Die Comtessa
vergessen, und jemand lief, um den Mann zu holen.
Als dieser Edelmann die
aula
betrat, stellte ihn Aimar als Guillem Ramon de Castellvell vor, kriegserfahrener Reiterführer und Vertrauter des Grafen von Barcelona. Der so Gerühmte war in einer prächtigen Rüstung erschienen mit silberverziertem Helm unter dem Arm, klirrenden Sporen und einem gelbrot gestreiften Umhang in den Farben der Katalanen. Von Statur war er mittelgroß, von kräftigem Wuchs und trug einen riesigen schwarzen Schnurrbart im wettergegerbten Gesicht. Diese farbenfrohe Erscheinung verbeugte sich augenzwinkernd vor den Damen, besonders tief vor Ermengarda, begrüßte den
castelan
mit kräftigem Handschlag und stürzte gleich als Erstes einen Becher Wein hinunter.
»Die Straßen sind verflucht staubig«, sagte er und lachte.
»Wo der herkommt, gibt es mehr«, grinste Jaufré und schob eine ganze Karaffe vor ihn hin. »Wie viel Mann habt Ihr dabei,
Mossenher?
« Man sah gleich, dass sie sich mochten.
»Etwa zweihundert. Alles ausgewählte Männer.«
Jaufré zog die Brauen hoch. »Es wird uns ein wenig schwerfallen, sie alle zu verköstigen«, sagte er.
»Keine Angst. Wir versorgen uns selbst. Was wir nicht mitführen, werden wir im Umland kaufen.«
Sichtlich beruhigt trank Jaufré ihm zu und wandte sich wieder an Aimar. »Nun erzähl endlich, wie ihr den Wegelagerern entkommen seid.«
»Es war großes Glück eigentlich. Nachdem es Arnaut und den anderen …«, er sah sich um. »Wo ist Arnaut? Ist er nicht hier?«
»Er ist mit Raol nach Norden geritten«, sagte Ermengarda, »um zu sehen, wie es mit dem Krieg steht. Und Felipe hat uns verlassen. Nur damit du es gleich weißt.«
Mehr wollte sie vor den Anwesenden nicht sagen.
»Wir reden später darüber«, fügte Raimon rasch hinzu.
»Nun gut. Wo war ich stehengeblieben?« Ermengardas Bemerkung hatte Aimars Begeisterung etwas getrübt. »Als es euch also gelungen war, den Hinterhalt zu durchbrechen, rannten die Kerle zu den Pferden, um euch zu verfolgen. In dem Durcheinander konnten wir uns in die Büsche schlagen. Wir sind heimlich ein paar Tage in der Gegend herumgestrichen. Ihr wisst, die Leute auf dem Land reden gern. Da bleibt wenig verborgen. Wir haben dann munkeln hören, dass ihr entkommen seid. Das war eine Erleichterung!«
»Gausbert und sein Bruder steckten dahinter«, sagte Ermengarda.
»Ah. So etwas hatten wir fast vermutet. Und auch meine zweite Annahme ist ja zum Glück richtig gewesen. Da ihr uns nicht über das Gebirge gefolgt seid, war ich fast sicher, dass Arnaut euch nach Rocafort bringen würde. Jedenfalls haben wir uns durchgerungen, in deinem Auftrag,
Domina,
weiter nach Barcelona zu reisen. Zu Fuß. Die Pferde hatten sie uns genommen.«
»Und Geld hattet ihr auch keines.«
»Nein. Nur den Wechsel. Aber den hätte ich gar nicht einlösen können. Ich hab ihn immer noch gut verwahrt.« Er klopfte auf seine Gürteltasche. »Geld hatten wir also keines. Aber unser guter Dichterfreund hier«, dabei legte er Rogier die Hand auf die Schulter, »hat in den Dörfern gesungen, und ich hab für die Armen gesammelt, Gott möge mir verzeihen.«
»Scheint wenig erfolgreich gewesen zu sein«, grinste Jaufré, »so mager wie ihr beide ausseht.«
Nachdem sich das allgemeine Gelächter gelegt hatte, erzählte Aimar, dass sie den Grafen Ramon Berenguer in Barcelona nicht angetroffen hatten und den weiten Weg bis nach Saragossa hatten machen müssen, dem neuen Sitz des Königreichs Aragon. Die Stadt war erst vor etwa über zwanzig Jahren den Mauren entrissen worden. Begeistert begann er, von maurischen Palästen zu schwärmen, vom Hofleben und der Großzügigkeit des Fürsten. Seit der Verlobung mit der kleinen Königstochter Peronella regierte der Katalane Ramon Berenguer nun das vereinte Reich unter dem Titel
Princeps Aragonensis,
Fürst der Aragonesen, obwohl dem Namen nach immer noch der Vater der kleinen Prinzessin König war, Ramir der Mönch, wie man ihn nannte. Es hieß, dass er wohl vorhabe, sich demnächst wieder in ein Kloster zurückzuziehen.
Jedenfalls hatte man sie mit Pferden und Geld ausgestattet.
»Und das Wichtigste,
Midomna
«, sagte Rogier voller Begeisterung. »Man hat mir eine neue Laute geschenkt. Sie klingt noch vorzüglicher als die alte.«
Ermengarda erinnerte Aimar ungeduldig an das, was allen auf der Seele brannte. »Aber, hast du mit den Grafen über Narbona und meine Rechte gesprochen?«
»Das habe ich. Er hat sich viel Zeit genommen und war
Weitere Kostenlose Bücher