
»Da habt Ihr recht«, grinste der Katalane zurück. »Obwohl es einem bei solch weiblicher Pracht verdammt schwerfällt, sich daran zu erinnern.«
Es wurde noch viel gelacht, dabei kräftig dem Wein zugesprochen, bis sich die meisten endlich müde zurückzogen. Nur Jaufré und sein Gast Castellvell wollten sich nicht von der Tafel vertreiben lassen. Noch lange zechten sie und erzählten einander Kriegsabenteuer, bis die Köchin kam und ein Machtwort sprach.
Unterdessen hatten sich Ermengarda, Aimar und Raimon noch auf der Wehrmauer getroffen, wobei Felipes Streit mit Arnaut sie natürlich am meisten beschäftigte.
»Ich habe so etwas kommen sehen«, sagte Aimar bekümmert. »Wenn du mir verzeihst, dies zu sagen,
Domina.
«
Ermengarda seufzte. »Felipe hat sich ungebührlich verhalten. Das konnte ich nicht hinnehmen. Aber im Grunde ist es meine Schuld. Ich hätte nicht …« Sie ließ den Satz unvollendet.
Rogier lächelte hintergründig. »Vielleicht hat Euch einer der Himmlischen einen Streich gespielt.«
»Einen Streich?«
»Sic erit: haeserunt tenues in corde sagittae, et possessa ferus pectora versat Amor.«
Und als sie nicht gleich begriff, übersetzte er: »So spricht der Dichter: In meinem Herzen haften zarte Pfeile. Der wilde Amor hat sich meiner Brust bemächtigt, um dort Verwirrung zu stiften.«
Es war ein Glück, dass es so dunkel war, sonst hätten sie bemerkt, dass Ermengarda wie mit Blut übergossen dastand. Es dauerte einen Augenblick, bis sie sich gesammelt hatte.
»Ich schwöre es, von nun an wird so etwas nicht mehr vorkommen«, beteuerte sie.
Rogier schüttelte betrübt den Kopf.
»Amor ist nicht nur unberechenbar,
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