Die Corleones
weiter.«
Vito zündete seine Zigarre an und wandte sich an Tessio. Im Erdgeschoss rief eine der Frauen etwas auf Italienisch, und einer der Männer rief zurück, was lautes Gelächter auslöste.
Tessio drückte seine Zigarette in dem schwarzen Aschenbecher auf dem Fenstersims aus. »Giuseppe hat keine Ahnung, wer ihm den Whisky klaut. Er droht uns, aber er wird abwarten, was passiert.«
Genco stand kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. »Vito, das ist eine ganz klare Botschaft! Wenn wir von ihm stehlen, solltenwir besser damit aufhören. Wenn nicht, sollten wir besser herausfinden, wer dahintersteckt, und dem ein Ende machen – in unserem eigenen Interesse. Seine Capos wissen, dass wir nicht so dumm sind, uns wegen ein paar Dollar mit ihnen anzulegen, aber sie wollen sich auf die Sache mit LaConti konzentrieren, und wir sollen währenddessen die Drecksarbeit für sie machen. So müssen sie sich nicht darum kümmern, und ich würde wetten, dass die Barzinis auf diese Idee verfallen sind.« Er holte eine Zigarre aus seiner Jacketttasche, riss die Verpackung auf. »Vito, hör auf deinen Consigliere.«
Vito schwieg, bis Genco sich wieder beruhigt hatte. »Wir arbeiten jetzt also für Jumpin’ Joe Mariposa.« Er zuckte mit den Achseln. »Wie kommt es«, fragte er in die Runde, »dass niemand weiß, wer hinter diesen Überfällen steckt? Sie müssen den Whisky doch an jemand verkaufen, oder?«
»Sie verkaufen ihn an Luca Brasi«, sagte Clemenza, »und der verkauft ihn an die Speakeasys in Harlem.«
»Warum räumt Giuseppe dann nicht diesen Luca Brasi aus dem Weg?«
Clemenza und Tessio sahen einander an, als hofften sie, der andere würde zuerst reden. Schließlich war es Genco, der das Wort ergriff. »Luca Brasi ist ein Tier. Er ist groß, so stark wie zehn Mann und völlig verrückt. Mariposa hat Angst vor ihm. Alle haben Angst vor ihm.«
»
Il diavolo!
«, sagte Clemenza. »Vinnie Suits schwört, er habe gesehen, wie Brasi aus nächster Nähe einen Schuss ins Herz einsteckte und einfach aufgestanden und weitergelaufen ist, als sei nichts geschehen.«
»Ein Dämon aus der Hölle«, sagte Vito und lächelte, als würde ihn das amüsieren. »Wie kommt es, dass ich von diesem Kerl bisher noch nichts gehört habe?«
»Er ist nur ein kleiner Gauner«, erwiderte Genco. »Mehr als vier, fünf Leute hat der nicht. Die haben sich auf Raubüberfälle spezialisiert, und dann haben sie noch die Lotterie am Laufen, die sie den Iren abgenommen haben. Bisher hat er kein Interesse gezeigt, seinen Einflussbereich zu vergrößern.«
»Wo macht er seine Geschäfte?«, fragte Vito.
»Im irischen Viertel zwischen der Zehnten und Elften und oben in Harlem«, antwortete Tessio.
»Also gut.« Vito nickte, um anzudeuten, dass die Diskussion damit beendet war. »Ich werde mich um diesen
demone
kümmern.«
»Vito«, sagte Genco, »Luca Brasi ist niemand, mit dem man vernünftig reden kann.«
Vito wandte sich zu Genco um, blickte jedoch geradewegs durch ihn hindurch.
Genco ließ sich nach hinten gegen die Lehne fallen.
»Sonst noch etwas?« Vito schaute auf seine Taschenuhr. »Das Abendessen wartet bereits auf uns.«
»Ich hab furchtbar Hunger«, sagte Clemenza, »aber ich kann nicht bleiben. Meine Frau hat ihre Familie eingeladen.
Madre ’Dio!
« Er schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.
Genco musste laut lachen, und sogar Vito konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Clemenzas Frau war genauso schwergewichtig wie er, und sie hatte in ihrer Ehe eindeutig die Hosen an. Ihre Familie war dafür bekannt, dass sie gerne herumschrie und sich über alles Mögliche heftige Wortwechsel lieferte, von Baseball bis Politik.
»Eine Sache noch«, sagte Tessio. »Wenn wir schon bei den Iren sind. Ich hab gehört, dass sich da eine Gruppe herausbildet. Die O’Rourke-Brüder sollen sich mit den Donnellys und Pete Murray getroffen haben und noch mit ein paar anderen. Ihnen passt nicht, wie sie aus ihren alten Geschäften gedrängt wurden.«
Vito tat das mit einer Kopfbewegung ab. »Die einzigen Iren, um die wir uns Sorgen machen müssen, sind Cops und Politiker. Die Leute, von denen du da sprichst, das sind Straßenschläger. Wenn die versuchen, sich zu organisieren, lassen sie sich eh nur volllaufen und bringen sich gegenseitig um.«
»Trotzdem«, beharrte Tessio. »Das könnte ein Problem werden.«
Vito warf Genco einen fragenden Blick zu.
»Behalt sie erst mal im Auge«, sagte Genco zu Tessio. »Wenn du sonst noch was
Weitere Kostenlose Bücher