Die Daemmerung

von Funderlingsstadt von der Burg her geschlossen werden können und dass dann das alles hier vom restlichen Südmark abgeriegelt ist.
Hatten sie wirklich geglaubt, sich einfach hindurchschleichen zu können, ohne auf irgendwelchen Widerstand zu stoßen? Es ergab keinen Sinn.
    Er wischte sich wieder über die Augen. Die Eindringlinge, hauptsächlich jene hässlichen kleinen Imitate, die Vansens Funderlinge »Drags« nannten, hatten die Höhlenkammer am jenseitigen Ende des Gangs fast ganz mit dem erstickenden Staub gefüllt, den sie aus Rohren bliesen; es war eine schwächere Mischung als die, die sie für die Novizen in den Bohrlöchern benutzt hatten, aber immer noch stark genug, um Vansen und den anderen das Kämpfen zu erschweren. Selbst in kleinen Mengen ließ das Zeug nicht nur ihre Augen tränen, sondern verursachte auch Schwindel und schmerzte bei jedem Atemzug in der Lunge. Vansen betete, dass Chaven sich etwas einfallen ließ, wenn auch unwahrscheinlich war, dass ihnen das jetzt noch etwas nützen würde. Die Qar standen zu kurz davor durchzubrechen.
    Vansen holte Atem und hustete mit brennender Kehle. »Könnten wir noch mehr von Euren Leuten herbeiholen, um diesen Gang komplett zu verschließen?«, flüsterte er Schlegel Jaspis zu.
    Jaspis hob an, etwas zu sagen, zog dann aber den kahlen Kopf ein, als ein Pfeil direkt über ihn hinwegzischte und irgendwo hinter ihnen aufschlug. »Nicht zu machen, Hauptmann. Alles, was wir so schnell aufschichten könnten, könnten sie einreißen. Das sind Drags — mit Stein dürften die sich fast so gut auskennen wie wir.«
    »Bei Perins Hammer«, fluchte Vansen verbittert. »Was für ein Ort zum Sterben!«
    Jaspis lachte, ein rauhes Bellen, das zu Husten wurde. »Es gibt keinen Besseren, Hauptmann. Muttergestein unter Euch, über Euch und um Euch herum.«
    »He, Wachführer.« Einer der Wächter nutzte den pfeilfreien Moment, um über die Behelfsbarrikade zu spähen. Er wandte sich Jaspis zu, die Augen riesig und weiß im staubverschmierten Gesicht. »Ich glaube, sie greifen wieder an.«
    »Alle Pfeile verschossen«, sagte Jaspis und richtete sich in die Hocke auf »Jetzt werden sie versuchen, es zu Ende zu bringen. Auf, zeigt's ihnen, Jungs — wenn wir sterben müssen, dann sterben wir wie Steinhauer!«
    Vansen zögerte das Aufstehen so lange wie möglich hinaus. Die Gänge waren für ihn ohnehin zu niedrig, und die dünne Giftstaubwolke, die noch immer in der Luft hing, war hinter der Barrikade weniger intensiv.
    Er ging in den Kniestand und spähte dort hindurch, wo die improvisierte Barrikade auf die Wand des Gangs traf. Nicht alle Qar konnten im Dunkeln so gut sehen wie die Drags und die Funderlinge, und dafür war er dankbar: Einige Angreifer trugen Fackeln, sodass Vansen immerhin sehen konnte, was da vor sich ging. Er wollte gar nicht daran denken, wie es wohl wäre, in völliger Dunkelheit um das eigene Leben zu kämpfen.
    Die Fackeln hüpften und wackelten jetzt, aber ihr Licht wurde größtenteils von den dunklen Schemen vorrückender Qar blockiert. Die Zwielichtler wussten, dass Vansen und seine Männer keine Pfeile hatten: Sie brauchten sich nicht davor zu fürchten, ein leichtes Ziel abzugeben.
    Sie werden uns einfach überrennen und auf ihre zahlenmäßige Überlegenheit vertrauen,
wurde ihm klar.
Alles oder nichts.
    »Kämpft für eure Heimat!«, brüllte er und erhob sich, bis er fast an die Decke des Gangs stieß. »Für euer Volk und eure Stadt!« Dann stürmte der Feind mit Geheul und Geschrei heran, und Vansen konnte nichts mehr denken.

    Ferras Vansen stand keuchend da. Seine Augen brannten jetzt nicht mehr vom Gift der Qar, sondern von seinem eigenen Blut, das aus einer klaffenden Stirnwunde strömte. Der erste Ansturm des Feindes war gescheitert — die Zwielichtler hatten einige Brocken aus der provisorischen Verteidigungsmauer gerissen, doch Vansen und die Wächter hatten mehrere Gegner getötet, und deren blutige Leichen auf der Qar-Seite der Barrikade machten es den Angreifern schwer, sicheren Tritt zu finden. Wenn sich die Leichen jedoch erst einmal hoch genug stapelten — so denn Vansen und seine Männer lang genug am Leben blieben, um noch mehr Qar zu töten —, würden die Eindringlinge einfach auf einer Rampe aus eigenen Gefallenen über die Steinmauer dringen.
    »Sie kommen wieder, Hauptmann!« Schlegel Jaspis' Gesicht war voller Wunden und Schmutz, eine hässliche Maske, mit der er noch grotesker aussah, wie ein böser Troll aus