Die Containerfrau
keine Spur von Messern oder Gabeln gegeben hat, sie haben sich an Kristallgläser gehalten. Noch einer zieht ein winzigkleines Taschenmesser hervor und sagt, er benutze es als Zahnstocher und Flaschenöffner. Aber es liegt etwas in der Luft, ein leicht angespanntes Entgegenkommen, um zu verhindern, dass die Polizei ein bestimmtes Thema zur Sprache bringt. Auf die Frage, ob noch andere anwesend waren, als die Polizei nun endlich die Liste der Festgäste aufstellt, schütten sie dermaßen gründlich überzeugend den Kopf, dass sie danach vermutlich noch tagelang an Kopfschmerzen leiden werden.
»Mit anderen Worten, einen haben wir noch nicht gefunden«, sagt der ältere Beamte zu einem Anfänger, der bisher noch den Mund hält und sich nicht einmischt.
»Oder eine«, korrigiert der Jüngere. Als Antwort wird ihm ein leises Schnauben zuteil. Frauen greifen nicht zum Messer, sie rühren Gifttränke an, füllen Pasteten mit Arsen und anderem Teufelszeug, damit das Opfer unglaubliche Schmerzen erleiden muss, ehe es den Geist aufgibt. Oder sie ziehen an den Haaren und heulen und kratzen. Das tun Frauen. Aber sie stechen nicht zu.
Wenn der Schein groß genug war, dann werde ich es sicher erfahren, denkt der Ältere, er sagt es natürlich nicht laut, er weiß schließlich genau, wo die Grenzen verlaufen. Aber rein persönlich findet er es völlig in Ordnung, Pennern und anderen Bedürftigen in seiner Heimatstadt ein Scherflein zu geben, statt eine Überweisung für irgendeinen guten Zweck auszufüllen, wo das Geld ja doch in der Verwaltung verschwindet und niemals bei den hungernden Kindern ankommt, für die es gedacht war. Er sieht das nicht weiter moralisch. Zwei alte Tricks, und Junior verlässt das Zimmer um etwas aus dem Auto zu holen. Inzwischen wechselt der Schein den Besitzer und führt zu den gewünschten Auskünften. Und Geber und Nehmer können sich darauf verlassen, dass der Datenschutz hier perfekt funktioniert.
Niemand von der Wache hat die Einladung zum Tag der offenen Tür des MC-Clubs Hell’s Angels in Trolla angenommen. Stattdessen tauchten sie einige Tage später ziemlich unange meldet auf. Was drei Waffenfunde, eine Tagesration Amphetamin in einem Jackenfutter und einen Haschischklumpen samt Requisiten einbrachte. Keine Frauen in freiwilliger oder unfreiwilliger Gefangenschaft wurden entdeckt, Cremetuben und Wundsalben waren längst in den Abfall geworfen worden, und der Raum wies nichts sonderlich Feminines auf. Der Hausherr war in dem Moment mehr als froh, dass die »Untermieterin« verduftet war. Dass die Waffe hinter Wand und CD-Regal ebenfalls verschwunden war, war allerdings seltsam. Das fand jedenfalls ihr Besitzer. Keines der drei Fundstücke, die die Polizei ihm vorlegte, war seine Waffe. Hatte nicht einmal Ähnlichkeit. Zwei abgesägte Schrotgewehre und ein selbst gebastelter Schlagring. Kein Smith & Wesson 44 Magnum Revolver.
Der Besitzer schwankte zwischen zwei möglichen Erklärungen. Entweder hatte »die«, er nannte sie nur »die«, das Schießeisen gefunden und sich damit verdrückt. Oder irgendein verdammt gerissener Scheißbulle hatte sie geklaut, unterschlagen, den Waffenfund nicht protokolliert und ein für einen Polizisten ziemlich schwerwiegendes Verbrechen begangen. Das Problem war nur, dass der Besitzer rein gar nichts unternehmen konnte. Er knirschte mit den Zähnen und verfluchte abwechselnd Scheißbullen und Schweißweiber. In Gedanken.
24
Kommissarin Anne-kin Halvorsen hört die Meldung per Mobiltelefon: ein Jeep Grand Cherokee 2.5 Turbo-Diesel-Lieferwagen, gelb und schwarz, ist gefunden worden. Autonummer und Farbe stimmen. Das ist der Wagen. Fundort oder genauer gesagt, Parkplatz: genau vor einem kleinen Lebensmittelladen. Da stand er ganz einfach zusammen mit anderen Autos. Ein aufmerksamer Taxifahrer hatte rein gewohnheitsmäßig seine Blicke über die Wagen der Ladenkundschaft wandern lassen. Das Auto war leer. Der Fahrer bot an, Wache zu halten, bis ein Streifenwagen eingetroffen sei. Anne-kin befindet sich auf der anderen Seite der Stadt, sie kämpft sich über Waldwege, für den Fall, dass ein Spatz auftaucht. Das Auto fällt nicht in ihr Ressort, das weiß sie. Trotzdem findet sie keine Ruhe. Gleich darauf hat sie die Stimme von Chef Sundt im Ohr, er kann wirklich Gedanken lesen.
»Halte dich an deinen Auftrag«, sagt er. »Um das Auto kümmern sich andere.« Sie seufzt tief.
»Verstanden!« Das ist keine Frage, was Sundt da von sich gibt, sondern ein
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