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Die Comtessa

Die Comtessa

Titel: Die Comtessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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hindurchzuschlüpfen. Was Raimon betraf, so hatte er nicht vor, sie auf der Reise zu begleiten.
    Arnaut und Severin hatten Jori am Vorabend über ihr Vorhaben und die bevorstehende Abreise eingeweiht. Darüber war der Junge sehr betrübt, allein der versprochene halbe
denier
hatte seine Enttäuschung gemildert. Dann am Morgen hatten sie ihre Wirtin bezahlt, Wegzehr eingekauft und die Pferde mit ihrer Habe beladen. Bald würde Severin die Tiere holen und sie zum Treffpunkt bringen.
    »Und bei dir?« Felipe wandte sich an Raimon. »Ist alles vorbereitet?«
    »Wir müssen leider unseren Plan ändern«, raunte der verlegen und blickte um sich, ob ihnen auch niemand lauschte. »Ich hatte Schwierigkeiten. Der Kerl, den ich bestechen wollte, hat misstrauische Fragen gestellt. Da hab ich mich nicht getraut.«
    Er hatte Lederpanzer,
sobrecot
und Helm der vizegräflichen Wachen besorgen sollen, damit Arnaut im Palast nicht auffiel. Noch dazu den Schlüssel für die Seitenpforte, durch die er ihn heimlich hinein- und zusammen mit Ermengarda wieder hinauslassen sollte.
    »Und der Schlüssel?«
    Raimon schüttelte betreten den Kopf.
    Arnaut packte ihn an der Schulter.
    »
Deable.
Was machen wir jetzt?«
    »Ich glaube, es geht auch ohne«, beschwichtigte Raimon. »Beim Fest auf der Caularia werden die Leute trinken. Und viele, denen es erlaubt ist, werden sich bei dem Wetter im Palast aufhalten, statt auf dem Marktplatz zu frieren. Wir gehen einfach hinein wie andere auch. Ich habe freien Zutritt, wie du weißt.«
    »Ich könnte ja auch mitkommen«, sagte Felipe.
    »Besser nicht. Du weißt, la Bela ist nicht gut auf dich zu sprechen. Wenn sie dich sieht …«
    »Und Ermengarda?«, fragte Arnaut leise.
    »Ich habe ihrer Magd wie verabredet ein Paket zugesteckt. Hochzeitsgeschenke meiner Familie. Nur ihre Herrin selbst dürfe es öffnen, habe ich ihr eingeschärft. Darin sind die Kleider für sie. Auch eine Mütze, die sie sich ins Gesicht ziehen kann. Zur verabredeten Stunde klopfen wir an ihre Kammer …«
    »Du kommst also mit?«
    »Ich habe mir überlegt, es ist besser so. Du kennst den Palast nicht. Man kann sich leicht darin verlieren.«
    »Gut. Und wie kommen wir mit ihr wieder raus?«
    »Als Knappe verkleidet wird sie niemand erkennen. Die Wachen prüfen eher diejenigen, die hineingehen. Wenn nötig, lenke ich sie ab. Ihr müsst hinter mir ganz ruhig und unbeteiligt hinausschlendern.«
    »Durch das Haupttor?«
    Raimon nickte.
    »Verdammt! Das ist gewagt«, warf Felipe ein.
    Arnaut, der sich von seinem ersten Schrecken erholt hatte, dachte nach. Überraschung ist der halbe Sieg, hatte ihm Großvater immer eingebleut. Wofür du dich im Krieg auch entscheidest, waren seine Worte, erledige es schnell, mit Entschlossenheit und ohne Zögern. Aber vor allem tue das, was der Feind am wenigsten erwartet. Mit einem Mal sah er alles klar vor sich, und ein erregtes Kribbeln packte ihn, als könne er es kaum abwarten, sich in das verwegene Abenteuer zu stürzen.
    »So machen wir es«, sagte er. »Das ist sogar viel besser als der alte Plan. Niemand wird vermuten, dass sie vor aller Augen durch das Tor marschiert.«
    »Falls man sie aber erkennt, wirst du sie in der Menge nicht freikämpfen können«, wandte Severin ein. »Was machst du dann?«
    Allen war inzwischen klargeworden, dass dies kein frecher Bubenstreich mehr war, sondern eine ernste Angelegenheit.
    Arnaut dachte nach. »Ermengarda wird man nichts tun. Raimon kann sich unbeteiligt geben. Und ich … ich verschwinde unerkannt unter den Feiernden. Ich nehme auch keine Waffen mit. Dann läuft niemand Gefahr, verletzt zu werden.«
    »Mon Dieu!«,
stöhnte Felipe. »Ich bete zu Gott, die Magd hat nicht vergessen, Raimons Paket abzugeben.« Man sah ihm an, dass er ein schlechtes Gewissen hatte. »Eigentlich sollte ich es tun, Arnaut. Ich habe mir schließlich das Ganze ausgedacht. Ich hätte dich nicht in die Sache hineinziehen sollen. Lass mich gehen.«
    Felipes sorgenvolle Miene ließ plötzlich auch in Arnaut die Furcht wieder aufsteigen. Er versuchte, sie zu unterdrücken. Ein Ritter darf keine Angst haben, fuhr ihm durch den Sinn. Und dann sah er Ermengardas geschwollenes, verletztes Gesicht vor seinen Augen und spürte wieder, wie die Wut ihn packte.
    »Nein. Nun ist es auch meine Sache. Es bleibt dabei, wie besprochen.«
    ***
    Ermengarda schob den Riegel vor die Kammertür. Dann hastete sie zu einer ihrer Kleidertruhen und hob den schweren Deckel hoch. Raimons Paket hatte

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