Die Daemmerung
Zinnober. »Hat Ohrenklingen wie Ihr, aber er beschwert sich nicht — o nein. Ist sowieso zu schwach dazu. Ein paar von meinen Männern verbinden ihn gerade — er hat eine Menge Blut verloren, aber er kommt durch. Der Mann ist ein Kämpfer, auf den die Alten der Erde stolz wären!«
Vansen vermochte das Gefühl, unter Tonnen von Stein begraben zu sein, nicht ganz abzuschütteln. Er konnte sich zwar bewegen, aber alles an ihm fühlte sich unförmig und unvertraut an, und sein Denken war schwerfällig. »Ihr sagtet, dieser ... Klöppel ... war voll mit einem Pulver zum Brechen von Fels. Ist es das Zeug, das auch Serpentin oder Schießmehl heißt — das schwarze Pulver, das wir in Kanonen verwenden? Gibt es noch mehr davon?«
»Ja, da ist noch mehr«, sagte Chert. »Noch fast ein Dutzend Klöppelhüllen in der Gerätekammer und wahrscheinlich auch noch mehr Sprengpulver. Aber wir haben hier unten keine Kanonen, und es wäre auch kein Platz, um sie abzufeuern ...«
Ein gepanzerter junger Funderling eilte herbei. »Magister Zinnober, einer der Feinde, die von dem Sprengpulver weggeschleudert wurden ... einer von diesen Drags ...«
»Was, Mann? Nun meißle den Brocken schon los.«
»Er lebt.«
Zu seinem Erstaunen kannte Vansen den Gefangenen. Der verdreckte kleine Mann, der da grimmig zu ihm emporstarrte, war der, der ihn beinah erstochen hätte und dem er das Handgelenk gebrochen hatte. Tatsächlich hielt sich das zottelige Geschöpf den Arm, der blau und dick war.
»Können wir mit ihm sprechen?«, fragte Vansen.
Zinnober zuckte die Achseln. »Meine Männer versuchen es schon die ganze Zeit. Er verweigert jede Antwort. Wir haben keine Ahnung von seiner Sprache — vielleicht versteht er uns gar nicht.«
»Dann tötet ihn«, sagte Vansen laut. »Er nützt uns nichts. Hackt ihm den Kopf ab.«
»Was?« Chert war entsetzt. Selbst Zinnober schien schockiert.
Vansen hatte den Gefangenen genau beobachtet: Der kleine Mann war nicht zusammengezuckt, ja hatte nicht einmal aufgeblickt. »Das war nicht ernst gemeint. Ich wollte sehen, ob er nur so tut, als verstünde er nichts. Wir müssen eine Möglichkeit finden, aus ihm herauszubekommen, was er über die Pläne seiner Herrin weiß.«
Chert sah ihn immer noch misstrauisch an. »Was soll das heißen? Folter?«
Vansen lachte bitter. »Ich würde nicht damit zögern, wenn ich dächte, dass es Eure Familie und meine Leute über der Erde retten könnte, doch was ein Mann unter der Folter sagt, ist selten zu gebrauchen, zumal, wenn man seine Sprache nicht spricht. Aber sagt mir Bescheid, wenn Euch etwas anderes einfällt. Sonst könnte ich meine Meinung noch ändern.«
Magister Zinnober gab Anweisung, den Gefangenen in den Tempel zu bringen, und eilte dann davon, um die übrigen Aufgaben, die er verteilt hatte, zu beaufsichtigen. Diejenigen Männer seines Verstärkungstrupps, die nicht Tote bargen oder Verletzte verarzteten, waren abkommandiert worden, den Durchbruch in die Festhallen, den die Qar geschlagen hatten, zu verfüllen.
Vansen rieb sich den schmerzenden Kopf. Er wollte nichts dringender als sich hinlegen und schlafen. Er war schon erschöpft gewesen, ehe ihn Cherts Sprenggranate beinahe das Gehör gekostet hatte, und obwohl seine Wunden gereinigt und verbunden worden waren, während er ohnmächtig dagelegen hatte, tat ihm alles weh. Er wollte ein starkes Getränk und mindestens eine Stunde im Bett, aber er war hier der Kommandeur, mehr oder weniger jedenfalls, also musste das warten.
»Ihr sagt, Ihr habt noch ein Dutzend dieser Schießmehlklöppel und auch noch Pulver«, sagte Vansen zu Chert.
»Das ist das, was im Tempel ist. In Funderlingsstadt haben wir noch mehr, viel mehr. Wir zersprengen damit Stein, wenn wir schnell arbeiten müssen — wenn man uns nicht die Zeit lässt, es auf die alte Art zu machen, wie es sich gehört ...«
Vansen hatte im letzten Monat mehr über die guten alten Zeiten der Quellkeile und des Poliersands gelernt, als er wirklich wissen wollte. »Dann lasst uns mit Zinnober darüber sprechen«, sagte er schnell. »Vielleicht können wir den Zwielichtlern das nächste Mal einen Empfang bereiten, nach dem es sich die dunkle Fürstin und ihre Krieger zweimal überlegen, uns ungebeten zu besuchen.«
Chert tat sein Bestes, Vansen dazu zu bringen, sich etwas Ruhe zu gönnen — der Hauptmann war mit Schnittwunden übersät und hörte ganz offenkundig immer noch nicht sonderlich gut —, doch der Großwüchsige hätte sich nicht
Weitere Kostenlose Bücher