Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Titel: Die Daemonen 01 - Die Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
trösten. Er kannte sie ja gar nicht. Eigentlich war ihm ihr weiteres Schicksal auch vollkommen egal.
    Alles war so absurd. Warum lief er eigentlich hier herum und erschoss Menschen? Ganz sicher nicht, weil sie für Irathindurien kämpften. Er stammte selbst aus Irathindurien, als es noch das Sechste Baronat genannt wurde. Er kämpfte für Helingerdia, weil das Schicksal ihn dorthin verschlagen hatte und weil der junge Offizier zu ihm gesagt hatte: »Zieh unsere Farben an und töte für uns.« Aber genauso gut hätte er auch gegen Coldrin kämpfen können. Oder für Coldrin, wie damals gegen das Zweite Baronat. Oder gegen alle Frauen. Alle Studenten. Alle Alten. Alle Fettleibigen. Alle Rothaarigen. Alle Kurzsichtigen. Alle, mit deren Zähnen etwas nicht stimmte. Es war so beliebig, dass es wirklich keine Rolle mehr spielte. Er erschoss, wen auch immer man ihm anwies, weil er Soldat geworden war.
    Minten schlenderte weiter durch Witercarz. Die Stadt ergab sich und seufzte dabei. Rauch fraß alles Weiß zu Grau.
    Irgendwann sah er plötzlich die Leiche des jungen Offiziers vor sich. Der junge Offizier mit seinem blankpolierten Kristallpanzer war mitsamt seinem Pferd gefallen, hatte aber im Tod überhaupt nichts Schneidiges mehr an sich. Dem Pferd hing die Zunge heraus. Der junge Offizier hatte halb geöffnete Augen und eine schlaff herabhängende Kinnlade. Er sah ziemlich dämlich aus.
    »Hier, das gehört Euch, glaube ich«, sagte Minten, und legte seine Armbrust neben den Toten. Er überlegte, ob er dem Toten die Augen schließen solle, damit er friedlicher aussehe. Aber was brachte es, im Jenseits mit geschlossenen Augen herumzulaufen, wenn man schon im Leben Soldat und somit blind gewesen ist? Minten stellte sich in die Mitte des Platzes und wartete darauf, was weiter mit ihm passierte.
    Nach kurzer Zeit kamen die Sieger. Erst nur ein brodelnder, schwelender Haufen, Hunden ähnlicher als Menschen, dann von einer berittenen Offizierin gezügelt und gelenkt. Langsam kam sie auf Minten zugetrabt, der keine Anstalten machte zu kämpfen oder die Hände zu heben wie jemand, der sich ergibt.
    Sie musterte ihn. »Bist du ein Witercarzer oder ein Soldat?«
    Minten blickte an sich hinunter. Das Fehlen der Uniform schien jedermann zu irritieren. »Ich habe ein paar Irathindurianer erschossen, aber das bedeutet nicht, dass ich hier zu Hause bin.«
    »Moment mal – ich kenne dich doch! Dein Mund ist anders, und dein schmutziges Gesicht – aber du bist Minten Liago, oder? Du hast im ›Inneren Zirkel‹ gekämpft! Ich habe einmal einen hübschen Haufen Stücke gewonnen, weil ich auf dich gesetzt habe!«
    »Das muss lange her sein.«
    »Hm? Nicht einmal ein Jahr. Was machst du auf der Seite der Helingerdianer? Bist du nicht wie alle anständigen Leute im Sechsten aufgewachsen?«
    »Ja. Es hat mich hierher verschlagen.«
    »Na, dann nicht so zaghaft, Liago. Schließ dich uns an! Männer mit deinen Fäusten kann ich jederzeit gebrauchen in meiner Truppe. Wir haben Order, über das Dritte bis ins Zweite vorzudringen, solange die noch am Fenstersturz ihres Barons zu knabbern haben.«
    Minten verstand nicht, worauf die Offizierin anspielte. Er begriff nur, dass erneut jemand ihn haben und benutzen wollte. Wieder eine Soldatin. Sie war hübscher und weiblicher als Jinua, besaß aber nicht deren Format.
    »Ich … habe keine Lust mehr auf Krieg.«
    Sie zog die Stirn kraus. »Aber du hast keine Wahl, der Krieg ist überall. Solange nicht ganz Orison Irathindurien heißt, wird es immer Kämpfe geben.«
    Ich könnte in die Berge gehen , dachte Minten. Lernen, was die Wolkenstreichler wissen. Oder ich könnte mir ein Boot schnappen und einfach hinausfahren ins Grüne Meer, bis nichts mehr kommt, oder etwas ganz Neues.
    »Ist gut«, sagte Minten schulterzuckend. Er fühlte sich schrecklich wurzellos. Aber wenn er ehrlich war, hatte er sich so auch schon in Kurkjavok gefühlt. An dem Abend im Tröstenden Trompeter , als er beschlossen hatte, die Zeche zu prellen, weil ihm die Folgen egal genug gewesen waren, hatte er bereits in Kauf genommen, was ihm heute widerfuhr. Der Tod oder das Leben Elells, der Siegoder die Niederlage einer Stadt wie Witercarz, das Werden und Vergehen eines Göttinnenstaates – all dies hatte auf sein Befinden überhaupt keinen Einfluss.
    Witercarz wurde in Besitz genommen, die Beute zerrissen und aufgeteilt. Brände, die unnötigerweise überall aufloderten und nun auch die Sieger gefährdeten, wurden unter

Weitere Kostenlose Bücher