Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)
die Heiligkeit dieses Pilgerwegs völlig verloren geht“, scherzte sie.
Bei näherer Betrachtung bemerkte Katharina, dass die Menschen hier tatsächlich sehr in sich versunken schienen.
Nur ich steche heraus. Vermutlich fehlt es mir an Religiosität , dachte Cat, nicht ohne eine Spur Zynismus.
„Vielleicht ist es an der Zeit, von unserem einzigartigen Zustand Gebrauch zu machen? Lass uns überholen. Das können wir sicher tun, ohne unverschämt zu sein. Was hältst du davon?“
Die Studentin lächelte erlöst. „Ich würde sagen, dass ist eine sehr gute Idee.“
Kapitel 44
Graciano stand mit seinem Frühstückstablett in der Schlange.
„Oha, da hat sich jemand für ein Frühstück entschieden! Gratuliere!“, gluckste es plötzlich hinter ihm.
Graciano drehte den Kopf und sah Kai auf sich zukommen.
„Das könnte man so sagen, ja“, bestätigte der Student.
Auf Gracianos Tablett befanden sich zwei Brötchen, ein kleiner Würfel Butter und zwei Schälchen mit Marmelade.
Der Rotschopf beäugte das Essen aufmerksam.
„Na ja, wir sind noch nicht bei einem richtigen Schlemmermenü angekommen, aber immerhin kann man das hier zumindest als Frühstück bezeichnen.“
Graciano schmunzelte kurz. „Heißt das, ich habe die Essensprüfung bestanden?“, scherzte er.
„Sagen wir mal, du bist auf dem besten Weg und hast dir gerade ein paar Bonuspunkte verdient“, kam die feierliche Antwort.
Beide grinsten.
„Wie war deine Nacht?“, wollte Kai nun wissen. Nebenher versuchte er, möglichst unbemerkt seine vier Croissants auf Gracianos Tablett zu platzieren.
Er stellt sich dabei nicht unbedingt geschickt an.
Kai vermochte Graciano immer wieder zu amüsieren.
„Na ja, ich hab nicht wirklich viel geschlafen. Mir will einfach das Verhalten von manchen Patienten nicht einleuchten“, gestand der Student.
Der andere sah ihn neugierig ein. „Was meinst du?“
Sie hatten die Kasse erreicht und der junge Wächter reichte der Dame mit einem freundlichen Gruß seine Karte. Als er bezahlt hatte, setzten sich die beiden Männer an einen freien Tisch.
„Danke“, murmelte Kai und nahm einen großen Bissen von seinem Blätterteighörnchen.
Graciano schmierte sorgsam sein Brötchen, ehe er zu einer Antwort anhob.
„Ich meine damit: Wenn ich doch weiß, dass Rauchen schlecht für mich ist, und das weiß nun wirklich jeder, wieso mache ich es dann? Besonders dann, wenn ich dadurch einen Tumor bekommen habe, der mir meinen Körper wegfrisst … Das leuchtet mir einfach nicht ein. Viele der Patienten bekommen von ihren Ärzten ein Rauchverbot, doch kaum einer hält sich daran. Wenn ich auf den Balkon schaue, dann stehen sie fröhlich in einer Reihe und kleistern sich unbeirrt die Lungen mit Teer zu. Das ist doch … unmöglich!“
Kai gluckste amüsiert.
„Rauchen ist eine Sucht“, stellte er fest.
„Das ist mir bekannt.“
„Na, also! Dann ist doch alles klar.“ Verwundert sah er Graciano an.
„Es ist gar nichts klar. Wenn ich weiß, dass mich eine Droge mein Leben kosten wird, dann nehme ich sie einfach nicht.“
Kai lachte. „Wenn es so einfach wäre, dann sähe die Tabakindustrie alt aus. Schließlich spürt man beim Rauchen die Folgen nicht sofort und die meisten Leute haben einen Grund, warum sie damit anfangen. So lange der Grund da ist, nehmen sie das Zeug weiter. Seien es nun harte Drogen oder nur Zigaretten. Und wenn der Grund mal fort ist, dann haben sie sich schon so sehr an die abhängig machende Substanz gewöhnt, dass sie nicht mehr ohne sie können.“
„Wohl eher, weil sie meinen , nicht mehr ohne diese Substanz leben zu können“, hielt Graciano dagegen.
„Das kommt in dem Fall auf das Gleiche heraus. Sie konsumieren weiter. Und das Ende vom Lied sehen wir hier. Menschen sind eben schwach“, verkündete der Rotschopf unbekümmert.
„So einfach würde ich das nicht unterschreiben. Jeder Mensch hat das Potenzial, Außerordentliches zu vollbringen!“
„Und doch entscheiden sie sich immer wieder dafür, es nicht zu tun …“, beendete Kai den Gedankengang.
Den Pfleger schien das Thema in keinster Weise zu bekümmern. Zufrieden biss er in sein drittes Croissant und schmierte sogar noch etwas von Gracianos Marmelade darauf.
Der Student konnte diese Haltung einfach nicht verstehen.
„Wie kannst du das so locker sehen?“
„Hör mal: Hier sterben täglich Leute. Von den meisten, die hierherkommen, weiß man schon im Voraus, dass sie es nicht mehr lange machen. Wenn du das
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