Die Corleones
Tage nicht zur Arbeit gegangen.«
»Mach dir deswegen keine Sorgen.« Cork legte den Gang ein und fuhr los. »Du kannst mir glauben, Sonny, Leo feuert dich bestimmt nicht.«
Sonny dachte darüber nach und grinste dann breit. »Nee«, sagte er schließlich, »das glaub ich auch nicht.«
Die Filmrolle auf dem Projektor flatterte, während die Maschine surrte und summte und die zerkratzte Schwarz-weiß-Aufnahme einer kleinen, molligen Frau mit langen schwarzen Haaren, die einem kopflosen Mann den Schwanz lutschte, an die Wand des abgedunkelten Hotelzimmers warf. Der Kerl in dem Film stand breitbeinig da und hatte die Hände in die Hüften gestemmt; obwohl sein Kopf nicht zu sehen war, handelte es sich doch eindeutig um einen jungen Mann mit straffer weißer Haut, die sich über beeindruckenden Muskeln spannte. Auf der Couch neben dem Projektor räkelte sich eines der Kameramädchen des Chez Hollywood auf dem Schoß von Giuseppe Mariposa. Mit der einen Hand streichelte Giuseppe ihre Brüste, in der anderen hielt er eine fette Zigarre, deren Rauch im Licht des Projektors kleine Wölkchen bildete. Neben Giuseppe und dem Kameramädchen hatte Phillip Tattaglia einer seiner Huren die Hand ins Höschen geschoben, während ein zweites Mädchen zwischen seinen Beinen auf dem Boden kniete, den Kopf in seinem Schoß vergraben. Sie waren alle in Unterwäsche, mit Ausnahme der Sängerin des Chez Hollywood mit dem aparten platinblonden Haar und der beiden jungen Männer, die in blauen Nadelstreifenanzügen neben der Tür des Hotelzimmers saßen. Giuseppe hatte die Sängerin zum Abendessen ausgeführt, und nun saß sie vollständig bekleidet der Couch gegenüber in einem Sessel. Sie fühlte sich sichtlich unwohl und blickte andauernd zur Tür, als wollte sie jeden Augenblick davonstürzen.
»Schau dir das an«, sagte Tattaglia, als der Herrenfilm einen ersten Höhepunkt erreichte. »Voll ins Gesicht!« Begeistert schüttelte er Giuseppe an der Schulter. »Was meinst du?«, fragte er das Mädchen auf dem Boden. Er stieß sie weg, setzte sich auf und stellte dann dem anderen Mädchen die gleiche Frage. »Was meinst du? Ist sie gut?«
»Keine Ahnung«, erwiderte das Mädchen neben ihm mit rauchiger Stimme. »Ich finde, das solltest du den Typen fragen.«
Giuseppe lachte und kniff dem Mädchen in die Wange. »Kluges Kind«, sagte er zu Tattaglia. Auf der Leinwand traten zwei weitereMänner ins Bild und begannen, das Mädchen auszuziehen, das plötzlich wieder frisch geschminkt war.
»Joe«, sagte Tattaglia, »mit solchen Filmen werden wir einen Haufen Kohle machen. Es kostet mich fast nichts, sie zu drehen, und ich kann sie an sämtliche Rotarierclubs im ganzen Land verkaufen.«
»Glaubst du, die Trampel stehen auf so was?«, fragte Mariposa, den Blick auf die Leinwand gerichtet, die eine Hand weiter unter dem Büstenhalter des Kameramädchens.
»Solche Sachen kaufen die Leute schon seit Anbeginn der Zeit«, erwiderte Tattaglia. »Wir verdienen jetzt schon viel Geld mit Filmen. Streifen wie der, Joe, glaub mir, da steckt ein Haufen Kohle drin!«
»Und wofür brauchst du mich?«
»Finanzierung. Vertrieb. Solche Dinge eben«, sagte Tattaglia.
Giuseppe paffte an seiner Zigarette und dachte über den Vorschlag nach, als jemand an der Tür klopfte und die beiden Gorillas erschrocken zusammenzuckten.
»Na los, macht schon auf«, sagte Giuseppe und schubste das Kameramädchen von seinem Schoß.
Einer der Leibwächter öffnete die Tür einen Spalt und zog sie dann ganz auf. Die Hälfte des Zimmers war plötzlich in helles Licht getaucht. Den Hut in Händen trat Emilio Barzini durch die Tür.
»Mach wieder zu«, bellte Joe, und der Leibwächter gehorchte hastig.
»Joe«, sagte Emilio. Er warf einen raschen Blick auf die Leinwand und wandte sich dann wieder der Couch zu. »Du wolltest mich sehen?«
Giuseppe schlüpfte in seine Hose und schloss den Gürtel. Dann drückte er seine Zigarre in dem Kristallglasaschenbecher aus, der vor ihm auf einem Tischchen stand. »Ich bin gleich wieder da.« Er ging um die Couch herum und durch eine halb geöffnete Tür in das angrenzende Zimmer.
Emilio schirmte sich mit der Hand gegen das flackernde Lichtdes Projektors ab und folgte Giuseppe, der nebenan das Deckenlicht anschaltete, bevor er die Tür schloss. Emilio betrachtete das übergroße Bett mit den auf Hochglanz polierten Mahagoninachttischchen rechts und links am Kopfende; auf beiden thronten große Vasen voller leuchtend bunter
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