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Die Dämonen ruhen nicht

Die Dämonen ruhen nicht

Titel: Die Dämonen ruhen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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ist. Nachdem sie Motor und Scheinwerfer abgeschaltet hat, wartet sie. Je länger das Lämmchen in dem tannengrünen Explorer auf dem Wal-Mart-Parkplatz auf der anderen Straßenseite steht, desto heißer brennt ihre Begierde.
    Vielleicht telefoniert sie ja auch. Vielleicht streitet sie sich mit ihrem Mann, anstatt ihn so widerwärtig süßlich anzuflöten wie die andere Frau vorhin im Wal-Mart. Bev ist Weltmeisterin im Beschatten. Sie tut es regelmäßig, wenn sie Jays Cherokee fährt. Bevor sie ihr Dasein als Flüchtling in einer Fischerhütte fristen musste, hat sie regelmäßig andere Leute verfolgt, entweder mit einem bestimmten Ziel vor Augen oder einfach nur so zum Spaß. Allerdings hatte ihr Handeln damals einen Sinn oder war zumindest Mittel zu einem bestimmten Zweck. Ganz gleich, was Bev auch tat, sie gehorchte stets Befehlen.
    In gewisser Hinsicht befolgt sie auch jetzt Jays Anweisungen, obwohl sich Methoden und Gefühle ändern, wenn von einem verlangt wird, dass man immer wieder dieselbe Aufgabe ausführt. Inzwischen gestattet Bev sich das Vergnügen, ihren eigenen Phantasien nachzuhängen und ein bisschen Spaß zu haben. Darauf hat sie schließlich ein Recht.Der Explorer hält auf das Herz des alten Garden District zu. Die hübsche blonde Fahrerin hat keine Ahnung, dass die Frau mit dem verletzten Knie ihr dicht auf den Fersen ist. Das amüsiert Bev. Sie lächelt in sich hinein, als der Explorer langsamer wird und nach rechts in eine dunkle, von hohen Büschen gesäumte Auffahrt einbiegt.
    Bev fährt weiter, stoppt am Straßenrand und steigt aus. Rasch schlüpft sie in den dunklen Regenmantel und schleicht zu dem weißen Backsteinhaus zurück, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie sich die Eingangstür schließt und die Frau wohlbehalten im Haus verschwindet. Bev geht wieder zu ihrem Cherokee, notiert sich die Adresse und verdrückt sich in eine Seitenstraße, damit sie nicht mehr an dem Haus vorbei muss. Dort wartet sie.

52
    Mehr als alles in der Welt wünscht sich Jean-Baptiste Chandonne eine Dipolantenne, doch er hat keine Einkaufserlaubnis für den Gefängnisladen, wo die Antennen erhältlich sind.
    Häftlinge, die sich gut führen, haben die Möglichkeit, Dipolantennen, Kopfhörer, Kofferradios, Lang- und Kurzwellenverstärker und Heiligenmedaillen an einem Kettchen zu erwerben. Zumindest einige dürfen das. Biest gibt besonders gern mit seinem Kofferradio an. Allerdings besitzt auch er keine Dipolantenne, weil jedem Häftling nur ein Gegenstand von der Liste der so genannten »Großen Zehn« gestattet ist. Im Todestrakt wird mit Vergünstigungen gegeizt, weil man befürchtet, dass die Häftlinge sich Waffen basteln könnten.
    Jean-Baptiste hat kein Interesse an Waffen. Für den Fall, dass er je beschließen sollte, loszuschlagen, ist sein Körper seine Waffe. Doch auch Losschlagen steht bei ihm derzeit nicht an oberster Stelle. Wenn er gefesselt zum Duschen gebracht wird, hat er es nicht nötig, das Wachpersonal anzugreifen, obwohl er es natürlich wegen seines Magnetismus jederzeit könnte. Dieser verstärkt sich wiederum, wenn man ihn an den vielen Metalltüren mit ihren Eisenstäben vorbeiführt. Jean- Baptistes Macht wächst. Sie pocht in seinen Lenden und hebt seine Schädeldecke an, bis sie über seinem Kopf schwebt. Außerdem zieht er einen sichtbaren Funkenschweif hinter sich her. Das Wachpersonal versteht nicht, was Jean-Baptiste da zu grinsen hat, und ärgert sich über sein Verhalten.
    Um einundzwanzig Uhr wurden die Lichter ausgemacht. Der Beamte in der Wachloge hat einen Riesenspaß daran, jeden Hebel einzeln umzulegen und den Todestrakt mit den Häftlingen darin in absolute Dunkelheit zu tauchen. Jean- Baptiste hat die Wärter sagen hören, in der Dunkelheit hätten die »Dreckschweine« wenigstens Gelegenheit, über ihre bevorstehende Hinrichtung nachzudenken, die Strafe für das, was sie getan haben, als sie noch draußen, frei und in der Lage waren, ihre Gelüste zu befriedigen.
    Wer nie getötet hat, kann nicht begreifen, dass es die ultimative Vereinigung mit einer Frau bedeutet, sie zu erlösen, sie schreien und stöhnen zu hören, sich mit ihrem Blut zu benetzen, ihren Körper zu schänden und sie dann so hinzubetten, dass alle sie sehen und an ihrer Ekstase teilhaben können, an der bis in alle Ewigkeit andauernden Vermählung ihres Magnetismus mit dem von Jean-Baptiste.
    Jean-Baptiste liegt auf seiner Pritsche. Schweiß durchtränkt die Laken, sein Geruch erfüllt die

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