Die Corleones
und Connie sind noch Kinder. Mama kann nachts schlafen, weil sie sich keine Sorgen um ihre Kinder machen muss, so wie sie sich jeden Tag Sorgen um Pa macht. Denk darüber nach, Sonny!« Tom hielt ein Revers von Sonnys Jackett zwischen den Fingern. »Was willst du Mama alles zumuten? Wie viel ist dieser schicke Anzug dir wert?«
Sonny hielt vor einer Garage am Bordstein. Sichtlich müde undgelangweilt nahm er den Gang heraus. »Wir sind da. Sei so nett und mach das Tor auf, ja?«
»Das ist alles?«, fragte Tom. »Mehr hast du dazu nicht zu sagen?«
Sonny ließ den Kopf nach hinten sinken und schloss die Augen. »Herrgott, bin ich müde.«
»Du bist müde«, wiederholte Tom.
»Wirklich. Ich bin schon eine Ewigkeit auf den Beinen.«
Tom sah Sonny an und wartete, bis ihm schließlich klar wurde, dass Sonny gleich einschlafen würde. »
Mammalucc’.
« Behutsam packte er seinen Bruder an den Haaren und schüttelte ihn.
»Was’n los?«, fragte Sonny, ohne die Augen zu öffnen. »Hast du das Tor schon aufgemacht?«
»Hast du einen Schlüssel dafür?«
Sonny öffnete das Handschuhfach, nahm einen Schlüssel heraus und reichte ihn Tom. Dann deutete er auf die Wagentür.
»Nichts zu danken«, sagte Tom und stieg aus. Sie befanden sich in der Mott Street, einen Block von Sonnys Apartment entfernt. Er wollte Sonny schon fragen, warum er den Wagen in einer Garage abstellte, die so weit weg war, wenn er ihn doch genauso gut vor seiner Haustür parken konnte. Er dachte darüber nach, ließ es dann jedoch bleiben und ging das Tor öffnen.
3.
Sonny klopfte ein Mal, öffnete die Haustür und konnte keine zwei Schritte in das Chaos hinein machen, da sprang ihm schon Connie in die Arme und schrie seinen Namen. Ihr hellgelbes Kleidchen war abgewetzt und schmutzig – offenbar war sie auf die Knie gefallen. Seidige dunkelbraune Strähnen, die sich aus ihren beiden leuchtend roten Haarspangen gelöst hatten, fielen ihr ins Gesicht. Tom schloss hinter Sonny die Tür; draußen wehte der Herbstwind Blätter und Abfälle von der Arthur Avenue auf die Hughes und an Fat Bobby Altieri und Johnny LaSala vorbei, zwei Ex-Boxern aus Brooklyn, die auf der Treppe vor dem Haus der Corleones standen, rauchten und sich über die Giants unterhielten. Connie schlang ihre dünnen Mädchenarme um Sonnys Hals und gab ihm einen lauten Kuss auf die Wange. Michael sprang von dem Tisch auf, an dem er gerade mit Paulie Gatto Dame spielte, und Fredo kam aus der Küche herbeigerannt. Urplötzlich schienen alle Leute in der Wohnung – und an diesem Sonntagnachmittag waren das nicht wenige – bemerkt zu haben, dass Sonny und Tom eingetroffen waren.
Im ersten Stock, in einem Arbeitszimmer am oberen Ende einer Holztreppe, erhob sich Genco Abbandando aus einem Ledersessel und schloss die Tür. »Sieht so aus, als wären Sonny und Tom gerade aufgetaucht.« Da jeder, der nicht taub war, den Namen der beiden bereits mehrmals gehört hatte, war diese Bemerkung unnötig. Vito, der auf einem Stuhl neben seinem Schreibtisch saß, strich sich die schwarzen Haare glatt, trommelte mit den Fingern auf den Knien und sagte: »Dann lasst uns weitermachen. Ich möchte meine Jungs sehen.«
»Wie ich bereits gesagt habe«, fuhr Clemenza fort, »Mariposa bekommt einen Anfall.« Er zog ein Taschentuch aus seinem Jackett und schneuzte sich. »Ich hab mich erkältet«, brummte er und wedelte mit dem Taschentuch, als wollte er es Vito beweisen. Clemenza war ein stämmiger Mann mit rundem Gesicht undhoher Stirn. Sein korpulenter Körper ruhte in einem Ledersessel neben Genco. Zwischen ihnen stand ein Tischchen mit einer Flasche Anislikör und zwei Gläsern.
Tessio, der Vierte im Zimmer, stand vor einem der Fenster und schaute auf die Hughes Avenue hinaus. »Emilio hat einen seiner Jungs zu mir geschickt.«
»Zu mir auch«, sagte Clemenza.
Vito sah überrascht drein. »Glaubt Emilio Barzini etwa, wir würden seinen Whisky klauen?«
»Nein«, erwiderte Genco. »So dumm ist Emilio nicht. Giuseppe glaubt, dass wir seinen Whisky klauen, und Emilio glaubt, dass wir vielleicht wissen, wer dahintersteckt.«
Vito strich sich mit dem Handrücken übers Kinn. »Wie schafft es jemand, der so dumm ist« – er meinte Giuseppe Mariposa –, »so erfolgreich zu sein?«
»Emilio arbeitet für ihn«, antwortete Tessio. »Das hilft.«
»Ja, die Barzini-Brüder arbeiten für ihn«, bestätigte Clemenza, »und außerdem die Rosato-Brüder, Tomasino Cinquemani, Frankie Pentangeli
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