Die Corleones
ganz pünktlich zu sein.« In dem Moment bogen Richie und Genco um die Ecke der Seventh Avenue und kamen auf den Wagen zugelaufen. Richie hatte sich den Fedora tief in die Stirn geschoben und den Kragen seines Mantels hochgeschlagen, während sich Genco unter einen schwarzen Regenschirm duckte. Beide Männer ließen den Blick über die umliegenden Gebäude schweifen,suchten die Eingänge und Gässchen ab. Neben dem massigen Richie Gatto wirkte Genco so dürr wie ein Strichmännchen.
»Alles in Ordnung«, sagte Richie, während er hinters Steuer glitt und den Motor anließ.
»Clemenza und Tessio?«, fragte Vito.
»Sind auf ihren Plätzen«, erwiderte Genco. Er stieg hinten ein, und Vito rutschte dichter an Luca heran. »Wenn es da drin irgendwie unruhig wird …« Genco neigte den Kopf leicht zur Seite, eine Geste, die nahelegte, dass Clemenza und Tessio das zwar mitbekommen würden, aber vermutlich nicht mehr rechtzeitig würden eingreifen können.
»Sie haben ihre Jungs dabei«, sagte Richie und tat damit Gencos Sorgen ab. »Wenn es Ärger gibt, sind wir gut vorbereitet.«
»Es wird keinen Ärger geben«, sagte Vito. »Das sind alles nur Vorsichtsmaßnahmen.« Er schaute neben sich zu Luca, der ein wenig abwesend wirkte, tief in Gedanken versunken, soweit er dazu noch in der Lage war. Auf dem Vordersitz zog Sonny seine Krawatte gerade, sein Gesichtsausdruck irgendetwas zwischen Missmut und Wut. Er hatte den ganzen Morgen noch keine drei Worte gesagt. »Santino, du bleibst hinter Genco und hältst die Augen offen«, erklärte Vito noch einmal. »Bei diesem Treffen wird sich jeder jeden genau anschauen. Was wir sagen, was wir tun, was für einen Eindruck wir machen – das ist alles sehr wichtig. Kapiert?«
»Klar«, sagte Sonny. »Du willst, dass ich den Mund halte, Pa. Schon verstanden.«
Ohne sich zu rühren oder eine Miene zu verziehen, sagte Luca Brasi: »Mund zu – Augen auf.«
Sonny warf einen Blick über die Rücklehne. Neben ihnen auf der Straße hatte sich vor einer roten Ampel eine Schlange aus Pkws und Lieferwagen gebildet. Der Regen hatte nachgelassen – jetzt nieselte es nur noch, und ein leichter Nebel lag über allem. Als die Ampel grün wurde und der Verkehr sich wieder in Bewegung setzte, wartete Richie eine Lücke ab und fuhr auf die Sixth Avenue. Kurz darauf hielt er in der Straße vor dem Kirchhof von Saint Francis hinter einem schwarzen Buick. Ein großer, fetterMann in einem leuchtend blauen dreiteiligen Anzug, der ihm zwei Nummern zu eng war, wartete am Steuer des Buick, den Ellenbogen aus dem Fenster geschoben. Im Garten vor der Kirche unterhielten sich Carmine Rosato und Ettore Barzini mit ein paar Streifenpolizisten. Einer der Polizisten sagte etwas, worauf die anderen drei Männer laut lachten, dann geleitete Carmine sie aus dem Kirchhof hinaus, eine Hand auf der Schulter jedes Polizisten. Richie, der um den Essex herumgegangen war, um Genco die Tür zu öffnen, winkte Carmine und rief seinen Namen. Die Polizisten blieben stehen und beobachteten, wie Genco und Vito ausstiegen, und schlenderten dann weiter, nur um erneut stehen zu bleiben, als sie Luca Brasi aussteigen sahen. Ettore, der Carmine auf den Gehsteig gefolgt war, klopfte einem der Polizisten auf die Schulter, damit sie sich wieder in Bewegung setzten. Carmine trat zu Richie, Genco und Vito. Auf dem Kirchhof näherten sich einige von Emilio Barzinis Männern dem Tor und beobachteten, wie sich Luca und Sonny zu den Männern auf dem Gehsteig gesellten. Barzinis Männer sahen einander an und verschwanden dann Richtung Kirche.
Carmine beugte sich zu Richie hinüber. »Ihr wollt Luca Brasi da mit reinnehmen?«, fragte er, als würde Luca nicht direkt hinter ihm stehen.
»Yeah«, erwiderte Richie mit einem breiten Grinsen. »Warum, meinst du, ist er sonst hier?«
»
V’facul’!
« Carmine griff sich an die Stirn und senkte den Blick. Sonny trat wütend einen Schritt vor, als wollte er etwas zu Carmine sagen, riss sich dann aber zusammen und rückte stattdessen nur seinen Hut zurecht.
»Wir werden nass«, sagte Vito, und Genco öffnete hastig seinen Regenschirm und hielt ihn Vito über den Kopf.
Carmine Rosato wandte sich zu Vito um und sagte: »In eine Kirche?« Offenbar war er der Meinung, dass Luca Brasi in einem Gebäude, das der Andacht gewidmet war, nichts verloren hatte.
Vito schritt auf den Kirchhof. Hinter sich hörte er Carmine sagen: »Richie,
mi’ amico
, Tomasino ist da drin. Er wird ausrasten.«Luca, der
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