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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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zu beäugen. Da Brun das Burgtor sicherheitshalber hatte schließen lassen, erklomm alles die Stiege zu den Wehrgängen auf der Ringmauer. Von dort hatte man einen guten Blick über den kurzen Weg, der zum Burgtor hinaufführte, und die darunterliegende Dorfwiese. Jetzt erschienen die ersten Reiter, woraufhin die Gänse heftig protestierend die Flucht ergriffen.
    Immer mehr
soudadiers
tauchten zwischen den Hütten des Dorfes auf, gefolgt von kläffenden Hunden, Kindern und anderem neugierigen Volk. So ein Schauspiel hatte man schon lange nicht mehr gesehen. Silbern blitzten Helme und Kettenpanzer. Die flatternden Banner und bunten
sobrecots
der Ritter sorgten für Farbtupfer auf der Wiese, wo sich die Reiterschar jetzt sammelte. Mit steifen Gliedern stiegen die Männer von den Pferden, scherzten untereinander oder warfen den jungen Mägden Kusshände zu. Brun rief den Wachen zu, das Tor zu öffnen.
    »Ist da ein Pfaffe unter ihnen?«, fragte Jaufré. »Oder täuschen mich meine Augen?«
    »Das kann doch nicht sein …«, stammelte Ermengarda, die ebenfalls auf den Wehrgang geklettert war.
    »Doch, doch. Es ist Bruder Aimar«, lachte Brun. »Und jetzt winkt er herauf.«
    Auch andere riefen erstaunt Aimars Namen und deuteten mit den Fingern. Ermengarda war die Erste, die sich an Mägden und Knechten vorbeidrängte und eiligst die Stiege nahm, dicht gefolgt von Jaufré.
    »Nicht so hastig,
Castelan
«, rief Brun. »Nicht, dass Ihr mir noch stürzt.«
    Jaufré drehte sich ungehalten um. »Redest du auch schon so?«, zischte er ärgerlich. »Ich bin doch kein verdammter Greis.«
    Dann war er unten angekommen und lief zum Tor hinaus. Doch Ermengarda hatte ihn um Längen geschlagen.
    Sie flog Aimar in die Arme, der den Weg heraufgelaufen kam.
    »Bist du’s wirklich?«, schrie sie außer sich vor Freude, warf sich an seine Brust und küsste ihn fest auf beide Wangen. Dass ein solches Benehmen nicht sehr würdevoll für eine junge Fürstin war, war ihr in diesem Augenblick völlig gleichgültig. »Wie ist das möglich? Wir glaubten dich tot.«
    »Ach, wie bin ich froh«, lachte er. »Wir haben so gehofft, Euch hier zu finden. Ich hatte also recht.«
    Jetzt erst sah Ermengarda, dass auch Peire Rogier neben ihm stand. Auch der strahlte und verbeugte sich höflich.
    »
Midomna.
Welch glückliches Wiedersehen.«
    Aber jetzt drängte sich Jaufré vor. »Mein lieber Junge«, rief er. »Ich wusste doch, du bist nicht kleinzukriegen.« Rauh und herzlich packte er den Mönch um die Schultern und hatte feuchte Augen dabei. Und nun war auch Adela da, mit leuchtendem Gesicht und geröteten Wangen, heftig atmend vom Laufen und überhaupt vor lauter Aufregung.
    »Aimar, du lebst! Ach, wie sind wir glücklich, dich zu sehen.«
    Bruder Aimar machte sich von Jaufré los. »
Domna
Adela«, sagte er und küsste ihre Hände. »Wie schön Ihr doch seid.«
    »Es ist nicht nett, eine alte Frau auf den Arm zu nehmen,
Fraire
Aimar«, sagte sie streng, aber mit Schalk in den Augen.
    »Von wegen alte Frau!«, rief er empört. Er drehte sich zu Rogier um. »Na? Hab ich dir zu viel versprochen? Ist sie nicht eine Augenweide? Nicht weniger als eine Königin.«
    Woraufhin Rogier sich seinerseits tief vor Adela verbeugte. Er hob an, etwas zum Besten zu geben, aber Jaufré unterbrach ihn ungeduldig.
    »Hört auf, um meine Tochter zu balzen, ihr verdammten Kerle«, lachte er und packte Aimar am Arm. »Kommt in die
aula,
damit ihr alles erzählen könnt.«
    Aimar zwinkerte noch schnell Raimon zu, bevor Jaufré ihn wegzerrte. Adela hakte sich auf der anderen Seite bei ihm unter, und so wanderten sie schwatzend zur Burg hinauf, Ermengarda und Raimon im Gefolge. Unterwegs gab es mehr Leute zu begrüßen, Ada umarmte und küsste Aimar freudig auf die Wange, dann das Gesinde, Knechte, Wachleute und zuletzt die Köchin.
    »Ich hoffe, du hast wie üblich deinen Hunger mitgebracht«, rief sie, nachdem sie ihn an ihren üppigen Busen gedrückt hatte. Alle wussten, dass er einer der glühendsten Bewunderer ihrer Kochkünste war. »Denn heute gibt es etwas Feines für dich.«
    Und so dauerte es, bis sie unter viel Gerede die
aula
erreichten. Man setzte sich um die Tafel, Ermengarda erhielt den Ehrenplatz, dann tauchten Becher und Karaffen mit Wein wie von Zauberhand auf, Brot, Salz und etwas Käse, damit es ihnen nicht zu lang bis zum Abendmahl wurde.
    Plötzlich fasste sich Aimar an den Kopf und sagte, da habe er doch in der Aufregung den
capitan
der Reitertruppe

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