Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Titel: Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
werden
    Wandle dich, der du die Wandlung auserkoren
    Um deine Kraft bis ans Ende der Zeiten zu erden«
    Und jetzt zerbrach der Leib des Riesen. Sackte einwärts, begann zu rutschen und zu rauschen, als sei er nur aus Sand gebacken, mit einer brüchigen Kruste. Alle flirrenden Farben vergingen zu jenem unentschiedenen Weiß, das die Wüste ihr Eigen nannte. Gleichzeitig schien der schwarze Qualm in den König zu fließen, über seine Armhärchen und Achselhöhlen in ihn hinein, über seine Stirn, seine Augen, seine Brauen, seine Haarspitzen. In seinen Ohrmuscheln und seinem Nabel bildeten sich dunkle Spiralstrudel aus. Selbst sein Geschlecht schien Schwärze einzusaugen. Die Menge starrte mit Hunderten von Augen still und teilnahmsvoll. Dann war der Spuk verflogen. Von dem Großen, der noch vor Kurzem aufrecht selbst die höchsten Gebäude der Stadt überragt hatte, war nicht mehr geblieben als ein großer, weißer Haufen Wüstensand. Der Zeremonienmeister reichte dem König das traditionelle Gewand der Einkehr und des Innehaltens. Es war dunkel gemasert wie vom Wind zerfetzte Wolken.
    Jetzt erst begann das Volk zu applaudieren und den Namen seines Königs zu rufen, diesmal nicht gemeinsam und beschwörend, sondern jeder für sich als Ausbruch, als Entladung von Anspannung und Begeisterung. In ihrer Ansammlung klangen diese Entladungen wie ein Tumult.
    Der König Paner Eleod jedoch kehrte mit gesenktem Kopf und hochkonzentriertem Gesichtsausdruck, ohne ein weiteres Wort an seine Untertanen zu richten, in seine Räumlichkeiten zurück.
    Seinem Volk erlaubte er in solchen Augenblicken die Unbescheidenheit der Freude.
    Sich selbst niemals.
    Einige Stunden später.
    Die Nacht hatte den Todeskampf des Sonnenlichts längst vom Himmel gewischt.
    Draußen, mehrere hundert Schritt vor den niedrigen und vom Wüstenwind zersetzten Mauern der Stadt Cer, regte sich ein verwachsener Mann zwischen einigen ebenso knorrig und knotig aussehenden Bäumchen. Er streichelte die seltsamen Äste und redete mit ihnen, mit jedem einzelnen in einer Sprache, die außer ihm niemand zu verstehen mochte.
    Ringsum war nichts. Nur verblichenes Gelände. Winterliches Wüstengrab.
    Schritte näherten sich von der Stadt her. Das kühle Licht des Mondes ließ nicht mehr erkennen als eine große Gestalt in einem weiten, fließenden Umhang.
    »Main Könik«, sagte der Verwachsene und vollführte eine so tiefe Verbeugung, dass es aussah, als beabsichtigte er, über seinen Buckel eine Rolle vorwärts zu machen.
    Der Neuankömmling legte ihm eine dunkle Hand auf den Buckel. Es war tatsächlich der König Paner Eleod. »Eschennek, mein Bester«, sagte er mit einem Lächeln, »wie steht es hier draußen an der Front?«
    »Es schtet gud, main Könik. Die varkrüpeltan Boime, sie waksan. Alle Wiste tott. Dok sie tanzan, gants langsam, sodass alla dengen, sie schtehan gants schtille. Abr mig könnan sie nigt toischan!«
    Der König blickte über diesen kleinen Hain aus insgesamt acht niedrigen Bäumchen, die sich mitten im Sand gegen die herrschende Dürre zu stemmen schienen. Das Leben in solcher Umgebung schien sie so viel Kraft zu kosten, dass ihre Stämme und Äste wie vor Qual verzerrt waren.
    »Ich habe etwas für sie«, sagte der König. »Die Wüste selbst schickt ihnen dieses Opfer.«
    Eschennek griente, bis sein unförmiges Gesicht wie gespalten aussah. »Werdn trotsdam nigt ein Gramwalt werdan, odar?«
    »Nein. Das wohl noch nicht. Aber ein Anfang, mein Bester. Immerhin ein Anfang.«
    Der König kniete sich vor den Bäumen in den Sand und legte beide Handflächen auf die Wüste. Dann ließ er den größten Teil der Kraft des Irathindurs in den Boden sickern. Im Nachtdunkel war der Rauch nicht zu sehen, der aufstieg, aber der Schneeglöckchenduft war deutlich wahrzunehmen. Eschennek macht ein ungelenkes Freudentänzchen und gluckste vergnügt.
    »Serr gud, main Könik, serr gud! Die Wiste will das so, sonst würda sie nigt Opfr schickan! Es ist gudgetan so, gudgetan.«
    Mit einem Seufzen erhob sich der König wieder. »Hoffen wir es. Hoffen wir, dass wir die Wünsche des Landes richtig deuten.«
    Der König blickte noch einmal über das wie gefroren wirkende Wellenmeer der Dünen, dann kehrte er zurück zur Stadt.
    Eschennek, der Krüppelbaumhüter, blieb mit seinen krummen Schützlingen allein.

VIII
    Hilferuf
    Es regnete.
    Da die Wüste kein natürliches Trockengebiet war, sondern ein aufgrund eines unerklärlichen Unglücks entstandenes Ödland,

Weitere Kostenlose Bücher