Die Cromwell Chroniken 02 - Grabes Hauch
Lippen.
„Klingt voll scheiße. Können wir nicht die Bösen sein?
„Nein, können wir nicht.“
„Wieso nicht? Das ist doch offenbar die Gewinnerseite …“
„Wir werden nicht die Bösen, weil sie böse sind, und das wollen wir nicht.“
„Wollen wir nicht?“
„Nein!“
„Und was tun wir gegen das Verlieren?“
Tamaras Augen blitzten amüsiert. Ein undeutbarer Ausdruck war darin erschienen. Flint verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. Er wusste, was jetzt kommen würde. Unsterblicher und Hexe würden sich einem rhetorischen Feuergefecht ergeben.
„Okay, also … das Jahr 2000 war Grund Nummer eins …“, hob Valerian an.
„Nicht das Jahr 2000, sondern das Millennium, das streng genommen erst 2001 begonnen hat“, wurde er von Cendrick unterbrochen.
„Egal! Was für einen Unterschied macht das heute, ob 2000 oder 2001 ... Eben! Gar keinen! Also, Tamara, was ist Grund Nummer zwei? Warum haben die Hexen das Ritual nicht gepackt?“
„Der zweite Grund ist, dass die Magie früher stärker war. Ihre Kraft hat stetig abgenommen. Das hängt damit zusammen, dass die Magie in Korrelation mit der rechten Gehirnhälfte steht und die rechte Gehirnhälfte sich heute – im Zeitalter von Computer und Technik – zugunsten der linken Gehirnhälfte zurückbildet.“
Während die Hexe sprach, hatte Flint plötzlich das unmissverständliche Gefühl, dass sie etwas verheimlichte.
Irgendetwas stimmt nicht …
Der Geisterseher wusste nicht, warum, aber er war sich völlig sicher, auch wenn die Ausführungen der WICCA als allgemeingültig angesehen werden konnten.
Sein Blick glitt zu den anderen Zirkelmitgliedern, doch denen schien nichts aufgefallen zu sein. Valerian warf Tamara gerade einen verstörten Blick zu, der Bände seiner Ahnungslosigkeit sprach. Diese musterte ihn missgünstig und ließ sich schließlich zu einer Erklärung herab.
„Also, die linke Gehirnhälfte steht in Verbindung zu deiner rechten Hand und ist unter anderem für Logik, Sprache und Urteilsvermögen zuständig. Die rechte Gehirnhälfte, die zu deiner linken Hand gehört, ist für deine intuitiven und kreativen Fähigkeiten zuständig. In deinem Fall also sowieso schon mickriger ausgeprägt …“
Sie lächelte geringschätzig.
Cendrick, der Tamaras Ausführungen mit anerkennendem Blick gefolgt war, brach in schallendes Gelächter aus.
„Ha, ha! Witzig!“, kommentierte der Unsterbliche trocken.
„Soll das etwa heißen, als die Menschheit noch ungebildet und ahnungslos war, war sie auch magisch begabter?“
Tamara runzelte die Stirn.
„Wenn du auf die schlechten Bildungsmöglichkeiten des einfachen Volkes anspielst, dann ja.“
Cendrick war immer noch am Lachen.
Valerian machte ein beleidigtes Gesicht und sprach weiter: „Das heißt also, heute muss man auch bloß ungebildet und ahnungslos sein, um ein richtig guter Magier zu werden?“
Nun war es an ihm, laut zu lachen, während Cendrick das Gesicht verzog.
„Schon gut, nicht weiter wichtig“, winkte Valerian ab und grinste breit.
Linda schüttelte tadelnd den Kopf. „Wenn ihr mit euren Kindereien fertig seid, können wir ja zum nächsten Kurs gehen.“
„Iff bin noch nicht müt dem Effen förtig.“
„Fein, aber beschwer dich nicht, wenn du Ärger bekommst, weil du wieder zu spät bist.“
„Jaaa, jaaa!“
Flint blieb ebenfalls noch sitzen. Er hatte es nicht eilig, zu Lichtenfels zu gehen, und er hatte das ungute Gefühl, dass Katharina auch später nicht mit ihm reden würde.
Der Nachmittagsunterricht begann – und mit ihm kam Professor Lichtenfels. Dieser äußerte mit Nachdruck sein Missfallen über den neuen Kursplan.
„Es ist mir gänzlich schleierhaft, wie der Rektor zu dem Entschluss kommen konnte, dass Psychologie und Magische Theorie von minderer Bedeutung seien, sodass man die Kurszeiten um die Hälfte kürzen könne! Ich werde mich dieser Schlussfolgerung verweigern! Die Talentierten unter Ihnen sollen weiterhin eine faire Chance haben, im Hauptstudium den Magische-Theorie-Kurs der zweiten Stufe erfolgreich zum Abschluss bringen zu können. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschlossen, dass ich die Kursinhalte nicht entsprechend dem Kursplan zurückkürzen werde. Sie werden in der halben Zeit den gleichen Stoff wie Ihre Vorgänger bewältigen müssen. Ein herausforderndes Unterfangen, bei dem ich sicher bin, dass die Engagiertesten unter Ihnen gewiss Erfolg haben werden.“
Nach diesem Vortrag hatte er eine Folie aufgelegt,
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