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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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debattieren. Er schirmte das Feuerchen mit ein paar Steinen ab und ging dann auf die Suche nach einem besseren Lagerplatz — irgendwo auf richtigem Stein, nicht diesem gelblichen, beinernen Zeug dort oben. Barrick hatte erst mal genug von Göttern, lebenden wie toten.

    Die Wärme des Feuers tat noch wohler als sein Licht — herrlich, es zum ersten Mal seit so langer Zeit wieder richtig warm zu haben? Nach einer Stunde etwa war da nur noch ein Rest Kälte in seinem linken Arm, doch auch das war nicht richtig unangenehm, es fühlte sich eher an, als wären in dem Moment, da er sich die drei parallelen Narben zugezogen hatte, die Organe des Schmerzempfindens irgendwie entfernt worden. Die Narben selbst waren jetzt verschorft und kaum noch zu spüren. Sein Arm schien sogar beweglicher als vorher, wenn Barrick auch nicht sagen konnte, ob sich die Gelenke wirklich weiter beugen ließen oder ob es ihm nur so vorkam, weil es weniger wehtat. Die Muskeln waren immer noch schwach, aber es schien jetzt eine andere Art Schwäche, so als könnte er sie durch mehr Betätigung kräftigen, wie man es eben machen musste, wenn man ein Körperglied lange nicht gebraucht hatte.
    Folglich war er so guter Laune wie schon lange nicht mehr. Selbst in jenen berauschenden ersten Momenten, nachdem er Große Tiefen und dem Monster Kituyik entronnen war, war seine Euphorie durch den Verlust seiner beiden Gefährten, Gyir und Vansen, getrübt worden. Barrick wusste, dass er immer noch in großer Gefahr war und dass vielleicht noch gefährlichere Zeiten auf ihn zukamen, aber hier und jetzt schienen ihm die Wärme und die Schmerzfreiheit der größte Segen, den der Himmel gewähren konnte.
    Er streckte sich und gähnte. »Erzähl mir, was du über die Stadt Schlaf weißt«, bat er Skurn, der, eifrig wie ein kleiner Schmied an seiner Esse, ein Schneckenhaus auf einen Stein schlug.
    Der Rabe ließ die Schnecke fallen und wandte sich ihm zu, das gesträubte Halsgefieder wie die Halskrause eines Höflings. »Pfah! Übler Name, das. Wo habt Ihr solches gehört?«
    »Erspar mir die Warnungen und finsteren Prophezeiungen, Vogel. Erzähl mir einfach, was du weißt.«
    »Unsereins weiß, was jeder weiß, und nicht mehr. Die Nachtmänner, die leben da. Standen einst hoch unter den Zwielichtlern, bis sie auf die schiefe Bahn gerieten, sich mit den Falschen zusammentaten, nur noch unter sich heirateten und dergleichen. Da wurden sie weggeschickt. Bauten sich ihre eigene Stadt, in den toten Landen, von hier aus den Fahlstrom hinunter. Es heißt, dort geht niemand freiwillig hin.«
    Die Vorstellung, dass er an einen solchen Ort gehen sollte, erschien Barrick beängstigend und belustigend zugleich — belustigend nur insofern, als es so offenkundig lachhaft war? Dem Fahlstrom folgen? Das war wie irgendein Bardenlied über tödlichen Heldenmut. Die Schläfer mochten ja gesagt haben, eine Tür in Schlaf sei für ihn der einzige Weg, zu dem Qar-König in dessen Königsstadt zu gelangen, und, ja, er hatte versprochen, Gyirs Spiegel dorthin zu bringen, aber das schien doch nicht annähernd Grund genug, sich an einen so mörderischen Ort zu begeben. Was machte sie so sicher, dass er es tun würde? Warum sollte irgendjemand, der einigermaßen bei Verstand war, so etwas tun?
    »Ist das alles, was du weißt, Vogel? Wie weit ist es dorthin?«
    »Könnte mit fünf, sechs Mahlzeiten hinfliegen, unsereins, aber warum sollte unsereins das tun?«
    »Ich meine nicht, wenn man fliegt. Wie weit ist es für jemanden wie mich zu laufen?«
    Der Rabe ließ die Schnecke wieder fallen, kam näher herangehüpft und musterte Barrick so gründlich, als befürchtete er plötzlich, den Lagerplatz mit einem Hochstapler zu teilen. »Seid doch grad erst den Verfluchten Berg rauf- und runtergerannt, Ihr. Gedenkt der junge Herr und Gebieter, jeden tödlichen Ort in den ganzen Zwielichtlanden zu besuchen, wie so eine Art Pilgerfahrt?«
    Barrick grinste säuerlich. »Was weißt du über die Götter, Skurn? Darüber, was mit ihnen geschehen ist? Sind sie wirklich aus der Welt verschwunden?«
    Jetzt schien der Rabe wahrhaftig erregt; er hopste und flatterte ums Feuer herum, bis er schließlich einen Stein gefunden hatte, auf den er hüpfte, als wollte er Abstand zum Erdboden gewinnen. »Was sollen die seltsamen Fragen? Unsereins denkt nicht so viel über die Götter nach und redet schon gar nicht über sie. Wenn sie ihren Namen hören — und sei's im Schlaf —, werden sie aufmerksam.«
    »Nun

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