Die Creeds: Wenn ein Herz nach Hause kommt (German Edition)
geschlagen haben, würde das nicht ohne Folgen bleiben.
Betroffen schilderte er die Ereignisse der letzten Nacht aus seiner Sicht. Er war routinemäßig auf Patrouille gewesen, als er im Stadtpark jemanden entdeckt hatte, der sich am Podium herumtrieb. Er war mit der Taschenlampe in der Hand in den Park gegangen, um sich dort umzusehen. Carter verhielt sich ihm gegenüber ziemlich überheblich, doch es war nichts Ernstes. Dann ließ er sich im Polizeiwagen auf dem Beifahrersitz mitnehmen. Er trug keine Handschellen, und Pete spendierte ihm einen Hamburger mit Fritten bei McDonald’s. Pete fügte noch an, er habe überlegt, Nathan zu sich nach Hause zu bringen, damit er dort auf der Couch schlafen könne, sich aber wegen seiner Frau und der Kinder dagegen entschieden.
„Werden Sie ihn jetzt festnehmen?“, wollte Nathan wissen, kaum dass Pete fertig war.
„Nein“, erwiderte Melissa. „Nicht solange es keinen glaubwürdigen Zeugen gibt, der bestätigen kann, dass Deputy Ferguson Sie tatsächlich geschlagen hat.“
„Dann werde ich das ganze Büro verklagen!“, fauchte Nathan. „Ich will die ganze verdammte Stadt verklagen, weil meine Rechte hier mit Füßen getreten wurden!“
Melissa sah nicht Carter an, sondern Steven. „Versuch’s ruhig“, forderte sie ihn heraus.
„Jetzt gehen Sie schon“, sagte Steven zu dem jungen Mann, ohne Melissas Blick auszuweichen. Er holte seine Brieftasche aus dem Jackett und hielt Nathan ein paar Geldscheine hin.
Der zögerte kurz, riss Steven die Scheine aus der Hand und stürmte aus dem Büro. Elvis, der beim Wasserspender lag, gähnte laut und machte zum ersten Mal an diesem Morgen auf seine Anwesenheit aufmerksam. Anschließend schüttelte er sich so heftig, dass seine Ohren mit einem unüberhörbaren Klatschen gegen seinen Kopf schlugen.
Das setzte der Stille ein Ende, die herrschte, seit Nathan das Büro verlassen hatte.
„Geh nach Hause“, sagte Tom zu Pete.
„Ich bin doch jetzt nicht vom Dienst suspendiert, bis die Sache erledigt ist, oder?“, fragte der Deputy besorgt.
Tom schüttelte den Kopf. „Nein.“
Als Pete an Melissa vorbei nach draußen ging, warf er ihr einen verletzten Blick zu, während Tom sich an Steven wandte. „Ich würde sagen, Herr Anwalt, Ihre Arbeit ist zumindest für den Moment getan.“
Mit anderen Worten: Verschwinden Sie aus meinem Büro, dachte Melissa. Sie neigte dazu, ihm zuzustimmen.
Steven lächelte nur, nickte höflich und ging zur Tür. Eigentlich hätte Melissa viel lieber gewartet, bis sie sicher sein konnte, ihm nicht auf dem Flur in die Arme zu laufen. Doch in diesem Fall machte sie eine Ausnahme, weil sie auch keine Lust hatte, sich mit Tom zu befassen.
Steven wartete draußen auf sie, aber sie ignorierte ihn und ging wortlos an ihm vorbei. Er griff nach ihrem Ellbogen, um sie aufzuhalten, doch das brachte ihre Wut erst recht zum Schäumen.
„Ich kann es nicht fassen, dass du tatsächlich vorhast, diesen Abschaum zu vertreten!“, zischte sie ihm zu. Sie war so aufgebracht, dass ihr die Worte über die Lippen kamen, ohne dass sie es tatsächlich wollte. „Pete Ferguson würde nicht mal einer Fliege etwas antun, ganz zu schweigen von einem tätlichen Angriff auf einen Menschen. Und was Carter angeht …“
„Hey, hey, langsam!“, unterbrach Steven sie. „Jeder hat das Recht, sich von einem Anwalt beraten und vertreten zu lassen. Oder warst du in der Woche krank, als das in den Vorlesungen behandelt wurde?“
Entnervt riss sie sich von ihm los, da sie nicht in der Laune war, sich von ihm etwas sagen zu sagen. „Ja, ich weiß“, gab sie schroff zurück. „Jeder hat dieses Recht. Aber bevor du einen Mandanten annimmst, solltest du dir vielleicht die Mühe machen, etwas darüber herauszufinden, was für ein Typ er eigentlich ist.“
„Das ist völlig unwichtig“, hielt Steven ruhig dagegen. „Gesetz ist Gesetz.“
Sie wich einen Schritt zurück. „Pete Fergusons Vater war der Vorgänger des Sheriffs. Sein Großvater war dessen Vorgänger und sein Urgroßvater wiederum dessen Vorgänger. Die Fergusons gehören zu den anständigsten Leuten in dieser Gemeinde und …“
Steven beugte sich so weit vor, dass er sie fast mit der Nasenspitze berührte. „Darum geht es nicht, Frau Anwältin. Wenn Ihr Freund Deputy Ferguson Nathan Carter tatsächlich geschlagen hat, dann werde ich ihn dafür rankriegen.“
Einen Moment warfen sie sich gegenseitig finstere Blicke zu, dann machte Steven auf dem Absatz kehrt
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