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Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)

Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)

Titel: Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Förster
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dünner, manche dicker. Manche Fäden liegen enger beieinander, manche sind weiter entfernt.
    „Essenz vermag einen immer wieder zu überraschen.“ Das war eines der häufigsten Zitate von Cendricks Großvater.
    Konzentration , ermahnte er sich selbst.
    Der einfache Erscheinen-Zauber des jungen Magiers hatte die Wesenheit gezwungen, sich zu materialisieren. Vor ihm tauchte die nebelhafte Gestalt eines Geistes auf.
    Cendrick runzelte die Stirn. Er warf seinem Prüfer einen kurzen Seitenblick zu, um zu sehen, ob es sich nicht vielleicht doch um den falschen Beschwörungskreis gehandelt hatte, doch dieser sah ihn nur abwartend an.
    „Ein Geist“, meldete er gehorsam.
    Es war nicht nötig, die anderen Ebenen zu überprüfen. Kein Essenzwesen vermochte die Gestalt eines Geistes anzunehmen.
    Der Student war sich vollkommen sicher, worum es sich bei dem Wesen handelte. Genau das verwirrte ihn.
    Es ist nicht unser Job, verlorene Seelen zu retten. Was soll das? Dafür gibt es doch die Wächter.
    Da Vincent Reichmann immer noch nicht reagierte, fuhr Cendrick mit seinem Bericht fort: „Eine weitere Überprüfung ist nicht notwendig. Es gibt keine Kreaturen, die die körperliche Beschaffenheit von Geistern imitieren können.“
    Er bemühte sich um eine besonders gehobene Ausdrucksweise.
    Schließlich ist das der erste Prüfer, vor dem ich tatsächlich glänzen kann.
    Dieses Urteil sollte er schneller revidieren als gedacht.
    „Beschreiben Sie bitte den genauen Vorgang der Elimination“, forderte ihn der Excubitor auf.
    Es fehlte nicht viel und Cendrick hätte so sehr die Fassung verloren, dass er seinen Prüfer nur dümmlich angestarrt hätte. Stattdessen zwang er sich, seinen Blick auf dem Geist verharren zu lassen.
    Ist der Kerl wahnsinnig? Ich soll einen Geist töten?
    Geister wurden nicht ohne Grund als „verlorene Seelen“ bezeichnet. Meist fanden sie nicht selbstständig ihren Weg ins Jenseits. Selbst in den Vorstellungen der Magier war die Seele das, was einen Menschen ausmachte. Sie zu töten, war noch schlimmer als gewöhnlicher Mord.
    Cendrick kannte fünf Arten, wie man einen Geist zwingen konnte, die Zwischenebene zu verlassen. Erstens: Die Seele wurde erfolgreich ins Jenseits geführt und kam infolgedessen an einen Ort, den die Wächter „Paradies“ nannten. Zweitens: Die Seele wurde zwar erfolgreich ins Jenseits geführt, an ihr hafteten allerdings zu viele „Sünden“. Dadurch wurde die Seele sofort in die ewige Verdammnis gestürzt. Drittens: Der Geist wurde gebannt und dadurch ohne Umwege in die Verdammnis gestürzt. Hierbei war es gleichgültig, wie gut oder schlecht der Geist sich zu Lebzeiten verhalten hatte. Das Ergebnis konnte also durchaus unfair sein. Viertens: Der Geist wurde mit Essenz – meist in Form von Zaubern – angegriffen und vernichtet. Hierbei wurde die an und für sich „unsterbliche“ Seele des Menschen komplett zerstört. In gewissem Sinne eine humanere Variante als Version drei, da die Seele so zumindest keine Höllenqualen erleiden musste. Fünftens: Ein Geist wurde von einem Voodoo-Wirker zurück in seinen Körper beschworen und musste eine leidvolle Existenz als Zombie erdulden.
    Gleichgültig, wie angenehm oder unangenehm sie waren, die ersten zwei Varianten stellten eine Unterstützung des „natürlichen“ Ablaufs einer Seele dar. Alle anderen Versionen bedeuteten einen gewaltsamen Eingriff in das Dimensionsgefüge und natürlich die Seele selbst. Leider waren nur die Mitglieder des Custodes Iluminis und des UMBRATICUS DICIO in der Lage, den Geist auf „schonende Weise“ in die Nachwelt zu führen. Aus diesem Grund hielten sich die Magier auch sehr bedeckt, wenn es um Geister ging. Einmischende Handlungen vonseiten der Hetaeria Magi waren in den letzten Jahrhunderten als „verpönt“ eingestuft worden. Doch wenn Cendrick seinen Prüfer so reden hörte, wurde mehr als deutlich, dass dieser ihn gerade dazu aufforderte, dieses Tabu zu brechen. Der Student fühlte sich dabei höchst unwohl. Natürlich wusste er, dass sein Orden mit weit weniger Skrupeln behaftet war als andere magische Vereinigungen. Doch nun sollte er es sein, der Blut an seinen Händen kleben hatte.
    „Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Beseitigung eines Geistes“, hörte sich der junge Magier sagen. Seine Stimme klang in seinen eigenen Ohren fremd und unwirklich.
    Er wollte sich Zeit verschaffen. Alles war ihm recht, um sich vor dieser Aufgabe zu drücken. Aber Vincent Reichmann gehörte

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