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Die Crock-Expedition

Die Crock-Expedition

Titel: Die Crock-Expedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. McIntosh
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gewesen. Aber eine solche Chance existierte überhaupt nicht.
    Lybiden hatten es auf Blut abgesehen. Andere Geschöpfe ließen Gefangene leben und womöglich sogar frei. Doch Lybiden zerrissen die Kehle. Dann wandten sie sich den Pulsadern zu. Selbst im Zustand der Raserei verfehlten sie diese Reihenfolge nie, sie hielten sie instinktiv ein. Erst dann zerfleischten sie die kleineren Blutgefäße, das Herz und den Bauch.
    In der Gesellschaft eines im Blutrausch befindlichen Lybiden konnte man nicht länger als dreißig Sekunden überleben, es sei denn, man tötete ihn zuerst.
    Er kehrte zu dem Fenster zurück, durch das sie in die Bibliothek gelangt waren und von dem man über den Platz blicken konnte, und sah, daß das Feuer inzwischen das Ladengebäude erfaßt hatte, aus dem sie zuvor geflüchtet waren. Auch das bereitete ihm eine schwere Erleichterung, weil es bewies, daß es notwendig gewesen war, ihren ersten Zufluchtsort zu räumen. Es wäre zu grausam gewesen, nun feststellen zu müssen, daß sie dort ohne Gefahr hätten verbleiben können.
    Er ging ins Büro der Bibliothek zurück und verschloß die Tür.
    Das Mädchen sah ihn an, sagte jedoch nichts. Sein Zusammenbruch kam urplötzlich. Seit seinen Kinderjahren hatte er nicht mehr geweint. Doch der Gedanke, daß er Valerie für immer verloren hatte, war so überwältigend, erfüllte ihn mit solchem Grauen, daß er nicht länger die Beherrschung bewahren konnte; er begriff die Konsequenzen der neuen Tatsache, vor der er stand, Konsequenzen, die er im ersten Moment nicht zu erkennen vermocht hatte.
    Und er begriff etwas, das undenkbar gewesen wäre, solange Valerie lebte: nun, da ihm ein Dasein ohne Valerie bevorstand, würde er unanzweifelbar in den CHART-Dienst zurückkehren, so wie Clem Spring es unter ähnlichen Umständen getan hatte.
    Aber er hätte Valerie dem CHART-Dienst vorgezogen. Es war kein Opfer gewesen, es war ihm nicht schwergefallen, CHART zugunsten Valeries aufzugeben, für Valerie auf ein Raumfahrerleben zu verzichten und mit ihr ein Leben auf einem Planeten zu führen; indem er Valerie wählte, hatte er ein normales, aber erfülltes Leben gewählt.
    Alexandra zog ihn sanft an sich, und obwohl sie im Verhältnis zu ihm ein Kind war, begann er an ihrer Brust zu schluchzen. Dann rührte sie sich. Schon zuvor halbnackt, war sie gleich darauf völlig nackt. Er wollte protestieren, aus Ekel und Entsetzen, daß man ihn aufforderte, Valerie nur wenige Minuten nach ihrem schrecklichen Tod zu betrügen. Aber seine Gegenwehr blieb zu schwach. Das Mädchen bot ihm weibliche Geborgenheit; und er benötigte sie.
    Und er nahm sie.
     
    Blake mußte auch Alexandras Tod wiedererleben.
    Als das Feuer erloschen war, mußten sie feststellen, daß sie die einzigen Überlebenden waren. Sie fanden keine Menschen, keine Atonier, keine Lybiden.
    Alle Bostoner waren der Panik, den Atoniern, den Lybiden oder dem Feuer zum Opfer gefallen – oder, falls sie den Flammen entkommen waren, ebenfalls den Lybiden. Der tragische Aspekt: sie konnten nirgendwohin. Das Leben der Menschen auf Crock – die ganze Kolonie – war aus Sicherheitsgründen in Boston konzentriert worden. Wer Boston zu Fuß oder per Fahrzeug verlassen hatte, war höchstens vom Regen in die Traufe geraten. Boston war die einzige Stätte auf dem gesamten Planeten gewesen, an der weder Atonier noch Lybiden nach Belieben ihr Wesen oder Unwesen hatten treiben können.
    Wäre es jemandem gelungen, eine größere Entfernung zu überwinden, fünfzehn Meilen oder mehr, hätte er überlebt, weil der Wahnsinn, der die Eingeborenen zu überfallen pflegte, sich stets in regionalen Grenzen hielt. Aber anscheinend hatte es niemand versucht oder geschafft.
    Alle Atonier dieser Gegend waren tot; das allerdings war das übliche Resultat ihrer Amokläufe. Es schien, daß ein Atonier, den die Raserei gepackt hatte, niemals überlebte. Falls ihn kein anderer vom Leben zum Tode beförderte, machte er sich selber die Mühe.
    Die Lybiden litten nicht unter einer derartigen Erscheinung fanden sie kein Blut mehr und hatten sie ihren Blutrausch ausgetobt, beschränkten sie sich wieder auf ihr harmloses Vegetarierdasein. Doch da rings um die schwelende Asche Bostons auch der Stechginster meilenweit verbrannt war und verkohlte Leichen nicht ihren Beifall fanden, waren die Lybiden bis auf weiteres abgewandert.
    Zwei Tage nach dem Brand der Stadt begegneten Blake und Alexandra einem vereinzelten Atonier, der in den Trümmern einer

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