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Die da kommen

Die da kommen

Titel: Die da kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Jensen
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Kalifakidis, denn Kaitlin Kalifakidis ist tot. Ich weiß nicht, weshalb ich sie nicht sofort erkenne. Vielleicht, weil sie noch die Kleidung von der Beerdigung trägt.
    Sie ist wunderschön.
    »Hallo, Hesketh«, sagt sie.
    »Ich habe von Teilchenphysik geträumt.«
    Sie lacht. »Etwas anderes hatte ich auch nicht erwartet. Wir haben Sie nach Fulham gebracht. Das schien die beste Lösung zu sein. Sie müssen sich ein paar Tage ausruhen.«
    »Habe ich ihn verloren?« Es schmerzt, wenn ich spreche. Ich muss mir die Lippe aufgeschnitten haben.
    »Nein. Er ist hier. Schläft in seinem Zimmer.« Mir tut alles weh. Auch die Rippen. »Ich habe Sie untersucht. Vermutlich haben Sie sich eine Rippe gebrochen. Außerdem gibt es einige Fleischwunden und viele blaue Flecken.«
    Ich bin völlig nackt unter der Decke. Als mir das klar wird, bekomme ich sofort eine Erektion, die ein kleines Zelt bildet. Ich mache mir keine Mühe, sie zu verstecken.
    »Ich möchte Sie küssen.«
    Naomi lächelt. »Das wäre unpraktisch. Sie haben Ihren Mund noch nicht gesehen. Sie hatten Glück. Die hätten Sie töten können.«
    Ich greife nach ihrer Hand. Sie zieht sie nicht weg. Stattdessen tätschelt sie mit ihrer freien Hand meinen Arm. Ich weiß nicht, wie ich das interpretieren soll. Es ist eine Geste, die meine Mutter hätte machen können. Aber eine Geste kann zu einer anderen führen. Ich will gerade ein Experiment starten und meine andere Hand in die Gleichung einbringen, als die Tür aufgeht.
    »Mein Gott, Junge, Sie sehen furchtbar aus«, sagt eine vertrauteStimme. Meine Erektion verschwindet so plötzlich, wie sie gekommen ist. Naomi und ich lösen uns voneinander, als sich Professor Whybray dem Bett nähert. Er nimmt mein Kinn in die Hand und sieht mich forschend an. »Sind Sie wieder in der Welt der Lebenden?« Ich nicke. »Nun, Gott sei Dank, dass Sie in Sicherheit sind, mein Junge. Ich bin so schnell wie möglich gekommen.«
    »Ich entschuldige mich, dass Ihr Jackett verloren gegangen und vermutlich zerstört worden ist.«
    Er macht eine wegwerfende Handbewegung. »Sie sind gerade noch mal davongekommen.« Er hält inne. »Ich habe die Neuigkeit auf dem Weg hierher gehört. Man hat im Forest of Dean ein totes Kind gefunden. Abgeschlachtet. Ziemlich fachmännisch, wie es aussieht. Die inneren Organe fehlen. Und die Finger. Es gab Hinweise darauf, dass einige Körperteile verzehrt wurden.«
    Ich setze mich unter Schmerzen im Bett auf. Naomi stopft mir Kissen in den Rücken.
    Mein Mund tut beim Sprechen weh. »Da draußen. Ich habe einen Jungen gesehen – er trug eine Kette. Sie war aus …« Ich kann nicht weitersprechen. Etwas hält mich davon ab. Eine Blockade. Ich runzle die Stirn und räuspere mich. »Es passt dazu, dass die älteren Kinder die jüngeren als ihre Sklaven betrachten. Die Vorstellung von Ehre. Und ikenie .«
    »Falls das eine Verstümmelung war«, sagt Professor Whybray leise, »wird es noch schwerer werden, dagegen zu argumentieren, dass die Kinder zusammengetrieben und medikamentös behandelt werden. Ich hatte schon so etwas befürchtet. Vielleicht hätte ich es aussprechen sollen, aber ich konnte mich nicht überwinden …« Er verstummt. Als er weiterspricht, bricht ihm die Stimme. »Ich konnte mich nicht überwinden, den angemessenen Ausdruck zu verwenden.«
    Er kann es noch immer nicht. Ich schon. Alte, primitiveStämme waren nie mein Fachgebiet, aber ich habe die einschlägigen Texte studiert. Genau wie er.
    Der Begriff lautet: ritueller Kannibalismus.
    »Sehen wir uns die Nachrichten an«, murmelt Naomi und schaltet den kleinen Fernseher auf der Kommode ein. Hier haben Kaitlin und ich immer Newsnight gesehen. Sie schaltet durch die Kanäle, bis sie BBC gefunden hat.
    »Das britische Innenministerium intensiviert die Umwidmung des O2-Gebäudes in eine Sammeleinrichtung für Kinderterroristen aus dem Südosten. Im Zuge der erschreckenden neuen Beweise für körperliche Mutationen arbeiten auch andere Städte an ähnlichen Umwidmungen. Aktuellen medizinischen Veröffentlichungen zufolge weisen die kindlichen Angreifer eine bislang ungeklärte Anomalie der Nieren auf. Dies hat bei Regierungen in aller Welt zu neuen dringlichen Diskussionen darüber geführt, wie die wachsende Krise am besten zu bewältigen ist.«
    »Mein Gott«, stößt der Professor hervor. »Sie sind damit an die Öffentlichkeit gegangen!« Er schlägt überraschend heftig mit der Faust auf mein Bett. Ich zucke vor Schmerz zusammen. »Sie

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