Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)
gleiche Farbe wie das Gras hatten.
Elementare waren Naturgeister – zarte Wesen mit der Aufgabe des Schutzes und der Fürsorge für Pflanzen und Gewässer. Je intensiver sich ein Elementar um seine „Schutzbefohlenen“ kümmerte, desto strahlender erblühten die Beschenkten. Je mehr der Mensch jedoch die Natur zurückdrängte, desto weniger Lebensraum blieb den Elementaren und sie verkümmerten. Mittlerweile fand man sie nur noch in Wäldern oder liebevoll gepflegten Gartenanlagen. Wenn eine Hexe mit einem Elementar gemeinsame Sache machte, konnte sie wahre Wunder in ihren Blumenbeeten bewirken.
Tamara hatte noch nie dergleichen versucht. Dazu war sie einfach zu ungesellig. Doch jetzt erschien es ihr als der einzig gangbare Weg.
Wow, hätte nicht gedacht, dass das so leicht ist. Normalerweise muss man sich doch ewig auf diese kleinen Kerle einstimmen. Na ja, umso besser.
„Hey, Winzling! Tut mir leid. War keine Absicht.“
„Na dann: Kusch!“
Tamara erhob sich und setzte sich so, dass der Elementar wieder in der Sonne stand.
„So, besser?“
„Aaah, viel besser!“
Er reckte zufrieden sein Köpfchen in die Höhe.
„Sehr schön. Dann kannst du mir jetzt sicher ein paar Fragen beantworten.“
Schweigen.
„Hey, ich rede mit dir!“
„Schscht! Kannst du nicht mal ruhig sein? Ich will hier die Sonne genießen.“
„Ich will dich nur was fragen.“ Tamara hatte Mühe, den höflichen Tonfall beizubehalten. Der Kleine nervte sie.
„Nicht jetzt!“, quäkte der Elementar und ignorierte ihre Bitte.
So nicht, Witzfigur!
Tamara lehnte sich zur Seite, sodass ihr Schatten genau auf den Elementar fiel.
„Du! Was soll das? Das ist nicht komisch! Hör auf damit! Geh weg! Du weißt wohl nicht, dass die Sonne hier täglich nur ganz kurz hin scheint? Mach dich vom Acker!“
„Ehrlich gesagt, das interessiert mich nicht. Ich will ein paar Antworten – und du wirst sie mir geben. Oder ich sitze hier noch eine Weile rum. Überleg’s dir!“
Der Elementar fuhr sie wütend an. „Wer bist du eigentlich? Du warst früher nicht hier! Früher war es besser! Geh wieder weg! Los!“
Tamara machte schmale Augen. Der Knilch entwickelte sich langsam, aber sicher zu einem Ärgernis.
„Für deine Proportionen hast du ein erstaunlich lautes Organ“, bemerkte sie.
„Was? Organ? Was soll das denn sein? Ich hab kein vermaledeites Organ! Ich rede in deinem Kopf, du Dussel!“
„Vorsicht, Sportsfreund! Ich trample gleich das Gras auf diesem Platz nieder.“
Für einen Moment war der kleine Elementar sprachlos.
„Das kannst du nicht machen! Mein schönes Gras!“
„Interessiert mich nicht. Mich interessiert der See. Was ist mit dem passiert?“
Schweigen.
Elementare können also auch schmollen – wer hätte das gedacht?
„Antwortest du jetzt oder soll ich schon mal die schweren Stiefel holen?“
„Untersteh dich!“, keifte er erbost.
„Dann hör auf, dich so anzustellen!“
„Ich rede nicht mit dir! Du … Mensch-Ding! Du Organische! Du grässlicher Sonnenversperrling! Du Riese! Du Sauerstoffschlucker! Du Graszertrampler! Eindringlings-Dings! Du …“
„Okay, okay! Ist ja gut!“
Tamara setzte sich wieder so hin, dass der kleine Elementar in der Sonne saß, und sofort kehrte Ruhe ein.
„Mein Name ist übrigens Tamara, falls dich mal jemand fragt.“
„Hm! Wer sollte schon nach dir fragen? Sicher mag dich keiner!“
„Mich mögen viele.“
„Ha!“
Die Hexe blickte düster auf das kleine magische Wesen herab und dachte ernsthaft darüber nach, einen Fluch an ihm auszuprobieren. Doch in diesem Moment hörte sie hinter sich ein Rascheln und drehte sich schnell um. Joe stand unmittelbar vor ihr und sah zu ihr herab.
„Hallo, Tamara! Hast du dich gerade mit jemandem unterhalten?“
Hmpf! Mist!
Sie konnte ein hämisches Kichern in ihrem Kopf hören und beschloss, das Gespräch mit dem Elementar ein andermal fortzusetzen.
„Nein, ist ja niemand hier. Das heißt … jetzt schon. Aber gerade eben halt noch nicht. Äh … hallo.“
Ich muss ihn schnellstmöglich wieder loswerden!
Doch als sie ihm in seine verträumten Augen sah, wusste sie, dass sie das ihre ganze Selbstbeherrschung kosten würde.
Kapitel 45
Nachdem Flint sein Frühstück beendet hatte, machte er sich auf den Weg zu Professor Desmondo. Dieser studierte gerade eingehend seine Unterlagen und stand zum ersten Mal nicht auf, um ihm die Tür zu öffnen. Nach einem „Herein“ hatte der Student das Büro betreten und blieb
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