Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
gut. Dann Schluss mit Reden.« Der Sog des Schlafs wurde jetzt stärker, und die Wärme des Feuers war wie eine Decke, fast schon gemütlich. »Wir können es ja morgen weiter besprechen, wenn wir uns auf den Weg machen.«
    »Auf den Weg?« In der Stimme des Raben lag jetzt unzweifelhaft Angst. »Auf den Weg wohin, junger Gebieter?«
    »In die Stadt Schlaf natürlich.« Barrick lächelte beinahe. Hatten sie sich so gefühlt, die großen Helden von einst, Hiliometes, Silas, Massilios Goldhaar? Als wären sie Teil von etwas Größerem, getrieben von einem Willen, der nicht ihr eigener war, ohnmächtig ... und doch schon fast gleichgültig? Es war ein seltsames Gefühl. Alles an ihm, selbst seine Gedanken, schien stärker denn je und doch so fühllos wie sein Arm. Er blickte hinab auf das schwärzliche Blut auf seiner Haut, die drei Wundmale, wie von der Klaue eines Vogels, der mindestens doppelt so groß war wie Skurn. Was hatten die Schläfer ihm gegeben?
    Leben heißt immer verlieren, vor allem, wenn man etwas gewinnt,
hatte der Alte gesagt. Bedeutete das, dass sie ihm auch etwas genommen hatten? Aber was hatte er verloren?
    »Das meint Ihr doch nicht ernst, junger Gebieter? An einen solchen Ort zu gehen.«
    »Du brauchst nicht mitzukommen, Skurn. Das ist meine Reise.«
    »Aber die Seidenwickler im Wald — und die Traumlosen, dort in dieser schrecklichen Stadt. Sie werden Euch das Blut in den Adern gefrieren lassen und Eure Haut fressen.«
    »Du brauchst nicht mitzukommen.«
    »Dann bin ich hier ganz allein und verloren.«
    Barrick verstummte, aber nicht aus Mitleid mit dem Vogel. Wenn er geschlafen hatte, würde er wieder wach werden. Und wenn er wach war, würde er sich aufmachen. Er würde immer weitergehen, bis er in die Stadt Schlaf gelangte, und sehen, was dann kam — der Tod oder etwas anderes. Er würde immer so weitermachen, bis alles vorbei war. Es schien irgendwie einfach.
    Aber was hatten ihm die Schläfer genommen, dafür, dass sie ihm dieses Gefühl von Einfachheit gegeben hatten? Was hatte er verloren?
    Müdigkeit übermannte ihn, zog ihn hinab ins Dunkel, weg von dem flackernden Feuer, an einen Ort, den die Sterblichen mit den Göttern teilten.

ZWEITER TEIL - MANTEL

15

Die befleckte Taube
    Ruohttashemm, Heimstatt der Kaltelben und ihrer kriegerischen Fürstin Jittsammes, lag angeblich jenseits des Stallanvolled, eines riesigen, finsteren Waldes, der einen Großteil des alten Vuttland bedeckte.
    Eine Abhandlung über die Elbenvölker Eions und Xands
    Feival, in seinem besten papageienbunten Höflingsstaat, fuchtelte hinter dem Kopf des Prinzen herum, wollte ihr offenbar dringend etwas signalisieren.
    Er ermahnt mich, wieder an die Arbeit
zu
gehen,
wurde Briony klar. »Erzählt mir noch einmal, wie Ihre Eure Männer aus dem Süden hierher zurückgeführt habt«, bat sie Prinz Eneas.
    »Ja, erzählt es noch einmal«, bettelte ihre Freundin Ivgenia.
    »Aber diese Geschichte langweilt Euch doch inzwischen gewiss, Myladys.« Eins musste man dem Königssohn zugutehalten: Es schien ihm wirklich peinlich. »Ich habe sie Euch jedes Mal erzählt, wenn ich hier war. Der Ausgang wird derselbe bleiben, auch wenn ich sie ein weiteres Mal erzähle.«
    »Aber es ist doch so ein guter Ausgang, Hoheit.« Es war offensichtlich, dass Ivvie den Prinzen mit Freuden über jedwedes Thema reden hören würde, sogar in einer Sprache, die sie nicht verstand.
    »Aber immer nur Geschichten übers Kämpfen ...«, protestierte er. »Edelfräulein wie Ihr ziehen doch sicher erquicklichere Themen vor.«
    »Ich nicht«, sagte Briony mit fast schon echtem Stolz. »Ich bin, wie Ihr Euch vielleicht erinnert, mit Brüdern aufgewachsen und habe bei Shaso von Tuan fechten gelernt.«
    Eneas lächelte. »Ich erinnere mich wohl, und ich bete, dass Ihr mir eines Tages gestattet, Euch nach seinen Kampfestaktiken und Lehrmethoden auszufragen. Ich beneide Euch um einen so hervorragenden und berühmten Lehrmeister.«
    »Ich fürchte, was mich betrifft, war dieser hervorragende Unterricht Vergeudung. Ich durfte meine Fechtkünste nie an anderen Gegnern als meinem Bruder erproben, und zu meinen Lebzeiten hat Südmark keinen Krieg geführt, jedenfalls nicht auf unserem Grund und Boden.«
    »Aber das gilt nicht mehr, Prinzessin — die Südmärker haben gerade mehrere Schlachten gegen die Zwielichtler geschlagen.«
    »Schlachten, die nicht gut ausgingen.« Sie ließ ihre Stimme kurz stocken, was nicht gänzlich gespielt war. »Schlachten, die

Weitere Kostenlose Bücher