Die Daemmerung
Anglins Erben, den Herrscher der Markenlande. Dein Vorfahr Kellick sah Sanasu, meine schöne Sanasu ...
Ynnir verstummte, und obwohl sich an seinem Gesichtsausdruck nichts änderte, war doch das Abbrechen seiner ruhigen Gedanken in Barricks Kopf genauso bestürzend, wie wenn er in Tränen ausgebrochen wäre. ...
und er wollte sie für sich,
fuhr er schließlich fort.
Ein sterblicher Mann begehrte jene, die die unsterbliche Königin ihres gesamten Volkes hätte werden sollen! Und er nahm sie, wie ein Wolf ein anmutiges Reh packt, ohne sich darum
zu
scheren, welche Schönheit er vernichtet, solange nur seine Gelüste befriedigt werden ...
Diesmal war das Innehalten willentlicher. Hilflos und wie in einem Traum sah Barrick das blasse Gesicht des Königs noch steinerner werden als zuvor.
Er nahm sie sich. Janniya, ihr Bräutigam — mein Sohn! —, kämpfte um sie, aber Kellick Eddon hatte viele Männer. Janniya wurde getötet ... Sanasu wurde ergriffen. Die Feuerblume konnte nicht an den Sohn und die Tochter weitergegeben werden. Das Ende des Volkes war da.
Königin Sanase! Barrick dachte an ihr Porträt in der Ahnengalerie, ein ihm wohlbekanntes Gesicht, seltsam gehetzte Augen, feuerrotes Haar und helle Haut. Aber sie ... war doch mit dem König von Südmark verheiratet gewesenl. Konnte sie wirklich eine Qar gewesen sein?
Im Gefolge jenes schrecklichen Tags,
fuhr der König jetzt wieder fort,
führten Yasammez und andere natürlich Krieg gegen die Menschen, und für eine Weile eroberten sie sogar den Ort zurück, wo Krummling die letzten der Götter vernichtet hatte, doch Kellick nahm meine Tochter Sanasu und zog sich tiefer ins Reich der Menschen zurück, bis er genügend Verbündete gefunden hatte, um wieder anzugreifen. Während die Burg wieder unser war, taten Sairi und ich, was wir konnten, unsere inneren Flammen zu stärken, aber wir wussten, ohne Erben zögerten wir nur das Unausweichliche hinaus. Schließlich überwältigten uns die Menschen und vertrieben uns wieder, metzelten dabei so viele von uns nieder, dass wir einen Großteil der uns noch verbliebenen Kraft darauf verausgabten, den Mantel
zu
erschaffen, eine Decke aus Zwielicht, die die Menschen davon abschrecken würde, uns in unsere Lande
zu
verfolgen. Und so haben wir diese letzten Jahre gelebt.
Jetzt sterben wir beide, die Königin und ich. Ich habe ihr von meiner Kraft geliehen, was ich konnte, während wir abwarteten, wie dieser ...
er hob den Spiegel hoch ...
Versuch namens Pakt des Spiegelglases ausgehen würde. Aber es genügt nicht. Sie wird nicht mehr erwachen. Es sei denn, ich gebe ihr das wenige, das noch von mir übrig ist. Es sei denn, ich gebe ihr mein Leben.
Barrick fuhr erschrocken hoch. »Ihr müsstet Euer Leben für sie geben? Aber das würde doch nichts nützen.«
In jeder anderen Situation würde das stimmen, aber die Wege der Feuerblume sind verschlungen und kompliziert. Es könnte doch noch eine Möglichkeit geben, das unausweichliche Ende unseres Geschlechts abzuwenden — zumindest für eine Weile. Vielleicht hat Yasammez dich deshalb
zu
mir geschickt. Ich möchte gern glauben, dass sie etwas anderes bezweckte, als sich über mich lustig
zu
machen.
»Ich ... ich verstehe nicht, Herr.«
Natürlich nicht — wie könntest du auch? Deine Leute haben vertuscht, was wirklich geschehen ist, die Wahrheit unterdrückt. Aber du musst dich doch in deinem jungen Leben manchmal gewundert haben, vielleicht sogar gespürt haben, dass etwas nicht stimmt ...
Barrick verspürte jetzt ein Frösteln, als ob ein Fieber über ihn käme. »Dass mit mir etwas nicht stimmt? Sprecht Ihr von mir?«
Von dir, deinem Vater und allen anderen, die je das schmerzhafte und verwirrende Vermächtnis in sich getragen haben, das die Feuerblume ist, wenn sie in menschlichen Adern brennt. Ja, Kind, ich spreche von dir. Du bist ein Nachfahre meiner Tochter Sanasu, und das Blut fließt stark in dir. In gewisser Weise bist du mein Enkelsohn.
Barrick starrte ihn an. Sein Herz pochte so schnell, dass ihm schwindlig war. »Ich bin ... ein Zwielichtler?«
Nein, du bist weniger als das ... und mehr als das. Du hast das Blut der Höchsten in dir, doch bis
zu
dieser Stunde hat es dir nur Leid gebracht. Jetzt aber könnte es dich
zur
letzten Hoffnung unseres alten Volkes machen — doch nur, wenn du ein großes Opfer bringst. Du kannst mich die Feuerblume an dich weitergeben lassen.
Barrick verstand nichts. Er starrte den König an. Dessen gelassenes Gesicht sah
Weitere Kostenlose Bücher