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Die Corleones

Die Corleones

Titel: Die Corleones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Edward; Puzo Falco
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danebenschießt.« Lucas Blick schweifte kurz zu Paulie an der Tür, als wäre ihm gerade erst eingefallen, dass er da war. »Aber bisher«, fuhr er fort und wandte sich wieder zu Willie um, »gab es kein … nächstes Mal. Was ist passiert? Sind deine Jungs … nervös geworden?«
    »Ich scheiß auf dich!«, sagte Willie und schritt auf Luca zu, bis er direkt vor ihm stand. »Ich scheiß auf dich und deine tote Mutter und dein verbranntes Kind und die ganzen degenerierten Makkaronis, die sich deine Freunde nennen. Und ich scheiß auf Kelly, die so dumm war, sich mit dir einzulassen.«
    Lucas Hand schoss aus der Tasche und packte Willie an der Gurgel. Er hob ihn hoch, als wäre er eine Puppe. Willie zappelte mit den Armen und Beinen, trat und schlug nach Luca, doch der große Mann schien es nicht einmal zu spüren. Luca drückte immer fester zu, bis Willie kurz davor stand, das Bewusstsein zu verlieren, und ließ ihn dann zu Boden fallen, wo er auf allen vieren landete und keuchend nach Luft schnappte.
    »Die sind hübsch«, sagte Luca und schaute zum Taubenschlag hinüber. »Die Vögel. Wie sie fliegen«, fügte er hinzu. »Sie sind hübsch.« Er kniete sich neben Willie und flüsterte: »Du weißt … warum ich dich … töten werde … Willie? Weil du ein lausiger Schütze bist.« Er schaute zu, wie Willie seinen Mantel aufknöpfte und versuchte, ihn auszuziehen, als könnte er dann besser atmen. Schließlich packte Luca Willie am Hemdkragen und am Hosenboden, trug ihn zum Sims und schleuderte ihn über der Tenth Avenue in die Luft. Willie breitete die Arme aus, und sein Mantel zeichnete sich schwarz vor dem blauen Himmel ab. Einen kurzen Augenblick hätte man meinen können, er würde fliegen, doch dann verschwand er, und Luca bedeckte das Gesicht mit den Händen, bevor er sich umdrehte. Paulie hielt bereits die Tür zum Treppenhaus auf und wartete auf ihn.
     
    Vito bog mit dem Lieferwagen in die Gasse hinter dem Lagerhaus, hielt am Ende der Reihe und schaltete den Motor aus. Der Tag war kalt und windig, der blaue Himmel von weißen Wolkenfetzen übersät. Vito hatte einen kleinen Ausflug zum East River unternommen, an einer ruhigen Stelle unter der Williamsburg Bridge geparkt und zwanzig Minuten lang die graublaue Wasseroberfläche betrachtet, auf der sich das Sonnenlicht spiegelte. Dabei hatte er über sein Gespräch mit Sonny nachgedacht, und ein paarSätze hatten sich seinem Gedächtnis dauerhaft eingebrannt:
Du bist ein Gangster. Du bist ein Mafioso. Du bringst Leute um.
Innerlich war er so aufgewühlt, dass es ihm fast den Magen umdrehte. Seine Finger zuckten, er musste blinzeln, und ein Schauder lief ihm den Rücken hinunter. Also blieb er so lange in dem Lieferwagen sitzen und schaute auf das Wasser hinaus, bis ein friedlicher, bedachter Zorn die Oberhand über das gewonnen hatte, was aus ihm hervorzubrechen drohte. Für einen Moment glaubte er, seine Augen wären feucht geworden, aber er hatte keine Tränen mehr vergossen, seit er Sizilien verlassen hatte, weder aus Angst noch vor Wut oder Schmerz, und er würde jetzt nicht damit anfangen. Das Wasser beruhigte ihn – für seine Vorfahren war es lebenswichtig gewesen, und etwas von diesem Wechselverhältnis war über Tausende von Jahren hinweg auch auf ihn gekommen. Während seiner Fahrt nach Amerika hatte Vito, ein kleiner Junge unter zahllosen Fremden im Bauch des Ozeandampfers, Tag und Nacht auf den Ozean hinausgeschaut. Da er seine Familie nicht anständig hatte begraben können, hatte er sie in Gedanken beigesetzt. Er hatte das Meer angestarrt und seelenruhig gewartet – in dem Bewusstsein, dass er schon wissen würde, was zu tun sei, wenn es so weit war. Und jetzt saß er, während der Verkehr über ihm die Brücke erzittern ließ, im Führerhaus seines Lieferwagens und wartete wieder. Sonny war noch jung. Ihm fehlte es an Erfahrung. Er war Vitos Fleisch und Blut, das ja, aber er war auch zu töricht, um zu begreifen, was für eine Entscheidung er da fällte – zu jung und nicht klug genug.
Also gut
, hatte Vito schließlich zu sich selbst gesagt,
für jeden hält das Schicksal etwas anderes bereit
. Er hatte jedes einzelne Wort laut ausgesprochen, mit einer Mischung aus Zorn und Einsicht in den Lauf der Dinge, und schließlich hatte er den Motor angelassen und war zur Hester Street zurückgefahren.
    Im Lagerhaus rief er auf dem Weg zu seinem Büro nach Clemenza, und der Name wurde, während Vito die Bürotür hinter sich schloss und am

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