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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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sagte, war kein Geheimnis, sondern eine Neuigkeit, die bald in aller Munde sein würde. Dennoch, die Tollys hier in ihrem eigenen Herzogtum namentlich zu nennen, wäre sicher nicht klug. »Manche Leute behaupten, sie sei ... ihren Feinden entkommen und aus Südmark geflohen. Andere sagen, nein, sie sei geflohen, nachdem ihr Versuch, den Thron an sich zu reißen, vereitelt worden sei — ein Plan, den sie mit Hilfe eines Südländers durchführen wollte, eines schwarzen Kriegers, der einst Olins Freund war.«
    Der Gastmeister schüttelte verwundert den Kopf »Das ist ja wie in den alten Zeiten — den schlimmen Tagen Kellicks des Zweiten, als es überall Spione und Verschwörungen gab.«
    »Daran erinnert Ihr Euch?«, fragte Theron nur leicht erstaunt.
    »Narr!« Der Gastmeister lachte. »Eineinhalb Jahrhunderte? Sehe ich so alt aus?«
    Theron lachte jetzt ebenfalls, verlegen wegen seines schlechten Gedächtnisses. Könige und Geschichte — das war nie seine Stärke gewesen. »Mit meinem Bücherwissen ist es nicht mehr weit her ...«
    Er erschrak, weil er plötzlich jemanden hinter sich spürte, und als er sich umdrehte, stand da der vermummte Bettler, so düster wie der Schatten des Todes selbst. Obwohl seine Beine und sein Rücken krumm schienen, war er immer noch so groß wie Theron und musste einst ein kräftiger Mann gewesen sein. Die verbundenen Hände hoben sich, und ein trockenes, rauhes Krächzen kam aus dem Dunkel der Kapuze. Theron wich ängstlich zurück, doch der Mann stand jetzt nur schweigend da.
    »Wo ist der Junge?«, fragte der Gastmeister gereizt. »Ah, da. Junge, komm her und sag uns, was dein Herr will.«
    Der Junge, der offenbar in der Tempelküche etwas Essbares erbettelt hatte, erschien pflichtschuldig, noch immer an einem Teigklumpen kauend. Jetzt, da Theron genauer hinsah, bemerkte er, dass die dunkle Gesichtsfarbe des schwarzhaarigen Jungen nicht nur von Dreck und Sonnenbräune kam, dass er vielmehr selbst etwas von einem Südländer hatte, einen Hautton, den man gewöhnlich nur in den Häfen von Bokeburg oder Landers Port sah. Ja, dachte Theron, er sah aus wie einer von diesen Straßenbengeln, die wie Kairatten von ihrer Schläue und ihrer Schnelligkeit lebten.
    »Was sagt der Krüppel?«, fragte der Gastmeister.
    Der Junge beugte den Kopf dicht an die Kapuze. Die Worte des Bettlers waren beim Knistern und Knacken des Feuers nicht zu vernehmen, aber schließlich richtete sich der Junge auf »Er sagt, der Tod hat sie noch mal laufenlassen.«
    Der Gastmeister schüttelte ärgerlich den Kopf »Laufenlassen? Wen? Die Prinzessin? Sag ihm, er soll zu Bett gehen und sich nicht in Gespräche mischen, die ihn nichts angehen.« Im nächsten Moment änderte sich sein Gesichtsausdruck. »Nein, das ist herzlos von mir. Die Götter und die Oniri würden nicht wollen, dass wir die vom Schicksal Geschlagenen so unfreundlich behandeln.«
    Der Junge beugte sich wieder an die Kapuze. »Er sagt, er kennt den Tod — er hat eine Zeitlang im Haus des Todes gewohnt. Aber dann durfte er wieder gehen.«
    »Was? Er sagt, er hat im Haus des Kernios gewohnt?« Die blasphemische Wende, die das Gespräch genommen hatte, behagte dem Gastmeister offenbar gar nicht.
    Wieder beugte sich der Junge nah an die vermummte Gestalt. »Und er sagt, da Briony entkommen ist, muss er sie finden.«
    »Was für ein Unsinn?«, sagte der Gastmeister. »Bring diesen Bettler hinaus in den Stall, Junge. Ich werde den armen Tropf nicht in die Kälte hinausschicken, aber für heute Nacht muss er einen anderen Schlafplatz finden, wo er unsere Gäste nicht belästigt.« Der Priester wartete, doch obwohl der Junge offensichtlich dem Bettler die Aufforderung zuflüsterte, reagierte dieser nicht. Theron war irritiert und neugierig zugleich. »Ihr nutzt unsere Mildtätigkeit aus«, sagte der Gastmeister warnend. Der Bettler rührte sich immer noch nicht. »Nun gut, ich werde ein paar von den Brüdern holen, damit sie mir helfen, ihn zu den Pferden und Eseln zu bringen«, sagte er und marschierte energisch davon.
    Jetzt flüsterte der Bettler wiederum seinem jungen Gehilfen etwas zu.
    »Er will wissen, ob Ihr nach Norden geht«, sagte der Junge zu Theron.
    Der Pilgerführer war verwirrt: Was interessierte das den alten Krüppel? »Wir gehen durch Marrinswalk nordwärts, ja. Diese Pilgerreise begann in Wildeklyff, und dorthin kehren wir wieder zurück.«
    Der Bettler zog den Jungen an sich heran, als eilten seine nächsten Worte.
    »Er will mit Euch

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