Die Containerfrau
halten. Dann sind nur noch Klæbu und die Vassfjellgegend übrig. Wenn ich damit fertig bin, bin ich reif für die Rente.« Die Aufgabe erscheint ihr als undurchführbar, und Sundt ist kein großer Trostspender.
»Zuerst Bymarka«, sagt dieser Trottel von Chef so hartnäckig, wie nur Sundt das kann. Kommissarin Anne-kin Halvorsen kann nur die Zähne fletschen, ein Befehl ist ein Befehl. Ehe sie sich daranmacht, das Naherholungsgebiet um Trondheim zu erkunden und die Luft mit Blei zu verpesten, füllt sie den Tank. Ihr bleibt einzig der Trost, dass sie bleifrei fährt. Und dass sie die Möglichkeit bekommt, nach einer Plastiktüte mit einer mutmaßlichen Mordwaffe zu suchen, einem Messer. Beim bloßen Gedanken daran, dass sie das verloren hat, läuft sie rot an.
23
Erst nachdem die Schwesternhelferin Karin K. ein hieb- und stichfestes Alibi serviert hat, sieht die Einsatzgruppe, die die Leiterin der Aktion »Svartlamoen soll leben« eingebuchtet hat, ein, dass sie sie laufen lassen müssen. Sie war im von der Polizei genannten »akuten Zeitraum« bei ihren Eltern zu Hause in Namsos. Karin K. will erst gehen, wenn sie zumindest eine vage Entschuldigung gehört hat. Irgendwer bringt es über sich, etwas Entsprechendes zu murmeln, aber als sie eine Unterschriftenliste aus der Tasche zieht, weichen sie zurück. Es gibt ja wohl eine Grenze.
Dort sind Tür und Freiheit. Sie zeigen höflich darauf. Leben Sie wohl, leben Sie wohl.
»Die Leute, die da wohnen, sind keine Tagger«, sagt sie, ehe sie hinausfegt. »Wenn ihr auch nur ein bisschen Ahnung von Signaturen hättet, dann würdet ihr die in anderen Stadtteilen wiederfinden. Und wir in Lamoen haben wirklich andere Sorgen, als anderswo die Wände vollzusprayen.« Knall, sagt die Tür, und puuh, sagen die uniformierten Kräfte.
Aber das andere »Wuschel« behalten sie. Der Kleinen geht es einfach schrecklich. Sie halten fast kontinuierlich bei ihr Wache, wollen keine toten Mädels in ihren Zellen liegen haben.
Der Arzt war schon da, hat versucht, die Qualen zu mildern, sagt traurig, dass er kaum mehr tun kann. Wonach ihr Körper jetzt schreit, ist ein neuer Schuss. Die Beruhigungsspritzen, die er ihr mit gutem Gewissen geben darf, sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie sorgen dafür, dass sie sich nicht verletzen kann, Knöpfe, Haarnadeln, Ringe, BH-Verschlüsse werden entfernt. Aber als sie anfängt, systematisch mit dem Kopf gegen die Zellenwand zu schlagen, mit solcher Kraft, dass das Blut aufspritzt, haben sie keine Wahl. Sie wird gefesselt.
Die Ermittlungsgruppe besteht aus vielen flinken Fingern auf Computertastaturen und aus vielen raschen Blicken auf Computerschirme. Und die Schaltzentrale, die ganz oben im Körper sitzt, das menschliche Gehirn, das arbeitet wie besessen. Als sie alle Informationen, die auch nur den geringsten Zusammenhang mit den Morden in Nyhavn haben können, auf ihren Festplatten gespeichert haben, gibt die Polizei das Gebiet frei. Das heißt, die rotweißen Plastikbänder werden entfernt, die Firmen dürfen wieder Geld verdienen, dürfen verspätete LKW-Ladungen losschicken, zum Normalzustand zurückkehren, zu Schiffen, die zum Laden oder Löschen den Hafen ansteuern. Sollte eine »Schaltzentrale« zu einem späteren Zeitpunkt irgendeinen Zusammenhang erkennen, dann weiß die Polizei alles über Namen, Ladung, Route, Anzahl Angestellter, Buchführung, Steuersummen, Vorstrafen. Bußgelder, Konkurse und wirtschaftliche Situation. Sie brauchen eigentlich nur die vorhandenen Daten zu bearbeiten. Sie haben ihre Runden gedreht und mit Angestellten gesprochen, die zur fraglichen Zeit Überstunden gemacht haben, mit allem zwischen Buchhaltung und dem Direktor, der in Schweiß ausbrach, weil seine Frau lieber nichts von dem Besuch erfahren sollte, den er an dem Abend empfangen hatte. Die Polizei hat mit der Dame gesprochen und die Gattin in Ruhe gelassen.
Die Deutschenbunker Dora I und Dora II und der etwas kleinere Verwaltungsbunker bieten Platz für allerlei Aktivitäten, für alles von Billard über Bowling, Go-Cart-Bahn, Fitness-Studio und Tiergeschäft bis zu den Übungsräumen der Rockband »Motorpsycho«. Die Polizeistreife, die hier ihre Runde gedreht hat, wurde vom Luftdruck zurückgeworfen und fragte sich, ob sie aus Versehen den Geheimsender Kiew entdeckt haben könnte. Aber der siebzehnjährige Sohn des einen Polizisten hatte Sterne im Blick, als der Vater von diesem Besuch erzählte. Die Ermittlungsarbeiten für die
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