Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis
Unterhändler zu den Dämonen zu schicken.
Alles war falsch gewesen.
Die Dämonen waren über ihn gekommen wie die ruchlosesten aller Mörder und hatten ihn geschlachtet mitsamt seinem Vieh. In den Coldrinern lag nun die einzige Hoffnung des Landes. Und an den Namen jenes glücklosen Emissärs, den sie zu den Dämonen geschickt hatte, konnte die Königin sich schon gar nicht mehr erinnern. Es waren zwei gewesen, ein Mann und eine Frau, aber beide standen Lae nun nicht mehr vor Augen. Sie waren herausgekürzt aus der Historie des Landes, weil ihr Trachten ohne Widerhall geblieben war.
»Königin?«, fragte einer ihrer Begleiter. »Wir sollten zurückkehren zum Hauptheer. Wir sind nur sechs gegen eine unbekannte Anzahl von Gegnern, die sich hier immer noch herumtreiben könnten. Die Brandspuren sind noch verdammt frisch.«
»Ja«, antwortete sie. »Ich weiß.«
Alles war falsch gewesen.
Aber nicht, weil Tanot Ninrogin ein schlechter Ratgeber gewesen war. Sondern weil die Zeiten sich geändert hatten.
Er selbst hatte das zugegeben. Ich weiß nichts über die Dämonen von heute , hatte er gesagt. Vor einundzwanzig Jahren, in einem vollständig andersgearteten Krieg, hatte er mit einem Dämon, der sein König war, beinahe so etwas wie eine Freundschaft gepflegt. Aber jetzt schien es unter den Dämonen keine herausragenden Figuren mehr zu geben. Feuerrote Hunde, klebrige Echsen, geflügelte Albträume, Würmer mit Fratzen, ein Drängenund Schaben wie von Abermillionen Tentakeln. Wenn es einen König gab, der diesem Blutgewimmel einen Sinn verlieh, konnte Lae ihn nicht sehen, erreichen oder sprechen.
Sie stieg auf den Wagen. Ihr Bein war immer noch ein Hindernis. Hoffentlich würde bis zur großen Entscheidungsschlacht noch genügend Zeit verstreichen, dass sie dann wieder einer Heerführerin angemessen auf einem Pferd sitzen konnte.
Für die Dämonen, die das Äußere Schloss des Dritten Baronats besetzt hielten, kam der Überfall vollkommen unerwartet.
Sie nahmen es ohnehin nicht allzu genau mit dem Bemannen der Wachtürme. Irgendeinen Vorteil musste es ja schließlich haben, in einem Äußeren Schloss postiert zu sein, also Culcahs misstrauischen Augen so weit wie möglich entrückt.
Zwar gab es einige Mahner unter ihnen, die beständig davon plapperten, dass die Königin der Menschen doch durch eben dieses Baronat geflüchtet war, und es deswegen nicht unwahrscheinlich sei, dass sie auch in eben diesem Baronat wieder auftauchen werde, aber mit Lautstärke und Gelächter wurden diese Jammerlappen stets mundtot gemacht. Das Hauptargument gegen sie lautete: »Wenn die Königin hier unbedingt wieder hin will – warum haut sie dann erst von hier ab?«
Als nunmehr Hauptmann Dirgraz’ 2. Division aus 7000 Rekamelkishreitern in frühester Morgendämmerung auf das Schloss zugekrabbelt kam wie eine chitingepanzerte Woge, bekam das im Inneren des Schlosses zuerst niemand mit. Der Sturmangriff verlangsamtesich dann, weil die Rekamelkish nicht fliegen konnten und erst komplizierte Pyramiden und Zikkurate aus ihren Leibern errichten mussten, um die hohen Mauern überwinden zu können. Aber selbst in dieser Phase des Überfalls hielten die ersten beiden Dämonen, die den Angriff sahen, die heranbrandenden Rieseninsekten lediglich für eine leicht verirrte Verstärkung aus Orison-Stadt oder eine von Culcah selbst gesandte Kontrolltruppe. Die Rekamelkish sahen wie Dämonen aus, auch wenn sie sich sehr viel kontrollierter gebärdeten.
Schließlich waren die Mauern eingenommen, und jetzt begann das große Kreischen und Umherlaufen. Nur wenige Dämonen besaßen überhaupt die Geistesgegenwart, Waffen zu ergreifen und sich zum Kampf zu stellen. Die meisten zeterten einfach nur, liefen kopflos umher und fanden vereinzelt sogar zu einem individuell ausgeprägten Gottesglauben. »Das Strafgericht kommt über uns!«, brüllte einer, bevor die Scheren einer Riesenameise ihn in Scheiben schnitten.
Es waren 7000 Rekamelkishreiter gegen 500 Daimonin . Der Kampf war nur von kurzer Dauer, dann gehörte das Schloss den Coldrinern. Das Einzige, was Dirgraz nicht verhindern konnte, war, dass ein geflügelter Bote der Dämonen nach Süden aufbrach und schnell am Horizont verschwand.
Dirgraz sah diesem Geflügelten jedoch mit einem schmallippigen Lächeln hinterher. Er sah nicht aus, als ob ihn dieser eine Entkommene störte. Sein Tausendfüßler bäumte sich unter dem Hauptmann in Wellen auf. »Diese Daimonin sind lächerlich«, sagte
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