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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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den Kopf »Nehmt mein Leben, Ihr fühlloses Geschöpf. Foltern steht einer großen Herrscherin nicht an.«
    Yasammez sah Merolanna an, und zum ersten Mal spielte so etwas wie ein kaltes Lächeln um ihre Lippen. Eine ganze Weile standen sie da wie Personen in einem Theaterstück, von der Erscheinung her eine schreckliche Eroberin und ein hilfloses Opfer oder eine Scharfrichterin und eine zum Tode verurteilte Gefangene — doch so einfach war es nicht, begriff Utta.
    »Ihr solltet mir nichts von Leiden erzählen«, sagte Yasammez schließlich. Ihre Stimme war immer noch rauh und eigentümlich, aber jetzt tiefer und weicher. »Nie. Selbst wenn ich alle, die Ihr liebt, hierherbringen und vor Euren Augen hinrichten ließe, solltet Ihr dieses Wort mir gegenüber noch immer nicht in den Mund nehmen.«
    »Ich weiß nicht, was ...«, setzte Merolanna an.
    »Schweigt.« Das Wort war ein Zischen wie von einer rotglühenden Klinge, die in kaltes Wasser fährt. »Wisst Ihr, was Ihr und Eure elende Sippschaft meinem Volk angetan habt? Uns gejagt und gemordet habt ihr, uns wie Ungeziefer vergiftet. Die Überlebenden in die kalten Lande des Nordens vertrieben, sie gezwungen, den Mantel des Zwielichts über sich zu ziehen, so wie ein Kind sich unter der Decke versteckt. Ja, selbst die Sonne habt ihr uns geraubt! Doch der grausamste Streich von allen: Ihr habt unsere Art an den Rand der Auslöschung getrieben und uns dann noch die letzte Überlebenschance genommen.« Das Kinn senkte sich leicht, die Augen in dem blassen Gesicht waren jetzt Schlitze. »Foltern? Wenn ich könnte, würde ich jeden Einzelnen von euch weichen, sterblichen Nacktmullen foltern und euch dann das Fett vom Leib brennen, während ihr schreit. Haufen verkohlter Knochen wären das Einzige, das an euch erinnerte.«
    Der Hass der dunklen Fürstin war wie ein eisiger Fallwind an einem Berghang. Utta entfuhr ein leiser Entsetzenslaut.
    Yasammez wandte sich ihr zu, als bemerkte sie sie jetzt erst. »Ihr. Ihr nennt Euch eine Dienerin Zoriens. Was außer rührseligem Blödsinn wisst Ihr über die weiße Taube — die
wahre
Blume der Morgenröte? Was wisst Ihr darüber, wie ihr Vater und ihre Sippe sie peinigten, ihren Geliebten töteten, sie dann einem der siegreichen Brüder übergaben, als wäre die Göttin des ersten Lichts nichts als ein Stück Kriegsbeute? Was wisst Ihr darüber, wie sie ihren Sohn Krummling, den, den ihr Eintagsfliegen Kupilas nennt, peinigten, bis er bereit war, sein eigenes Leben dafür zu geben, die Welt von ihnen zu befreien? Jahrtausende leidet er schon um der Sicherheit der Welt willen, Qualen, die Ihr und selbst ich uns nicht vorstellen können. Und dann bedenkt — Ihr nennt ihn einen Gott ... aber ich nenne ihn
Vater.«
Ihr Gesicht, diese Maske der Wut, wurde plötzlich so leer wie das einer Toten. »Und jetzt stirbt er. Mein Vater stirbt, meine Familie stirbt, mein ganzes Volk stirbt — und Ihr sprecht mir von Leiden.«
    Uttas Beine gaben jetzt endgültig nach, und sie sank neben Merolanna in den Dreck. In der Stille des Augenblicks hörte sie wieder die Schreie der Opfer jenseits der Bucht, einen Chor des Entsetzens, der am ehesten wie das Kreischen ferner Seevögel klang.
    Die dunkle Fürstin kehrte ihnen den Rücken zu. »Kayyin, schaff mir diese Kreaturen weg, diese ... Insekten. Ich habe einen Krieg zu führen. Erzähl ihnen die Geschichte, wie ihresgleichen die Feuerblume gestohlen und meine Familie ermordet haben. Und wenn sie dann immer noch sterben wollen, werde ich ihrem Wunsch gern stattgeben.«

28

Die Einsamen
    In dem Band, welcher als
Buch des Ximander
bekannt ist, heißt es, dass sich eine Sippe der Elementargeister vor langer Zeit mit den Qar zusammentat — die sogenannten Kinder des Smaragdenen Feuers. Laut Ximander bilden sie eine Art Garde des Qar-Herrscherpaares, vergleichbar den Leoparden des xixischen Autarchen.
    Eine Abhandlung über die Elbenvölker Eions und Xands
    »Ruhezeit ... Schrikkas ...? Ich verstehe gar nichts.« Barrick ergriff wieder die schweren Riemen und ruderte weiter. Die seltsamen Schwarzschleier der Dunkellichter säumten das Wasser wie Spaliere von alten Bäumen, am dichtesten unmittelbar über den Ufern und in der Höhe dann allmählich dünner. »Das ist doch absurd«, knurrte er Raemon Beck an, bemüht, es im Flüsterton zu tun. »Warum schließen sich die Traumlosen jeden Tag stundenlang in ihren Häusern ein, wenn sie nicht schlafen? Und wenn alle drinnen sind, warum lassen sie dann diese

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