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Die Containerfrau

Die Containerfrau

Titel: Die Containerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Smage
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Morde an dem stark alkoholisierten Manne und an den Frauen im Container laufen weitestgehend parallel. Der Securitas-Wächter, der Manne gefunden hat, kann sich an keine weiteren Einzelheiten erinnern, die für die Polizei interessant sein könnten. Und der Wagen, der draußen auf der Straße losgefahren ist, bleibt anonym. Kein Fahrer meldet sich. Die Sucharbeiten und die anfangs lockeren Vernehmungen der Drogenszene sind nicht ganz einfach. Vor allem die Vorarbeiten. Die meisten machen einen großen Bogen um ihren üblichen Treffpunkt, sind vor der Polizei mit ihren bohrenden Fragen in Deckung gegangen. Die Polizei findet sie trotzdem. Kann sich bald ein deutliches Bild davon machen, wer sich in der Mordnacht in Nyhavn aufgehalten hat. Über den wütenden, mit satten Flüchen angereicherten Wortschwall hinaus, den dieses Junkie-Proletariat von sich gibt, sind die wenigsten in ihren Aussagen konsequent. Schicht um Schicht werden alle Ausflüchte abgepellt, und am Ende lassen sie die Köpfe hängen und sagen, ja, mmh, sie waren da, haben am fraglichen Abend dort gesessen. Wenn sie das noch richtig in Erinnerung haben, natürlich nur, sie haben beim Aufwachen nicht den Kalender abgerissen, um sich das Datum einzuprägen. Das Puzzle, »wer kam, war da, ging« wird gelegt, alle Bewegungen werden registriert. Dass die, die da saßen, als Sirenen und Blaulicht die Nacht zerfetzten, dann gleich die Beine in die Hand genommen haben – finden die Bullen das vielleicht verwunderlich? Nicht doch, das finden die »Bullen« durchaus nicht, sie wundern sich durchaus nicht darüber, dass der Hafen wie ausgestorben war, als sie die Gegend durchsucht haben. Blaulicht und Sirenen sind sowieso ein Unding. Sind nicht gut für die Nerven der Leute. Aber trotzdem, am Ende hat die Polizei eine Liste von Namen, von Taufnamen und Spitznamen, und wenn auch nicht alle »alte Bekannte« sind, so sind sie doch zumindest nicht unbekannt.
    »Wuschel« ist eine relativ neue Bekannte, sie stammt aus einem Dorf an der Küste. Kontakt zur dortigen Polizei wird aufgenommen und die kann ein Mädchenschicksal skizzieren, das, selbst verschuldet oder auch nicht, auf ganzer Linie nur noch traurig ist. In jeglichem Zusammenhang. So, wie ihr Körper jetzt nach Stoff schreit, kann sie kein Neuling sein. Die Trondheimer Polizei will das dem Dorfpolizisten nur kurz mitteilen, der wie alle Dorfpolizisten zutiefst überrascht über die Mitteilung ist, dass seine Dörflinge stärkere Dinge konsumieren könnten als Schwarzgebrannten. »Wuschel« hat am fraglichen Abend also im Hafen herumgelungert. Ob sie dabei mit einem Messer herumgefuchtelt hat? Absolut nicht, da sind alle sich einig. Sie hat nur mit sich selber herumgefuchtelt. Und ansonsten haben alle unschuldsblaue Blicke, wenn sie beteuern, Messer, nein; Messer, das ist doch verboten, natürlich haben sie keine Messer bei sich. Ab und zu zucken bei den Polizisten die Mundwinkel auf witzige Weise, bisweilen genehmigen sie sich auch ein breites Grinsen, dann reißen sie sich zusammen.
     
    Die Flaschenliga hat noch weniger Widerstandsvermögen als die Drogenleute, die meisten geben gleich in der ersten Runde kniffliger Fragen auf. Sie verwickeln sich nach und nach in ein weiß ich doch nicht, verdammt noch mal Gewusel von Antworten, widerstrebenden Erklärungen und Eingeständnissen. Könnte denn nicht übrigens der gut verdienende Bulle, Verzeihung, der Herr Wachtmeister, einem armen Schwein einen Halben spendieren? Der Wachtmeister spendiert Kaffee. Mit Sahne und Würfelzucker. Wenn danach ein Geldschein auf dem Tisch liegen bleibt, dann ist der für eine weitere Kaffeepause bestimmt. Reine Mitmenschlichkeit, sonst nichts.
    Doch, und richtig, sie haben wirklich dort gesessen. Wer denn? Das Gedächtnis lässt wieder nach, sie können sich nicht daran erinnern. Sie kümmern sich um ihren eigenen Kram, nie würden sie ihre Kumpels verpfeifen. Erst als sie sicher sein können, dass der Kumpel gesagt hat, er sei dort gewesen, können sie sich an seine Anwesenheit erinnern. Nicht einmal dem versoffensten Suffkopp lassen sich Namen entlocken, denkt der eine Beamte, in der Hinsicht sind sie kompromisslos, schützen einander. Was eigentlich bedeutet, dass sie sich selbst schützen. Ob Messer mit im Spiel waren, ob jemand ein Messer in der Hand hatte, mit einem Messer herumgefuchtelt hat? Sie schauen nervös aus der Wäsche. Irgendwer schnaubt ein beleidigtes »nein«, andere fluchen, dass es bei ihrem Trinkgelage

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