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Die Containerfrau

Die Containerfrau

Titel: Die Containerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Smage
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Nutz und Frommen des Hausmädchens, damit das nicht drei oder vier Treppen Kohle und Koks hochschleppen musste? Stattdessen wurde der Brennstoff mit Flaschenzügen und Seilen hochgezogen. Ist es möglich? Dass meine Leute diesen Fahrstuhl übersehen haben? Er schüttelt den Kopf und hört zu, wie sein Gegenüber sich lang und breit darüber verbreitet, warum dieser Fahrstuhlschacht nicht zum Wohnbereich gehört und warum er nicht entfernt worden ist und warum …
    »Geschichte«, sagt Sivert K. Ljaam. »Er stellt ein Stück Geschichte dar, das immer wertvoller werden wird, und am Ende werden wir, weil die meisten Bauunternehmer Idioten sind und nur an Quadratmeter denken und solche Küchenfahrstühle herausreißen, sie denken einfach nicht langfristig, aber im Moment kaufen vor allem Geschichtsprofessoren und Unileute, und deshalb wird …«
     
    Hauptkommissar Sundt mag sich den Rest dieses wirren Wortschwalls nicht mehr anhören, er schließt die Ohren. Und öffnet den Mund.
    »Hier fängt er also an.« Sundt steht im Keller, in einem renovierten Kellerraum mit Slalomskiern, Rodelbrettern, Gartengrill, Sonnenschirmen und aufeinander gestapelten Gartenstühlen. Der Besitzer nickt.
    »Und wo geht er weiter? Wo endet er? Auf dem Dach? Mit einem Fenster?« Die einzige Antwort besteht aus einem Kopfschütteln.
    »Der Fahrstuhl endet in der obersten Wohnung. Wird aber nicht genutzt.«
    »Die Wohnung? Oder der Fahrstuhl?« Sundt ist jetzt gereizt.
    »Der Fahrstuhl wird nicht genutzt. Er ist nur vorhanden, wie eine Art verstecktes Kapitel, bleibt hier, bis ich ihn irgendwann zu Geld machen kann. Bis ich eine Wohnung mit einem altmodischen Küchenaufzug zum Verkauf ausschreiben kann.« Der Geschäftsführer reibt sich die Hände.
    »Inzwischen vermiete ich sie einfach nur.« Jetzt macht er ein Gesicht wie ein treuherziger Fuchs.
    »An Live Sagen, Rundfunkangestellte«, sagt Sundt, das ist keine Frage, sondern eine Feststellung.
    »Ja, an Frau Sagen. Nette Frau. Fast nie zu Hause.« Meine Güte, der weiß ja fast alles über Tun und Lassen seiner Mieter, denkt Sundt, und verschafft sich derweil einen guten Überblick über den Fahrstuhlschacht. Weil der Mann, Sivert K. Ljaam, sich einige Zentimeter von dem schwarzen Loch entfernt hat. Und dort sieht er, dort sieht Sundt, dort erlebt Sundt die Ursache, aus der er die »wichtigsten Dinge des Lebens« in Frage stellt. Zumindest die Dinge, die die Polizei betreffen. Was er sieht, ist eine Leiter. Genauer gesagt, einige in die Wand eingemauerte Eisenstufen, parallel zur Fahrstuhlwand. Sie führen in dem schmalen Schacht zwischen Holz und Mauer nach oben, so weit er überhaupt blicken kann. Diese beiden »Einrichtungen« haben seine Leute also nicht entdecken können. Während einer ganzen Nacht. Sie brauchen offenbar eine Lupe, so kurzsichtig, wie sie sind.
    »Meine Idee«, sagt der Hausbesitzer, wie um sich zu entschuldigen, als er dem Blick des Polizisten folgt. »Für den Brandfall. Sicherheit ist mir wichtig«, fügt er hinzu. Sundt mag seinen Ohren fast nicht trauen. Hier steht ein Fuchs von Mann und versucht ihm zu erzählen, dass eine in einen Schacht eingemauerte Feuerleiter Sicherheit bedeutet! Schacht bedeutet Schornsteinwirkung, durch die Kohle und Koks, Gemüse und Marmelade und eben auch Menschen in Sekundenschnelle gegrillt werden. In ihm kocht es, vor allem, weil der Typ den Unfug, den er hier auftischt, für die Wahrheit zu halten scheint. Wie in aller Welt mögen die restlichen Sicherheitsvorkehrungen und Fluchtwege aussehen, wenn so ein verdammter Dilettant dafür zuständig ist? Und was sagen Baubehörde, Bauaufsicht und die übrigen Fachleute? Halten sie schon Winterschlaf? Er bellt einen Befehl und schon steht ein Polizist neben ihm.
    »Zwei Dinge«, sagt Sundt. »Zuerst kriechst du in den Kasten da und machst es dir so richtig gemütlich. Dann zieh ich dich nach oben.« Der Polizist ist von der mageren Sorte, er gibt sich alle Mühe, den Befehl seines Vorgesetzten zu befolgen. Vergeblich. Er schafft es nicht. Das Loch ist zu klein, der Kasten zu eng. Nie im Leben kann das hier die Lösung für das Rätsel des ›geschlossenen Raums‹ sein, denkt Sundt erleichtert. Schluss, aus für diese Lösung. Gleich ist ihm wohler zu Mute.
    »Na gut, aber dann kletterst du eben hoch«, sagt er. »Kletterst die Leiter hoch und siehst nach, wo sie endet.« Dieser Auftrag ist leichter zu erfüllen. Der Polizist betrachtet die Kletterpartie als Herausforderung. Und vier

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