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Die Corleones

Die Corleones

Titel: Die Corleones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Edward; Puzo Falco
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ersten Gang ein.
    »Wohin fährst du?«, fragte Clemenza.
    »Ich bin in einer halben Stunde wieder da«, erwiderte Vito. Er kurbelte das Fenster hoch und bog auf die Baxter Street ein.
     
    Willie O’Rourke hielt eine Tümmlertaube in der linken Hand, strich vorsichtig über ihr Gefieder und betrachtete sie eingehend. Er kniete vor dem Taubenschlag, hinter sich das Dachgesims und rechts vor sich die Tür, die ins Haus hinunterführte. Durch das Drahtgeflecht des Käfigs konnte er einen Liegestuhl aus Tuch und Holz sehen, der neben der Tür stand und in dem er vor einpaar Minuten noch in der Kälte gesessen und den Schleppdampfern dabei zugeschaut hatte, wie sie einen Frachter den Fluss hinaufzogen. Der Tümmler gehörte zu seinen Lieblingen, ein grauer Vogel mit einer schwarzen Maske. Manchmal, wenn er flog, löste er sich plötzlich von dem Schwarm, ließ sich fallen wie ein Stein, fing sich wieder und kehrte zu den anderen zurück. Willie beobachtete das gerne, wartete geradezu auf dieses »Tümmeln«, das dieser Art den Namen gab, und noch immer machte sein Herz jedes Mal einen Satz. Jetzt beendete er seine Untersuchung und setzte den Vogel wieder zurück in den Schlag zu den anderen. Dann warf er noch etwas frisches Stroh auf den Boden, damit der Schwarm in der bitteren Kälte nicht erfror. Als er damit fertig war, setzte er sich, in seinen Mantel gehüllt, auf den Dachsims. Ein beißender Wind blies die Straße entlang und über die Dächer.
    Während ihm der Wind um die Ohren pfiff, nahm er sich einen Moment Zeit, um nachzudenken. Donnie lag wie tot unten im Schlafzimmer – seine Blindheit und Kellys Tod waren mehr, als er ertragen konnte. Doc Flaherty sagte, er sei eben niedergeschlagen und würde mit der Zeit schon darüber hinwegkommen, doch Willie bezweifelte das. Donnie redete kaum mehr ein Wort und er siechte dahin. Alle glaubten, das läge vor allem an seiner Blindheit, aber Willie war anderer Meinung. Nachdem Donnie sein Sehvermögen verloren hatte, war er eine Zeitlang furchtbar wütend gewesen und dann zunehmend mürrischer geworden – aber erst, als er von Kellys Tod erfahren hatte und von der Art und Weise, wie sie gestorben war, war alles Leben aus ihm gewichen. Seither hatte er kein Dutzend Worte mehr gesprochen. Tag und Nacht lag er schweigend in seinem dunklen Schlafzimmer. Der einzige Unterschied zwischen Donnie und einer Leiche, fand Willie, bestand darin, dass Donnie noch atmete.
    Als Willie sich vom Dachsims erhob und umdrehte, saß Luca Brasi in dem Liegestuhl. Er hatte ihm den Rücken zugewandt, und einer seiner Kumpane bewachte, die Pistole in der Hand, die Tür. Erst konnte Willie nicht fassen, was er da sah, denn er hatterein gar nichts gehört, doch dann wurde ihm klar, dass der Wind wohl alles übertönt hatte. Von Luca konnte er nur den Fedora sehen und einen weißen Schal, den er sich um den Hals gewickelt hatte, aber es gab keinen Zweifel, das war Luca Brasi. Unter seinem massigen Körper sah der Liegestuhl aus wie ein Spielzeug. Und der Kerl an der Tür war derjenige, dem Willie in die Hand geschossen hatte. Er erkannte ihn von dem Überfall auf die Bank.
    Willies Blick schweifte zu den schwarzen Bögen der Feuerleiter auf der anderen Seite des Daches hinüber und wieder zurück zu dem Mann an der Tür, der die Hände vor dem Bauch überkreuz hielt, einen silberglänzenden Revolver, der aussah wie aus einem Tom-Mix-Western, in der behandschuhten Rechten. »Was willst du?«, rief Willie über den Wind hinweg.
    Luca stemmte sich aus dem Stuhl hoch und drehte sich um. Mit einer Hand hielt er den Kragen seines Mantels zu, die andere hatte er in der Tasche.
    Willie wurde sich erst bewusst, dass er rückwärts ging, als er gegen den Dachsims stieß. Luca sah aus wie eine Leiche – sein Gesicht war grau und hing an einer Seite herunter, wie bei jemandem, der einen Schlaganfall gehabt hatte. »Himmel noch mal«, sagte Willie und lachte. »Du siehst aus wie Boris Karloff in
Frankenstein
.« Er fasste sich an die Augenbrauen. »Vor allem deine Affenstirn.«
    Luca fuhr sich mit der Hand über die herabhängende Wange, als dächte er über Willies Urteil nach.
    »Was willst du?«, fragte Willie noch einmal. »Hast du nicht schon genug getan? Wegen dir ist Donnie blind, und Kelly hast du ermordet, du verdammter Dreckskerl!«
    »Aber du … hast auf mich … geschossen«, sagte Luca und schob die Hand zurück in die Tasche. »Du hast gesagt … dass du das nächste Mal … nicht

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