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Die da kommen

Die da kommen

Titel: Die da kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Jensen
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nachdenklich zu sprechen. Es ist eine Rede über die Natur und den Sinn von Trauer und den Wert der Erinnerung und dass Kaitlins Leben tragisch früh zu Ende gegangen sei, auf schmerzliche und unerklärliche Weise, und dass sie dennoch ein wertvoller und geliebter Fixpunkt in den Herzen aller Versammelten bleiben werde.
    »Solange diese Liebe unter uns spürbar ist, solange ist sie unsterblich und gegenwärtig.« Schied aus diesem Leben. Ging aus dieser Welt. Entschlief sanft.
    Ich glaube, wenn man stirbt, dann war’s das. Als reifer Mensch sollte man das akzeptieren. Doch trotz des völligen Fehlens konkreter Beweise sind Milliarden auf diesem Planeten vom Gegenteil überzeugt. Sehr sonderbar.
    Freddy zeigt kein Interesse an den Vorgängen. Er sitzt neben mir und konzentriert sich auf die Rinde, die er von seinem Stock abzupft. Nach dem Vaterunser nickt der Pfarrer, und Kaitlins Bruder Alex steht auf. Er ist schon von Natur aus dicklich, aber seit unserer letzten Begegnung ist er noch fetter geworden. Mit sichtlicher Anstrengung richtet er sich auf. Er hält ein Blatt Papier in der Hand, das er erst ein Stück vom Gesicht weghält, bevor er den Kopf schüttelt. Jemand aus der ersten Reihe reicht ihm eine Lesebrille, und er bringt ein grunzendes Dankeschön hervor. Sein Gesicht ist schweißüberströmt. Er sagt, dass für viele der Weg hierher beschwerlich gewesen sei und dass sich all diejenigen entschuldigen ließen, die nicht kommen könnten.
    »Wir alle wissen, wie schwer das Reisen heutzutage ist, vor allem über weite Strecken. Kaitlin hätte es zu schätzen gewusst, dass ihr unter diesen tragischen Umständen gekommen seid. Zu wissen, dass ihr Tod Teil einer unerklärlichen Epidemie ist, macht es für uns alle nicht einfacher. Ganz im Gegenteil, das macht es schwerer.« Er setzt die Brille ab undwischt sich das Gesicht ab, dann lockert er die Krawatte. Er atmet schwer und blickt verloren auf das Stück Papier in seiner Hand. Sie zittert. »Wir alle erinnern uns an eine wunderbare Mutter und ihren Sohn. Kaitlin und …«
    Freddy beginnt mit der Zunge zu schnalzen. Zuerst leise, dann lauter. Ich stoße ihn an, damit er aufhört. Flynn beugt sich zu ihm und macht eine Bewegung, als würde er den Mund mit einem Reißverschluss zumachen. Doch Freddy hört nicht auf. Eine Frau mit breitem Hut dreht sich um, sieht den Jungen und hält die Luft an. Die Leute rutschen auf ihren Plätzen herum. Während er schnalzt, zieht er weiter die Rinde von seinem Stock ab und scheint seine Umgebung überhaupt nicht zu bemerken. Unter seinen Fingernägeln sehe ich schmutzige Halbmonde.
    Alex fährt fort: »Kaitlin und Freddy. Für uns alle ist es sehr schwer …«
    »Was ist das hier eigentlich?«, fragt Freddy mich plötzlich. Seine Stimme ist laut genug, um Aufmerksamkeit zu erregen.
    Alex zögert und spricht dann unsicher weiter: »Schwerer als alles, was wir uns hätten vorstellen können.«
    Dann wieder Freddy: »Was machen wir hier?«
    »Das ist die Beerdigung deiner Mama«, flüstere ich.
    »Ihre was?«
    »Wir müssen leise reden, Freddy K. Deine Mama ist gestorben. Im Krankenhaus.«
    Er reißt die Augen auf. »Sie ist gestorben?«, flüstert er. »Wie? Warum?«
    »Sie ist zu Hause die Treppe hinuntergefallen«, sage ich leise. »Beim Sturz wurde ihr Gehirn verletzt, es hat in den Schädel geblutet, und niemand konnte sie retten. Es tut mir leid, Freddy K.«
    In seinen Augen schimmern helle, klare Tränen. Vielleichthatte Stephanie doch recht, dass es beim Begräbnis endlich »bei ihm ankommen« würde.
    »Aber warum ist sie die Treppe runtergefallen?«
    »Du warst dabei, Freddy K. Als wir sie gefunden haben, lag sie weit unten auf der Treppe, und du … warst oben.«
    Seine Lippe zittert. Die Tränen fließen. »Nein«, flüstert er. Dann steht er auf und ruft: »Nein!«
    Es hat eine elektrisierende Wirkung. Die Leute drehen sich um und sehen ihn an. Alex verstummt mitten im Satz und starrt uns mit offenem Mund an. Ein erregtes Murmeln dringt durch die Kapelle.
    »Was macht er?«, will ein bulliger Mann zwei Reihen vor uns wissen. »Ich meine, was zum Teufel will er …« Er hält kurz inne. »Schafft die Kreatur hier raus!«
    »Nein!«, ruft Freddy noch einmal. »Hört auf! Hört auf! Sie ist nicht tot!«
    Der Pfarrer bittet mit einer Geste um Ruhe. »Dürfte ich Sie alle ersuchen …«
    Flynn murmelt: »Hesketh, das wird gleich hässlich. Gehen wir. Jetzt.«
    Alex scheint verwirrt. Er lässt das Blatt auf den Boden

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