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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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Obhut sterben!
    Er blinzelte gegen den Staub in seinen Augen an. Wenigstens war der Skotarch Prusus auf dem Schiff geblieben, im Schutze xixischer Soldaten. Selbst wenn das Schlimmste geschah, würden die alten Gesetze eingehalten: Der Falkenthron wäre nicht verwaist.
    Aber Prusus ist ein Krüppel,
dachte Vash.
Ein sabbernder Idiot.
Andererseits hieß es, einige frühere Autarchen, vor allem die vor dem Krieg des Neunten Jahres, seien auch nicht viel besser gewesen. Was zählte, war die Tradition. Der Skotarch würde ja nur regieren, bis der Rat der Adelsfamilien zusammengetreten und ein neuer Autarch anerkannt worden war. Sulepis hatte viele Söhne von vielen Müttern. Das Geschlecht würde nicht aussterben.
    Aus diesen düsteren Gedanken wurde der Oberste Minister dadurch gerissen, dass ein Raunen durch die Menge ging. Die Prozession des Goldenen war am äußeren Tor von Gremos Pitra angelangt, wo sie ein Trupp bewaffneter Soldaten erwartete. Vash eilte los, so schnell ihn seine schmerzenden Beine trugen. Der Autarch konnte unmöglich direkt mit Geringeren sprechen. So gründlich stand die Welt ja wohl nicht auf dem Kopf — noch nicht zumindest.
    »Ich bin Niccol Opanour, Torherold von Gremos Pitra und Seiner Majestät, Hesper, König von Jellon und Jael«, sagte der Anführer der Soldaten, ein fuchsgesichtiger Mann mit kurzgestutztem Bart und der Miene eines gewieften Glücksspielers. »Sagt, in welchen Geschäften Ihr König Hesper und seinen Hof aufzusuchen wünscht.«
    »Geschäfte?« Vash war vom Autarchen sorgsam darin geschult, was er zu sagen hatte. »Ein großer König wie Sulepis braucht doch wohl keinen kleinlichen Vorwand, um haltzumachen und einen Standesbruder zu begrüßen? Wir bringen Eurem Herrscher Geschenke vom südlichen Kontinent — eine Geste guten Willens. Ihr wollt doch meinen Gebieter nicht vor dem Tor stehen lassen wie einen Höker, oder? Ihr seht ja, wir kommen ohne Soldaten. Wir sind Hesper auf Gnade und Ungnade ausgeliefert.«
    Was, wie die meisten Könige des nördlichen Kontinents bestätigen konnten, so viel hieß wie »hoffnungslos verloren«. Hesper kannte Gnade nur gegen Gewinn, Freundschaft mit anderen Herrschern nur, wenn es ihm Nutzen brachte — das wusste jeder.
    Torherold Opanour runzelte die Stirn. »Ich will es ja Eurem König gegenüber nicht an Respekt mangeln lassen, aber man hat uns nichts dergleichen angekündigt. Wir sind nicht vorbereitet. Tatsächlich ist König Hesper ... unpässlich«
    »Sehr bedauerlich, wahrhaftig«, sagte Vash. »Dennoch bin ich mir sicher, dass ihn die Geschenke, die wir bringen, ein wenig aufheitern werden.« Er hatte das Hierosolinisch des Nordens lange nicht mehr gesprochen, stellte aber erfreut fest, dass ihm die Feinheiten dieser Sprache noch nicht völlig abhanden gekommen waren. Er winkte einen der schwitzenden Trägersklaven heran, hob dann mit einer schwungvollen Armbewegung den Deckel vom Korb des Mannes. »Seht die Großmut von Xis.«
    Die wenigen Soldaten beugten sich im Sattel vor, und ihre Augen wurden groß und rund, als sie das Gold und die Juwelen im Korb sahen.
    »Das ... ist wirklich höchst beeindruckend«, sagte der Torherold. »Aber wir müssen dennoch unseren König um Erlaubnis ...«
    Plötzlich trat der Autarch höchstselbst vor, was die Teppichsklaven in hektische Aktivität versetzte, damit sie eine weitere Bahn vor ihm ausgelegt bekamen, ehe sein sandalenbeschuhter Fuß bloßen Erdboden berührte (was, wie es hieß, die Welt selbst ins Wanken bringen und in sich zusammenstürzen lassen würde). Die Pferde der jellonischen Soldaten scheuten, als wäre Sulepis eine Sorte Lebewesen, die sie noch nie gesehen hatten — was er auch war, dachte Vash. Allmählich glaubte er selbst, dass die Welt so etwas wie seinen Gebieter noch nie gesehen hatte.
    »Bitte sagt diesen Männern Jellons in unserem Namen Folgendes, Oberster Minister«, sagte Sulepis auf Hierosolinisch. Seine Stimme schien zurückgenommen, trug aber weit. »Erinnert sie daran, dass selbst die Geduld eines wohlmeinenden Königs Grenzen hat. Wir haben ein Kriegsschiff, voll mit langrohrigen Kanonen, gleich vor dem Hafen liegen, und weitere werden heute Abend eintreffen.« Sulepis lächelte die Jellonier an und verschränkte die Arme vor der Brust, wobei sein goldenes Panzerkleid leise klirrte. »Wir kommen in Frieden, ja, aber es wäre uns sehr unlieb, den Funken des Misstrauens ein Feuer entzünden zu sehen, das nur schwer zu löschen wäre.«
    Rasch

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