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Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer

Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer

Titel: Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Förster
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über 100 Jahren tot ist …“
    „… dann ist sie ein sehr mächtiges Wesen“, beendete Flint ihren Satz.
    Valerian verschränkte die Arme und sah von einer zum anderen. „Also gut, dann ist sie eben ein mächtiger Geist. Was für eine Rolle spielt das?“
    „Wie der Professor schon sagte, wissen die meisten Geister nicht, dass sie tot sind. Das heißt, dass sie – unbewusst – alles um sich herum so erschaffen, als würden sie noch leben.“
    Zum ersten Mal an diesem Tag fiel bei Valerian der Groschen. Das war Soziologie! Und Soziologie verstand er.
    „Sie akzeptieren nicht, dass sie nicht mehr Teil des Systems sind. Also erschaffen sie das System um sich herum neu. Damit ihre eigene Rolle die gleiche bleibt wie zu Lebzeiten …“
    Flint und Linda wechselten einen Blick, bei dem er nicht sagen konnte, ob sie von seinen Worten beeindruckt waren oder seine Ausführungen ausgesprochen dämlich fanden.
    „Ja, genau. Das ist ein Problem.“
    „Weshalb?“
    „Je mächtiger der Geist ist, desto realer ist die Erschaffung seines früheren Lebens – seines Systems, wenn du so willst.“
    Flint schien Experte zu sein, was Geister betraf. Er sprach locker und flüssig, als sei er es gewohnt, als Fachmann mit Geistern umzugehen.
    Komischer Kerl.
    „Dann erschaffen sie sich eben einen sehr realen Lieblingsteddy. Was soll’s?“
    Valerian genoss es mitunter, ignorant zu sein. In der Regel brachte das die Leute auf die Palme. Doch bei Flint war das weit gefehlt. Er war die Ruhe selbst – wie immer.
    „Nur, dass es eben nicht bei einem Lieblingsteddy bleibt. Manche Geister können ein komplettes Haus oder sogar einen ganzen Stadtteil um sich herum erschaffen. Verstehst du nicht, was für Ausmaße das annehmen kann?“
    „Nein, tut mir leid, das verstehe ich nicht. Ich sehe diesen Geist nicht. Was kümmert es mich dann, wenn er einen ganzen Stadtteil um sich herum erschafft, den ich dann auch nicht sehe.“
    „Aber so ist es nicht!“, begehrte Flint in einer (Valerian konnte es kaum fassen) leidenschaftlichen Manier auf. „Mächtige Geister erschaffen Realitäten um sich und diese sind nicht nur für die Geister real. Sie werden irgendwann selbst für dich real. Dann kannst du sie sehen und du kannst sie auch hören oder fühlen. Und je realer das ist, was sie schaffen, desto mehr verdrängt es die Wirklichkeit.“
    „Warte! Soll das heißen, dass ich durch eine harmlose Einkaufsstraße gehe und im nächsten Moment stehe ich dann im Dschungel, weil sich ein Geist dort eingenistet hat und den Dschungel so mag?“
    Flint verzog das Gesicht. Offenbar gefiel ihm das Beispiel nicht, doch er war erleichtert, dass Valerian sich langsam mit diesem Gedanken anfreundete.
    „Es ist theoretisch möglich, ja.“
    „Und ich sehe die Lianen?“
    „Richtig, ja“, nickte Flint bestätigend.
    „Und ich spüre den Stich eines Moskitos?“
    Valerians Gesicht verzog sich ungläubig.
    „Theoretisch kannst du sogar an Malaria sterben wegen dieses Stichs“, nickte Flint nochmals.
    „Das … klingt gar nicht mal so gut.“
    Valerian warf Linda einen Blick zu in der Hoffnung, dass jeden Moment jemand „April, April!“ rufen würde. Doch sie hatten September und vor ihm stand ein unsichtbarer, mächtiger, realitätsverändernder Geist. Alles in allem klang das schlecht. Sehr schlecht.
    Linda holte ihn wieder in das Hier und Jetzt zurück: „Das ist wirklich nicht gut, Valerian. Solche Geister sind eine große Bedrohung für uns. Es können nämlich nicht zwei Realitäten gleichzeitig an ein und derselben Stelle existieren. Das heißt, wenn der Geist stark genug ist …“
    „… bricht unsere Realität zusammen“, beendete Flint Lindas Satz.
    Sie nickte ernst.
    Valerian schwieg. Zum ersten Mal war er sprachlos. Am liebsten hätte er sie ausgelacht, weil sie ihm so einen Blödsinn erzählten, doch irgendwie wollte sich das Lachen nicht einstellen. Er sah in die Gesichter seiner Begleiter und entdeckte Besorgnis. Keinen Spaß.
    „Du hast es nicht für voll genommen, als Sir Fowler einen Kampf erwähnte, nicht wahr?“, fragte Linda leise.
    Benommen schüttelte der Unsterbliche den Kopf.
    Wie kann man das auch ernst nehmen? Wir reden hier von Geistern, verdammt!
    Fantasygeschichten hatten ihn nie interessiert, doch jetzt befand er sich in einer und wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Am meisten verunsicherte ihn, dass sich alle anderen darin wie zu Hause fühlten; von klein auf damit vertraut waren. Er strich sich

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