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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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Nächstgeborenen weiter. Wir sind eine lebende Tiefe Bibliothek, und dadurch haben wir, was wir brauchen, um unsere Kinder durch den Schmerz der Langen Niederlage zu geleiten.
Der König nickte langsam.
Du weißt nicht, was das bedeutet, oder; Menschenkind? Wir nennen es die Lange Niederlage, weil wir Qar
zu
wenige sind, unseren einstigen Vettern, den Sterblichen, das Besitzrecht an dieser Welt streitig
zu
machen, also wissen wir, dass es unser Schicksal ist, dahinzuschwinden und irgendwann von eurem Volk ganz verdrängt
zu
werden — obwohl ich schon wieder komplizierte Dinge
zu
einfach darstelle.
    Doch jetzt kommen wir zu den entscheidenden Tatsachen.
    Die Feuerblume kreist auf ewig in Yasammez' Adern, weil sie sie nicht geteilt hat. Sie hat nie einen Mann ihres eigenen Blutes
zum
Liebhaber genommen, also hat sie ihre Gabe nie vermindert. Manche sagen, es sei Selbstsucht. Andere nennen es das Gegenteil, ein Opfer — sie sagen, sie habe ein schmerzlich langes Leben auf sich genommen, um über die Generationen der Blutslinie ihrer Geschwister wachen
zu
können. Doch wie es sich auch verhalten mag, Yasammez ist, was sie ist.
    Diejenigen von uns, die die Feuerblume von ihren Eltern erhalten haben und wiederum an ihre eigenen Kinder weitergeben müssen, haben einen komplizierteren Weg
zu
gehen. Zum einen erfordert jede Weitergabe der Feuerblume, jede Übertragung der Erinnerungen aller vorangegangenen Generationen auf die nächste, große Kraft. Diese Kraft können wir nicht allein in uns selbst finden — der Preis ist
zu
hoch. Es gibt nur einen Ort, wohin wir gehen können, um sie zu finden:
zu
Krummling selbst — oder besser, zur letzten Spur, die von ihm noch auf dieser Welt verblieben ist.
    Die letzte Spur des Gottes befindet sich unter der Burg, die dein Volk Südmarksburg nennt, die aber einst ein Eingang zum Heim des Erdherrn Kernios war. Sie ist das letzte echte Überbleibsel der schrecklichen alten Tage, da alle Götter auf Erden wandelten.
    Die meisten von euch wissen gar nichts davon, doch einige, die in der Tiefe unter der Burg leben, kennen dieses Überbleibsel. Den Leuchtenden Mann nennen sie es.
    »Ich bin nie ... ich kenne ihn nicht, Herr.«
    Aber die Drags eures Familiensitzes kennen ihn. Sie verehren und beschützen ihn seit langen Jahren, ohne zu wissen, was er wirklich ist.
»Drags?«
    Der König machte eine abwinkende Handbewegung.
Ich glaube, ihr nennt sie »Funderlinge«. Aber das spielt keine Rolle, denn jetzt sind wir beim Kern des Ganzen.
    Lange Zeit waren die Lande, die ihr Südmark nennt, in Menschenhand — Kriegsherren und niedere Adlige regierten sie im Namen anderer Könige, und wenn wir Mitglieder der königlichen Familie des Volkes auch nicht offen dorthin gehen konnten, kannten wir doch andere Wege,
zum
Leuchtenden Mann
zu
gelangen und die Kraft
zu
erhalten, die wir brauchten, um die Feuerblume in unserem Blut am Leben
zu
erhalten. Meine Schwester Saqri und ich unternahmen die Pilgerfahrt zur Zeit des syanesischen Imperiums. Unsere Großeltern waren dort gewesen, als Hierosol über die Menschheit herrschte. Doch dann kamen die Pestjahre, und die Menschen vertrieben uns aus ihren gesamten Landen — Landen, die einst unser gewesen waren, in denen wir jetzt aber Eindringlinge waren, gefürchtet und gehasst — und der allerschmerzlichste Verlust war der Ort, den ihr Südmarksburg nennt, wo Krummling in der Tiefe auf uns wartete. Wir kämpften darum, uns den Weg dorthin offen zu halten, doch wir wurden geschlagen, in erster Linie von deinem Vorfahren Anglin, und gezwungen, uns in unsere Lande im Norden zurückzuziehen, wohin Menschen selten den Fuß setzten.
    Daher konnten Saqri und ich, als wir vom Alter siech wurden, die Feuerblume nicht an unseren Sohn und unsere Tochter weitergeben. Ein Jahrhundert verging, und unsere Lage wurde verzweifelt. Yasammez, die ältere Schwester unseres gesamten Geschlechts, riet dazu, Krieg gegen die Menschen
zu
führen, um die Burg zurückzuerobern, doch ich fürchtete, dass wir einen solchen Kampf verlieren würden und alles nur noch schlimmer wäre. Meine Gemahlin stand auf Yasammez' Seite. Lange Zeit herrschte in unserer Familie Streit, bis am Ende ganz Qul-na-Qar dadurch gespalten war. Schließlich machten sich mein Sohn Janniya und seine Schwester Sanasu, ihre Absicht vor uns verbergend, selbst nach Südmark auf nur mit einem kleinen Trupp von Leibwachen und Gefolgsleuten.
    Doch sie wurden beide gefangen genommen und vor Kellick gebracht —

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