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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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genauso aus wie vor einer Stunde, ehe er alle diese Dinge gesagt hatte, die die Welt auf den Kopf stellten. »Ihr ... Ihr wollt diese Feuerblume ...
mir
geben?«
    Um die Königin noch ein wenig am Leben
zu
erhalten, werde ich ihr meine letzte Kraft leihen müssen. Wenn ich die Feuerblume an dich weitergeben kann — und vielleicht ist das gar nicht möglich —, wird wenigstens dieses Vermächtnis überdauern. Doch selbst wenn du es überlebst, Barrick Eddon, wirst du nie mehr auch nur annähernd derselbe sein wie jetzt.
    »Aber wenn Ihr das tut, was ... was wird dann aus Euch?«
    Zum ersten Mal seit langer Zeit lächelte Ynnir — ein leises, mattes Spannen seiner Lippen.
Ach, Kind, ich werde natürlich sterben.

35

Ringe, Keulen und Dolche
    Die in der Schlacht von Kaltgraumoor gefallenen Elben wurden alle zusammen begraben. Wenn auch die Einheimischen diesen Ort meiden, weil dort angeblich die rachsüchtigen Geister der toten Qar umgehen, und ich daher das Grab nicht genau zu lokalisieren vermochte, kann ich doch sagen, dass das gesamte Areal jetzt eine wunderschön blühende Wiese ist.
    Eine Abhandlung über die Elbenvölker Eions und Xands
    Am Rand von Ugenion mussten sie stehenbleiben, weil die Königliche Straße von einem Leichenzug verstopft war, der zum Tempel in der Stadt unterwegs war. Es war ganz offensichtlich der letzte Abschied von einem reichen Mann: Vier Pferde zogen einen Wagen mit dem schwarz verhängten Sarg, und dahinter folgten so viele Trauernde, dass Briony ausstieg und sich zu den Schauspielern am Straßenrand gesellte.
    »Wer ist denn gestorben?«, fragte sie eine der Trauernden im hinteren Teil des Zuges, eine Frau, die einen langen Weidenzweig in der Hand hielt.
    »Unser guter Baron Favoros«, beschied sie die Frau. »Nicht vor der Zeit — er war schon über sechzig —, aber er hat seinen Sohn durch die Kannibalen des Autarchen verloren, darum hinterlässt er eine sieche Frau und einen Erben, der noch zu jung ist, möge der Segen der Brüder auf seinem Geschlecht liegen.« Sie schlug das Zeichen der Drei.
    Unwillkürlich tat es ihr Briony nach, als sie sich abwandte.
    »Ich habe nie von ihm gehört«, erklärte sie Finn Teodorus leise, während sie zusahen, wie die Trauernden vorbeizogen. »Doch dem Schmerz nach, den ich auf den Gesichtern dieser Menschen sehe, muss er ein guter Mensch gewesen sein.«
    »Entweder das, oder der Schmerz rührt daher, dass sie in überaus ungewissen Zeiten eine bekannte Größe gegen eine unbekannte eintauschen müssen.« Finn zuckte die Achseln. »Aber ich glaube, Ihr habt recht. Ich sehe nicht allzu viele Heringsheuler in der Menge.«
    »Heringsheuler?« Briony lachte wegen des Bildes, das dieses Wort in ihrem Kopf hervorrief »Was in aller Götter Namen ist das?«
    »Das sind die, die für eine Kupferkrabbe oder zwei in einem Leichenzug mitlaufen und laut heulen oder es für einen Silberhering sogar als ganze Gruppe tun. Jemand muss schon ein sehr beliebter Mensch gewesen sein, wenn die Familie sich nicht gezwungen sieht, wenigstens ein paar Heringsheuler zu dingen.«
    Jetzt kam das Ende des Zuges langsam an ihnen vorbei: die Kinder, die Kerzen trugen, und die Karren mit Brot, Wein und Dörrfisch für den Tempel, wo die Priester Tag und Nacht bei dem aufgebahrten Leichnam beten würden, um zu gewährleisten, dass der Verstorbene rasch in den Himmel gelangte. Als die letzten Trauernden vorüber und die letzten interessierten Zuschauer der langsamen Prozession gefolgt waren, stiegen Briony und Finn wieder in den Wagen. Dowan Birk ließ die Zügel auf die Kruppe des Pferds klatschen, und der Wagen rollte aufs Stadttor zu, während die übrigen Mimen zu Fuß hinterhergingen.
    Sobald sie mit den Torwächtern ein kleines, aber angemessenes Schmiergeld ausgehandelt hatten, wurden sie nach Ugenion hineingelassen. Sie folgten dem Leichenzug, der sich die ansteigende Hauptstraße zum Tempel in der Stadtmitte hinaufbewegte.
    »Er war wohl auch ein reicher Mann, wenn man das alles hier sieht«, sagte Finn, als sie erstmals die gesamte Prozession überblicken konnten. »Aber ich habe nichts von Leichenspielen gehört, wie sie hier selbst nach dem Tod geringerer Männer üblich sind. Vielleicht ist es ja die Angst wegen der Geschehnisse im Norden.«
    »Und im Süden«, sagte Briony traurig. »Armes Hierosol.« Der Wagen ruckelte so, dass sie es aufgab, zum Fenster hinauszuschauen, und sich auf den Boden setzte. Wo war ihr Vater jetzt? Lebte er noch? War er immer noch

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