Die Corleones
ist er sauer auf mich.«
Eileen neigte den Kopf. »Heißt das, er arbeitet nicht mehr mit dir zusammen?«
»Genau. Jeder geht jetzt seinen eigenen Weg.«
»Wie das?«
»Das ist eine lange Geschichte.« Sonny rückte seinen Hut zurecht. »Aber richte Cork bitte aus, dass ich ihn sehen möchte. Nicht mehr mit ihm zu reden … Wir sollten uns eben mal wieder unterhalten. Richte ihm aus, dass ich deswegen nach ihm gesucht habe.«
Eileen musterte ihn eingehend. »Heißt das, dass Cork sein Geld nicht mehr auf dieselbe Art und Weise verdient wie du?«
»Ich hab keine Ahnung, was Cork jetzt treibt.« Sonny streckte die Hand nach dem Türknauf aus. »Was auch immer es ist – wir arbeiten nicht mehr zusammen.«
»Der heutige Tag ist voller Überraschungen, was?« Eileen umfasste Sonnys Taille, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Abschiedskuss. »Das war wirklich schön, Sonny. Aber es wird nicht wieder passieren. Nur damit du’s weißt.«
»Zu schade.« Sonny beugte sich vor, als wollte er sie küssen, doch sie trat einen Schritt zurück. »Na gut – aber vergiss nicht, was du Cork ausrichten sollst.« Damit ging er hinaus und zog leise die Tür hinter sich ins Schloss.
Als er auf die Straße trat, war das Gewitter abgezogen. Der Gehsteig war frei von Schmutz und Abfällen, die Eisenbahnschienen funkelten. Sonny warf einen Blick auf seine Armbanduhr undüberlegte, was er als Nächstes tun sollte. Dann fiel es ihm wieder ein – wie in einem Zeichentrickfilm leuchtete in seinem leeren Kopf eine Glühbirne auf: In ein paar Minuten fand in dem Lagerhaus in der Hester Street eine Besprechung statt, bei der er unbedingt dabei sein musste. »
V’fancul’ «
, sagte er laut und rechnete in Gedanken rasch nach, wie lange er bei dem Verkehr bis dorthin brauchen würde. Wenn er Glück hatte, würde er nur zehn Minuten zu spät kommen. Er schlug sich auf die Stirn und rannte um die Ecke zu seinem Wagen.
Vito trat vom Schreibtisch zurück und wandte Sonny, der gerade zur Bürotür hereinkam und Entschuldigungen stammelte, den Rücken zu. Er starrte seinen Fedora und das Jackett an, die am Garderobenständer hingen, und wartete, bis Sonny den Mund hielt, doch dafür musste Clemenza ihn erst anschnauzen, er solle sich hinsetzen und still sein. Schließlich wandte Vito sich um und ließ den Blick über die Anwesenden schweifen. Seinem Unmut über Sonny machte er mit einem tiefen Seufzer Luft. Sonny saß rittlings auf einem Stuhl neben der Tür, die Arme auf die Lehne gestützt. Er sah Vito über die Köpfe von Genco und Tessio hinweg erwartungsvoll an. Clemenza, der auf einem Aktenschrank saß, zuckte mit den Achseln, als wollte er sagen:
Was will man da machen?
Draußen blitzte und donnerte es kurz hintereinander, ein weiteres Frühlingsgewitter zog über die Stadt hinweg. Vito nahm seine Manschettenknöpfe ab und krempelte die Ärmel hoch, während er sprach. »Mariposa hat alle Familien in New York und New Jersey zu einem Treffen zusammengerufen.« Ein Blick zu Sonny sollte deutlich machen, dass er das für ihn wiederholte. »Um seine lauteren Absichten zu zeigen, findet das Treffen an einem Sonntagnachmittag in Saint Francis in Midtown statt.« Vito hielt inne und lockerte seine Krawatte. »Keine schlechte Idee, das muss man ihm lassen. Aber«, fügte er mit einem Blick zu Tessio und Clemenza hinzu, »das wäre nicht das erste Mal, dass Leute in einer Kirche umgebracht werden. Ich möchte, dass eure Jungs sich in der Nähe aufhalten, überall in der Gegend, auf denStraßen, in Restaurants, wo sie schnell zu erreichen sind, sollte es sich als nötig erweisen.«
»Geht klar«, sagte Tessio und klang dabei mürrischer als sonst.
»Das ist einfach«, sagte Clemenza. »Kein Problem, Vito.«
»Zu diesem Treffen«, fuhr Vito an Sonny gewandt fort, »werde ich Luca Brasi als Leibwächter mitnehmen. Und ich möchte, dass du Genco als Leibwächter begleitest.«
»In Ordnung, Pa«, erwiderte Sonny und kippelte mit dem Stuhl nach vorne. »Geht klar.«
Clemenza schoss das Blut ins Gesicht.
»Du wirst die ganze Zeit hinter Genco stehen und nichts sagen.« Vito betonte jedes Wort, als wäre Sonny ein wenig dumm, weshalb man mit ihm besonders langsam reden musste. »Hast du das begriffen? Sie wissen schon, dass du mit im Geschäft bist. Jetzt möchte ich ihnen in aller Deutlichkeit zeigen, dass du mir nahestehst.«
»Ich hab’s kapiert, Pa. Wirklich.«
»
V’fancul’!
«, rief Clemenza und hob die Faust.
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