Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Titel: Die Daemonen 01 - Die Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
wurde, herausgerissen Richtung Dämonenschlund, um dort unterzugehen, zu ersaufen und sich aufzulösen wie in Säure. Mit letzter Kraft hatte er widerstanden, und sein Zurückkehren in den Leib der gepeinigten Frau hatte auf merkwürdige Weise einer Vergewaltigung geähnelt. Danach war er ohnmächtig geworden. Danach wahnsinnig. Danach sterbenskrank. Ein volles Dutzend Leibärzte hatten sich um die Kaiserin und somit auch um Irathindur bemüht. Am Ende der Behandlung erkannte er ihren Leib kaum noch wieder: Ihre Haut war gelb geworden, ihr Körper abgemagert und knochig, bis fast nichts Weibliches mehr an ihr war. Die Kaiserin verwandelte sich nun auch körperlich in den Dämon Irathindur, und alle ihre Vertrauten wichen furchterfüllt vor ihr zurück. Diejenigen, die schon immer Angst vor ihr gehabt hatten, sprachen es nun ganz unverhohlen aus: Meridienn warkein Mensch. Diejenigen, die sie schon immer bewundert, geachtet oder aufgrund ihrer Schönheit sogar verehrt hatten, begannen zu zweifeln.
    Irathindur fiel kein anderer Ausweg mehr ein, als sich über alle übrigen sogenannten Kaiser dieses Landes weit zu erheben.
    Im Wandelgang der tausend Säulen versammelte er sämtliche im Hauptschloss anwesenden Koordinatoren, die wichtigsten Vertreter der Stände, der Zünfteundauch des Gesindes, um eine Erklärung abzugeben. Die Kaiserin trug eine perlenbestickte Robe, die auch ihr Gesicht wie mit einem Witwenschleier vollständig verdeckte.
    Sie trat in die Mitte des Wandelganges und hob beide Arme. »Hört mich an!«, beschwor sie mit krächzender Stimme. »Ihr alle lebt, seit Generationen schon, in ständiger Furcht vor dem Dämonenschlund, den zu überwachen uns der groβe Orison verpflichtete, als er die Einteilung des Landes vornahm. Über Jahrhunderte haben wir geglaubt, das Sechste Baronat müsse nicht besser sein als andere Baronate, bedürfe keiner schärferen Schwerter und stärkerer Rüstung, um die Bürde des Schlundes zu tragen. Doch dies war ein Irrtum. Hervorragend hätten wir sein müssen, um rechtzeitig wehren, wirken und wahren zu können! Denn der groβe Magier Orison teilte uns die Bürde zu, weil er uns ihr gewachsen wusste. Wir aber vertändelten das kostbare Gut und lieβen uns auf dieselbe Stufe sinken wie alle anderen Länder rings um uns her. Und nun haben wir den Preis zu zahlen: Die Dämonen sind ausgebrochen und sitzen überall! Sie sitzen auf dem Thron der Hauptstadt in Gestalt eines kindischen Königs, der sich selbst zum Kaiserkürte. Sie sitzen im Hauptschloss des Vierten Baronats in Gestalt eines Helingerd den Kaatens, der den Krieg über Orison brachte, den wir stets zu vermeiden suchten. Sie sitzen in Coldrin und fallen nun von Norden über unser Land her wie hungrige Heuschrecken. Sie sitzen auch in euch, in jedem Einzelnen von euch, und nennen sich Zweifel und Furcht und wankende Liebe! Ihr mögt euch gefragt haben, was das Wort Irathindurien eigentlich bedeutet, unter dem ich euch zu sammeln trachtete. Es bedeutet: das Goldene. Seht her! Schaut meinen Leib!« Die Kaiserin riss ihre Robe von oben bis unten entzwei und zeigte sich vollkommen nackt ihren Untergebenen. Mit einem Laut des Erschreckens wichen alle zwei Schritte zurück.
    Die Haut der Kaiserin war knorrig und golden. Ihre Brüste waren nicht nur eingesunken, sondern vollständig verschwunden, ebenso die Form und der Schwung ihrer Hüften. Wo früher ihre Scham gewesen sein mochte, war nun nur noch ungeschlechtliche Geschlossenheit. Auch ihr Gesicht hatte sich verändert. Ihre Nase war kleiner geworden. Aber seltsamerweise ­ darüber war Irathindur beim Blick in den Spiegel selbst am meisten überrascht gewesen ­ waren ihre Augen immer noch groβ und funkelnd, ihr Mund immer noch sinnlich und ihr gesamtes Gesicht immer noch deutlich als weiblich und auch als das der schönen Meridienn den Dauren zu erkennen. »Also«, hob sie nun an mit sich überschlagender Stimme, »also entschied der groβe Orison in seiner unermesslichen Weitsicht und Weisheit, mich in den Rang einer Göttin zu erheben. Denn eine Göttin ist das, was diesem seit alters von Männern beherrschten Landam nötigsten mangelt. Eine Göttin, die das Land in ein goldenes Zeitalter zu führen vermag. Und nur heute, nur ein einziges Mal, werde ich euch meine Macht zeigen. Danach erwarte ich, dass ihr mir Folge leistet oder augenblicklich zu Staub werdet. Seht her, meine Folgsamen! Seht die Gnade eurer Göttin!« Sie streckte wieder beide Arme aus und schloss

Weitere Kostenlose Bücher