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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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einträfe, was würde das bewirken?«
    »Ihr habt recht«, erklärte Vansen. Er hatte auf seine langsame, gründliche Art nachgedacht und sah einfach keine andere Möglichkeit. »Es stimmt, wir können die Qar nicht schlagen. Sie sind grimmige Kämpfer, und sie verfügen außerdem über Waffen des Schreckens, wie ich noch keine gesehen oder erlebt habe. Aber ich habe auch gar nicht die Absicht, sie zu schlagen.«
    Bruder Nickel schnaubte entrüstet. »Warum geben wir dann nicht gleich auf? So würden wir wenigstens die Art unseres Todes selbst bestimmen«
    Kupfer sah in finster an. »Schweigt, Ihr kriechender Wurm von Mönch Ich für mein Teil möchte lieber mit dem Streithammer in der Hand sterben, als mir selbst an den Kopf schlagend und die Alten der Erde um Vergebung anwinselnd.«
    »Werte Herren ... Brüder«, sagte Zinnober und hob die ausgebreiteten Arme. »Es ist nicht recht ...«
    »Wartet. Ihr habt mich nicht ausreden lassen, Bruder Nickel«, sagte Vansen laut. So schwer es auch sein mochte, die anderen zu überzeugen, fürchtete Vansen doch, dass dies nicht der schwerste Teil seines Vorhabens war. »Ich beabsichtige nicht, die Qar zu schlagen, weil wir sie, wie schon gesagt, nicht schlagen
können.
Wir wären wohl nicht einmal in der Lage, sie längere Zeit aufzuhalten. Aber ich weiß ein bisschen was darüber, was sie hier wollen, und vielleicht weiß ich sogar ein paar Dinge, die ihre Anführerin nicht weiß — wichtige Dinge.« Doch schon beim bloßen Gedanken an die dunkle Fürstin der Qar wurde ihm ganz flau — er hatte sie so oft in seinen Albträumen gesehen, den Visionen, die Gyirs Gedanken in seinem Kopf hinterlassen hatten wie Schatten an einer Höhlenwand. Er hatte schreckliche Angst, ihr zu begegnen, aber was sollte er anderes tun? Er war Soldat und hatte sich diesen Funderlingen gegenüber zu ebenso bedingungsloser Treue verpflichtet wie damals, als er zur königlichen Garde gegangen war, gegenüber den Eddons und ihrer Krone. »Mein Plan ist folgender«, verkündete er, als die anderen endlich schwiegen. »Ich will Frieden schließen.«
    »Frieden!«, blaffte Kupfer. »Mit den Zwielichtlern? Mit Ettins und Hautwandlern? Das ist doch Wahnsinn.«
    Vansen sagte mit einem grimmigen Lächeln: »Wenn es das ist, dann ist Wahnsinn das einzige, das uns retten kann.«

    Eine einsame Mondsichel hing am Himmel, als sie aus dem Nebenausgang von Chavens Haus an der Alten Mauer schlüpften. Chert hatte seit Wochen keine oberirdische Luft mehr gerochen, und im ersten Moment wurde ihm von der scharfen Frische ganz schwindelig. Er taumelte, fing sich dann nach zwei Schritten wieder. Die Nacht schien so ...
groß!
    Flint schien nichts zu merken. Er blickte flüchtig nach rechts und links und trottete dann die Stufen hinab. Am Fuß der Treppe wandte er sich nach rechts, um der Straße entlang der Mauer zu folgen — geradewegs zur Skimmerlagune, so als könnte er sie sehen. Woher
wusste
der Junge solche Dinge? Das war doch nicht vernünftig erklärbar — im Gegenteil, es verstieß gegen jeden gesunden Menschenverstand.
    Doch Erklärbarkeit hin oder her, wenn Chert den Jungen aus den Augen verlor, würde Opalia es ihn büßen lassen. Er eilte hinter Flint her.
    »Wohin gehen wir?«, flüsterte er, als Flint ihn die Schafbergstraße am Fuß der Neuen Mauer entlangführte, vorbei an einem einzigen endlosen Lager von Flüchtlingen, die dichtgedrängt um jämmerlich kleine Feuer saßen. Ein paar blickten ihnen nach — Chert konnte nur hoffen, dass sie ihn ebenfalls für ein Kind hielten. Er packte Flint am Arm. »Bleib im Schatten, Junge!«
    Bewohnern von Funderlingsstadt war, nicht zuletzt wegen Chert selbst, nach Einbruch der Dunkelheit jedweder Aufenthalt im oberirdischen Südmarksburg verboten. Das Problem war also nicht nur das auf ihn persönlich ausgesetzte Kopfgeld, schon die bloße Tatsache, dass er ein Funderling war, reichte, um ihn in einer Kerkerzelle landen zu lassen. Wenn ihn die Wachen ertappten, war er verloren.
    Was tue ich hier? Wieso habe ich mich dazu überreden lassen? Opalia würde mich in der Luft zerreißen, wenn sie es wüsste.
Plötzlich packte ihn Angst — wenn seine Frau nun in den Tempel zurückkehrte, während er weg war? Was sollte er ihr erzählen? Sie würde ihm das Fell über die Ohren ziehen.
Aber ich nehme an, wenn ich dann noch lebe, wird nicht mehr viel Fell an mir dran sein,
dachte er düster.
Besser, ich handle mir gar nicht erst Ärger ein.
»Wohin gehen wir, Flint?«,

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