Die Creeds: Wenn ein Herz nach Hause kommt (German Edition)
sich abtrocknete und seinen Morgenmantel anzog. Der Gedanke ließ ihn lächeln.
Und er weckte in ihm den Wunsch, sie festzuhalten und ihre Haut auf seiner zu spüren. Doch dieser Wunsch hatte mehr mit der Gewissheit zu tun, dass Melissa unversehrt war, und weniger mit dem Verlangen nach Sex.
Im Flur liefen sie sich ein paar Minuten später über den Weg.
„Ich setze Kaffee auf“, sagte sie.
„Gute Idee“, meinte er.
Eine Viertelstunde später war er vom Duschen zurück und setzte sich zu ihr an den Küchentisch, den die Möbelpacker aus seiner Wohnung in Denver hergeschafft hatten. Er wirkte für ein Ranchhaus zu modern und war im Verhältnis zur Größe der Küche viel zu klein. Aber das störte ihn nicht, denn das Wichtigste war, dass es Melissa gut ging.
Sie drehte sich zu ihm um, als er hereinkam. Ein Blick in ihr Gesicht genügte ihm, um zu wissen, dass ihr Gehirn auf Hochtouren lief. Das war umso erstaunlicher, wenn man berücksichtigte, was sie an diesem Abend durchgemacht hatte.
„Bin gleich wieder da“, sagte er und hörte sich etwas schroff an. Er nahm den Wagenschlüssel für das Wohnmobil vom Haken und ging nach draußen, wobei er Zeke mitnahm. Während der Hund schnuppernd über den Hof lief und sein Bein an einem alten Wagenrad hob, das halb in der Erde vergraben war, schloss Steven das Wohnmobil auf. Auf dem Bett im Schlafzimmer lagen zwei geöffnete Koffer, aber zum Auspacken waren Davis und Kim noch nicht gekommen.
Steven wählte eine Jeans und ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Lonesome Bend Pioneer Days“ aus, ließ jedoch die Finger von der Unterwäsche. Es war davon auszugehen, dass eine Frau genauso ungern die Unterwäsche einer anderen Frau anziehen wollte, wie es unter Männern der Fall war.
Nein, Melissa würde ohne Unterwäsche auskommen müssen – eine Tatsache, die ihm zu seinem Erstaunen abermals ein Lächeln entlockte.
Er kehrte ins Haus zurück, Zeke folgte ihm dicht auf den Fersen. Melissa nahm die Kleidung kommentarlos entgegen, stand auf und zog sich wieder ins Badezimmer zurück. Als sie fertig angezogen zu ihm in die Küche kam, stellte Steven ihr gerade einen Becher mit frischem Kaffee hin. Sie nahm ihn an sich und inhalierte genießerisch das köstliche Aroma.
Kim war etwas größer als Melissa, weshalb Jeans und T-Shirt zwei Nummern zu groß waren, doch das schien sie nicht zu stören. „Und jetzt?“, fragte sie, nachdem sie sich wieder hingesetzt hatte.
Zeke trottete zu ihr und legte den Kopf auf ihren Schoß, als wolle er sie trösten.
„Tom wird unsere Aussage aufnehmen wollen“, sagte Steven, auch wenn er sich sicher war, dass ihre Frage nur rhetorisch gemeint war. „Vielleicht noch heute Nacht, vielleicht auch erst morgen.“ Er drehte einen Stuhl zu sich herum und setzte sich umgekehrt darauf, sodass er die Arme auf der Rückenlehne abstützen konnte. „Wir sind schließlich Augenzeugen, Frau Anwältin.“ Und ich habe einen Menschen getötet, fügte er stumm hinzu.
Ihre Augen blitzten kurz auf. „Das
weiß
ich“, gab sie zurück. „Ich dachte bei der Frage an uns.“
Unwillkürlich verzog er den Mund zu einem Grinsen. „Es ist noch nicht so lange her, da hat mir eine Frau sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass es kein ‚uns‘ gibt.“
Melissa setzte sich etwas gerader hin, mit einer Hand hielt sie die Tasse fest, mit der anderen streichelte sie über Zekes Kopf. „Das war, bevor diese Frau … bevor ich … erkannt habe, wo meine Prioritäten liegen. So was passiert, wenn man glaubt, dass man jeden Moment stirbt.“
Steven nickte. Sein Herzschlag beschleunigte sich, wovon sie natürlich nichts wusste – was seiner Meinung nach auch gut so war.
„Wo liegen
deine
Prioritäten, Steven?“, wollte sie wissen.
Mit seiner Antwort ließ er sich Zeit, auch wenn er sie eigentlich hätte herunterrasseln können. „Matt. Seine Gesundheit, sein Glück, seine Freiheit, danach meine eigene, die meiner Familie und aller anderen. Das Wissen, wenn ich mich abends schlafen lege, dass ich am Tag das Richtige getan habe, auch wenn es nicht so ausgegangen ist, wie ich es mir erhofft habe.“ Er machte eine Pause. „Und was ist mit deinen Prioritäten, Melissa?“
„An oberster Stelle stehen die Menschen, die mir am wichtigsten sind“, entgegnete sie, nachdem sie mehrmals an ihrem Kaffeebecher genippt hatte. „Das Gesetz ist mir wichtig, denn ohne gesellschaftliche Ordnung stecken wir alle in ernsten Schwierigkeiten.“ Sie schaute zu Zeke und
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