Die Corleones
Brasi sich dessen bewusst wurde, hat er versucht, sich umzubringen.«
»Einer seiner eigenen Leute hat die Polizei geholt«, sagte Genco, und seine Stimme wurde lauter. »Luigi Battaglia, von dem es heißt, dass er schon mit Luca zusammen ist, seit er ein kleiner Junge war. Und er ist bereit auszusagen, dass er gesehen hat, wie Luca Filomena und den Säugling in den Keller gezerrt hat, nachdem er allen erklärt hatte, dass er sein eigenes Kind abmurksen wird. Und dann hat er ihn ohne das Kind aus dem Keller kommen sehen, und Filomena war völlig hysterisch. Vito!« Inzwischen brüllte er schon fast. »Warum verschwenden wir unsere Zeit auf diesen
bastardo
?
Che cazzo!
Wir sollten den Hurensohn selber kaltmachen!«
Vito legte seinem Freund die Hand aufs Knie, bis Genco sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Inzwischen befanden sie sich auf der Canal Street. Der Lärm der Stadt wurde lauter und bildete einen auffälligen Kontrast zu der Stille, die im Wagen herrschte. Vito kurbelte das Fenster hoch. »Können wir Luigi Battaglia ausfindig machen?«
Genco zuckte die Achseln, als könnte er das so nicht beantworten.
»Finde ihn«, sagte Vito. »Ich glaube, dass er ein Mann ist, mit dem man vernünftig sprechen kann. Was ist mit Filomena?«
»Sie redet kein Wort mit der Polizei«, erwiderte Genco und blickte auf den Gehsteig hinaus, wo sich die Menschen drängten. »Sie hat entsetzliche Angst.« Allmählich schien er wieder in seine Rolle als Consigliere zurückzufinden.
»Vielleicht ist es an der Zeit, dass sie und ihre Familie nach Sizilien zurückkehren.«
»Vito … du weißt, dass ich dich nicht anzweifle …« Genco wandte sich um und sah Vito nachdenklich an. »Aber warum interessierst du dich für dieses
animale
? Sie sagen, er ist der Teufel, und sie haben recht. Er sollte in der Hölle schmoren, Vito. Als seine Mutter erfahren hat, was er getan hat, hat sie sich das Leben genommen. Mutter und Sohn,
suicidi
. Diese Familie …« Gencogriff sich an die Stirn, als wollte er sich das Wort, das ihm nicht einfiel, aus dem Kopf ziehen. »
Pazzo «
, sagte er schließlich.
»Wir tun, was wir tun müssen, Genco«, flüsterte Vito, als wäre er enttäuscht, dass er das überhaupt sagen musste, und auch ein wenig zornig. »Das weißt du.«
»Aber Luca Brasi …«, flehte Genco. »Ist es das wert? Weil er Mariposa Angst macht? Ich will ehrlich zu dir sein, Vito – mir macht er auch Angst. Dieser Mann widert mich an. Er ist ein Tier. Und so gehört er auch behandelt.«
Vito beugte sich zu Genco hinüber und sprach so leise, dass nicht einmal Richie Gatto auf dem Vordersitz ihn verstehen konnte. »Ich will dir gar nicht widersprechen, Genco. Aber ein Mann wie Luca Brasi, ein Mann, der einen so entsetzlichen Ruf genießt, dass sich die stärksten Männer vor ihm fürchten – wenn wir einen solchen Mann auf unserer Seite hätten, wäre er eine mächtige Waffe.« Vito hielt Gencos Handgelenk umklammert. »Und wir werden eine mächtige Waffe brauchen, wenn wir gegen Mariposa bestehen wollen.«
Genco presste sich beide Hände auf den Bauch, als würde er plötzlich von starken Schmerzen heimgesucht. »
Agita «
, sagte er und seufzte – dieses eine Wort schien die ganze Last der Welt zu enthalten. »Und du glaubst, dass du ihn im Zaum halten kannst?«
»Wir werden sehen.« Vito rutschte auf seine Wagenseite zurück. »Finde Luigi. Und bring Filomena zu mir.« Und als wäre ihm das gerade erst eingefallen: »Gib Fischer diesen Monat etwas mehr.« Er kurbelte wieder sein Fenster hinunter und suchte in seiner Jackentasche nach einer Zigarre. Auf den Straßen herrschte emsige Betriebsamkeit, und je näher sie der Hester Street und dem Lagerhaus von Genco Pura kamen, umso häufiger erkannte er die Leute, die vor den Läden und Mietshäusern standen und sich unterhielten. Als er das Ladenschild von Nazorines Bäckerei sah, befahl er Richie, rechts ran zu fahren. »Genco«, sagte er und stieg aus, »besorgen wir uns ein paar Cannoli.«
Genco berührte vorsichtig seinen Bauch, zögerte einen Moment und zuckte dann mit den Achseln. »Cannoli
?
Warum nicht …«
15.
Cork blödelte unentwegt herum, ließ seinen Hut auf der Fingerspitze kreisen, balancierte einen Salzstreuer auf den Knöcheln und spielte überhaupt den Spaßmacher für Sonny, Sandra und Sandras kleine Cousine Lucille, eine Zwölfjährige, die sich auf den ersten Blick in Cork verknallt hatte und jetzt in einem fort kicherte oder ihm verstohlen
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